EA von den Saudis gekauft

EA von den Saudis gekauft – was heißt das jetzt für Spieler?

Der 55-Milliarden-Dollar-Deal ist durch: Electronic Arts wird privatisiert und steht künftig unter maßgeblichem Einfluss Saudi-Arabiens. Was bedeutet das für die Zukunft von FIFA, Battlefield und Mass Effect?

Es ist offiziell: Electronic Arts, einer der größten und gleichzeitig umstrittensten Publisher der Videospielbranche, wechselt die Besitzer. Für 55 Milliarden Dollar übernimmt ein Investorenkonsortium den kalifornischen Konzern – bestehend aus Saudi-Arabiens Public Investment Fund (PIF), der US-Investment-Firma Silver Lake und Jared Kushners Affinity Partners. Der Deal markiert nicht nur den größten Leveraged Buyout der Geschichte, sondern auch einen tiefgreifenden Wandel für die Gaming-Industrie.

Die Fakten: Was genau passiert hier?

Die Zahlen sind gewaltig: 210 Dollar pro Aktie zahlen die Investoren, ein Premium von 25 Prozent auf den Kurs vor Bekanntwerden der Gerüchte.1 Nach 36 Jahren als börsennotiertes Unternehmen wird EA von der NASDAQ genommen und privatisiert.2 Der Saudi-Fonds PIF, der bereits 9,9 Prozent der EA-Aktien hielt, steigt zum Haupteigner auf.3 Die Finanzierung erfolgt durch 36 Milliarden Dollar Eigenkapital und erschreckende 20 Milliarden Dollar Schulden, die JPMorgan Chase bereitstellt.4

CEO Andrew Wilson bleibt im Amt, das Hauptquartier in Redwood City, Kalifornien, ebenso.5 Oberflächlich ändert sich also erst mal nichts. Doch dieser Eindruck täuscht.

Was sich für Spieler ändert – die kurz- und langfristigen Folgen

Das Gute: Weniger Quartalsdruck

Als privates Unternehmen muss EA nicht länger vierteljährlich Rechenschaft vor Aktionären ablegen. Theoretisch könnte das den kreativen Freiraum vergrößern. Studios hätten mehr Zeit für Entwicklung, riskantere Projekte würden möglich, der Fokus auf kurzfristige Gewinne könnte sinken.6

Theoretisch.

Das Schlechte: Die Schuldenlast

Die Realität sieht düsterer aus. EA wird mit 20 Milliarden Dollar Schulden belastet – bei aktuell nur 2,2 Milliarden auf den Büchern ein gewaltiger Sprung.7 Diese Verbindlichkeiten müssen bedient werden. Das bedeutet: maximaler Fokus auf Profitabilität. Experimente? Unwahrscheinlich. Kreative Risiken? Zu teuer. Kleine, innovative Titel wie Split Fiction – eines der besten Spiele 2025 – werden zur Ausnahme werden.8

Stattdessen dürften die bewährten Cashcows EA Sports FC, Madden NFL und Battlefield noch mehr im Mittelpunkt stehen. Alles, was nicht direkt monetarisierbar ist, wird kritisch hinterfragt.

Das Hässliche: Kultmarken in Gefahr

Dragon Age, Mass Effect, Command & Conquer, SimCity, Burnout – EA sitzt auf einem Schatz legendärer Marken, die seit Jahren entweder brach liegen oder hinter den Erwartungen zurückbleiben.9 Die neuen Eigentümer werden mit kühlem Blick bewerten: Was lässt sich zu Geld machen? Was wird verkauft? Was verschwindet in der Versenkung?

Die Wahrscheinlichkeit, dass kreative Nischenprojekte oder Wiederbelebungen alter Serien Priorität genießen, ist minimal. Der Fokus liegt auf global skalierbaren Blockbustern.

Die ethische Dimension: Saudi-Arabien als Haupteigner

Dass ausgerechnet Saudi-Arabien zum Hauptaktionär wird, sorgt für massive Kritik – und das aus gutem Grund.

Sportswashing im Gaming-Gewand

Das Königreich investiert seit Jahren massiv in Gaming und Esports: über Savvy Games Group kontrolliert der PIF bereits 40 Prozent des globalen Esports-Markts.10 Die Esports World Cup in Saudi-Arabien 2024 war ein Paradebeispiel für „Sportswashing“ – der Versuch, durch Entertainment-Events vom katastrophalen Menschenrechtsbild abzulenken.11

Laut Human Rights Watch wurden 2024 bis August bereits 241 Menschen hingerichtet.11 Homosexualität ist illegal. Pressefreiheit existiert nicht. Die Investitionen in Gaming und Sport dienen primär dazu, das internationale Image aufzupolieren.

BioWare und LGBTQ-Inhalte

Besonders brisant: BioWare, bekannt für progressive Darstellung von LGBTQ-Charakteren und Beziehungen in Dragon Age und Mass Effect, gehört nun einem Staat, der Homosexualität strafrechtlich verfolgt. Werden zukünftige Spiele zensiert? Wird Druck auf kreative Entscheidungen ausgeübt?12

EA betont zwar operative Unabhängigkeit, aber wer das Geld gibt, hat Einfluss. Die Frage ist nicht ob, sondern wie stark.

Die Kushner-Verbindung

Affinity Partners, gegründet von Jared Kushner, dem Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, ist ebenfalls beteiligt. Der PIF hat 2 Milliarden Dollar in Kushners Firma investiert – ein Kreislauf gegenseitiger Abhängigkeiten, der politische und wirtschaftliche Interessen vermischt.13

Kushner selbst wuchs nach eigener Aussage mit EA-Spielen auf und spielt sie heute mit seinen Kindern.5 Seine enge Verbindung zu arabischen Führern während seiner Zeit im Weißen Haus macht diese Partnerschaft noch komplexer.

Die Marktkonsolidierung: Gaming wird zwischen Giganten aufgeteilt

Der EA-Deal ist kein Einzelfall, sondern Teil eines größeren Trends. Microsoft kaufte Activision Blizzard für 69 Milliarden Dollar.14 Tencent aus China kontrolliert massive Teile der Industrie. Und nun Saudi-Arabien mit EA.

Die Spielebranche konsolidiert sich rasant. Kleinere Publisher werden verdrängt, kreative Unabhängigkeit schwindet.15 Drei globale Machtblöcke – USA, China, Saudi-Arabien – teilen die Industrie unter sich auf. Was bedeutet das für Vielfalt, Innovation und künstlerische Freiheit? Nichts Gutes.

Die Kooperationen: FC Bayern und die Golf-Staaten

Pikantes Detail am Rande: Der FC Bayern München schloss erst im Juni 2024 eine langfristige Partnerschaft mit EA Sports. Jamal Musiala ist Testimonial für EA Sports FC 26, die Allianz Arena kehrt ins Spiel zurück.16 Nach Jahren der Kritik wegen des Qatar-Airways-Sponsorings hat sich Bayern über Umwege den nächsten Golfstaat ins Boot geholt – diesmal eben über den Umweg EA.

Sport, Gaming, Politik – alles verschwimmt.

Das Fazit: Was Spieler jetzt wissen müssen

Kurzfristig wird sich wenig ändern. EA Sports FC 26 ist erschienen, die nächsten Titel sind in Entwicklung, Andrew Wilson bleibt CEO. Der Laden läuft weiter.

Mittelfristig wird der Renditedruck steigen. Mehr Monetarisierung, mehr Lootboxen, weniger Experimente. Die bewährten Franchises werden ausgemolken, alles andere auf Profitabilität geprüft.

Langfristig steht die kreative Unabhängigkeit auf dem Spiel. Wenn ein autokratischer Staat Haupteigner ist, bleiben künstlerische Freiheit und progressive Inhalte gefährdet – selbst wenn heute niemand das offen zugibt.

Für EA-Aktionäre ist der Deal ein Traumgeschäft. Für die Gaming Community? Ein beunruhigendes Signal. Der größte Leveraged Buyout der Geschichte zeigt: In der Spielebranche geht es längst nicht mehr nur um Spiele. Es geht um Geopolitik, Imagekorrektur und globale Einflussnahme.

Und wir Spieler? Wir sind Publikum und Konsumenten in einem Spiel, dessen Regeln wir nicht mehr bestimmen.


Quellen

Footnotes

  1. Al Jazeera (30.09.2025): „Saudi fund, Kushner’s firm to buy games maker Electronic Arts in $55bn deal“ – https://www.aljazeera.com/news/2025/9/30/saudi-fund-kushners-firm-to-buy-games-maker-electronic-arts-in-55bn-deal

  2. NBC News (29.09.2025): „Video game maker Electronic Arts to be acquired for $52.5 billion in largest-ever private equity buyout“ – https://www.nbcnews.com/business/business-news/electronic-arts-acquired-largest-ever-private-equity-buyout-rcna234432

  3. GamesWirtschaft.de (29.09.2025): „Saudi-Arabien und Investoren kaufen Electronic Arts für 55 Mrd. $“ – https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/electronic-arts-buyout-v3-290925/

  4. Axios (29.09.2025): „Saudi Arabia’s Public Investment Fund helping to take Electronic Arts private for $55 billion“ – https://www.axios.com/2025/09/29/electronic-arts-saudi-arabia-silver-lake

  5. CNN Business (29.09.2025): „Jared Kushner’s firm and the Saudis are taking video game maker EA private in a massive deal“ – https://www.cnn.com/2025/09/29/investing/electronics-arts-private-deal 2

  6. GamesWirtschaft.de (01.10.2025): „Saudi-Arabien kauft Electronic Arts – und jetzt?“ – https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/saudi-arabien-kauft-electronic-arts-folgen-analyse-300925/

  7. Axios (29.09.2025): „Saudi Arabia’s Public Investment Fund helping to take Electronic Arts private for $55 billion“ – https://www.axios.com/2025/09/29/electronic-arts-saudi-arabia-silver-lake

  8. Defector (30.09.2025): „Saudi Arabia’s All-Consuming Maw Devours Electronic Arts“ – https://defector.com/saudi-arabias-all-consuming-maw-devours-electronic-arts

  9. GamesWirtschaft.de (01.10.2025): „Saudi-Arabien kauft Electronic Arts – und jetzt?“ – https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/saudi-arabien-kauft-electronic-arts-folgen-analyse-300925/

  10. Aftermath (30.09.2025): „The EA Sale Is Bad News For Everyone“ – https://aftermath.site/the-ea-sale-is-bad-news-for-everyone

  11. Aftermath (30.09.2025): „The EA Sale Is Bad News For Everyone“ – https://aftermath.site/the-ea-sale-is-bad-news-for-everyone 2

  12. Defector (30.09.2025): „Saudi Arabia’s All-Consuming Maw Devours Electronic Arts“ – https://defector.com/saudi-arabias-all-consuming-maw-devours-electronic-arts

  13. Al Jazeera (30.09.2025): „Saudi fund, Kushner’s firm to buy games maker Electronic Arts in $55bn deal“ – https://www.aljazeera.com/news/2025/9/30/saudi-fund-kushners-firm-to-buy-games-maker-electronic-arts-in-55bn-deal

  14. NBC News (29.09.2025): „Video game maker Electronic Arts to be acquired for $52.5 billion in largest-ever private equity buyout“ – https://www.nbcnews.com/business/business-news/electronic-arts-acquired-largest-ever-private-equity-buyout-rcna234432

  15. GamesWirtschaft.de (01.10.2025): „Saudi-Arabien kauft Electronic Arts – und jetzt?“ – https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/saudi-arabien-kauft-electronic-arts-folgen-analyse-300925/

  16. GamesWirtschaft.de (01.10.2025): „Saudi-Arabien kauft Electronic Arts – und jetzt?“ – https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/saudi-arabien-kauft-electronic-arts-folgen-analyse-300925/

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