Microsoft plant einen radikalen Kurswechsel für die nächste Xbox-Generation: Laut aktuellen Berichten wird die neue Konsole vollständiges Windows integrieren, Zugang zu Steam und anderen PC-Storefronts bieten und erstmals in der Xbox-Geschichte die Paywall für Online-Multiplayer abschaffen. Der Release wird für 2027 erwartet.
Windows-PC trifft auf Konsolen-Komfort: Das Hybrid-Konzept
Wie der renommierte Xbox-Insider Jez Corden von Windows Central berichtet, wird Microsofts nächste Konsole die Grenzen zwischen PC und Konsole endgültig verwischen. Das System basiert auf vollwertigem Windows, bietet aber eine für Fernseher und Controller optimierte Xbox-Oberfläche.
Spieler können wählen: Entweder sie bleiben in der vertrauten Xbox-Umgebung oder wechseln zum vollständigen Windows-Desktop. Im Windows-Modus lassen sich dann alternative Gaming-Plattformen wie Steam, Epic Games Store, Battle.net, GOG und der Riot Client installieren – ein absolutes Novum für eine Konsole.
Die Strategie dahinter ist klar: Microsoft testet dieses Konzept bereits mit dem ROG Xbox Ally Handheld. Xbox-CEO Phil Spencer forderte Fans kürzlich auf, sich den Ally anzusehen, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wohin die Reise für Xbox geht. Das Handheld dient als Testlabor für die Technologie, die in der nächsten Konsolengeneration zum Einsatz kommen wird.
Multiplayer ohne Paywall: Das Ende einer Ära
Besonders bemerkenswert: Microsoft plant offenbar, die seit 2002 bestehende Bezahlschranke für Online-Multiplayer zu eliminieren. Was mit Xbox Live Gold begann und später in Xbox Live Gold sowie Game Pass Core umbenannt wurde, könnte mit der Next-Gen-Konsole Geschichte sein.
Die Entscheidung ist strategisch nachvollziehbar: Wenn das System im Kern ein Windows-PC ist, wäre es schwer zu rechtfertigen, für Multiplayer in nativen Xbox-Spielen zu bezahlen, während PC-Spiele von Steam und Co. kostenlos online spielbar sind. Eine solche Paywall würde Nutzer geradezu dazu ermutigen, die Xbox-Plattform zu umgehen und ausschließlich Steam zu verwenden.
Für die Gaming-Branche wäre dieser Schritt ein Paukenschlag. Über zwei Jahrzehnte lang verlangten Konsolen-Hersteller monatliche Gebühren für Online-Gaming – ein Modell, das Microsoft mit Xbox Live einführte und das später von Sony und Nintendo übernommen wurde. Die Abschaffung könnte erheblichen Druck auf die Konkurrenz ausüben, nachzuziehen.
Vollständige Rückwärtskompatibilität mit allen Xbox-Generationen
Microsoft verspricht umfassende Abwärtskompatibilität: Die neue Xbox wird Spiele vom Original Xbox über Xbox 360 und Xbox One bis hin zu Xbox Series X/S nativ ausführen können. Die Spiele werden über die Xbox-Bibliothek gestartet und sollen ohne Emulations-Probleme laufen.
Besonders interessant: Ältere Titel könnten durch KI-gestützte Technologien wie Auto Super Resolution und Frame-Generation aufgewertet werden. Microsoft entwickelt zudem Lösungen, um typische PC-Gaming-Probleme wie Shader-Kompilierung zu vermeiden und Windows-Overheads zu reduzieren – Verbesserungen, die auch PC-Gamern außerhalb der Xbox zugutekommen sollen.
Premium-Positionierung mit entsprechendem Preis
Xbox-Präsidentin Sarah Bond beschrieb die nächste Xbox wiederholt als „sehr premium, sehr high-end kuratiertes Erlebnis“. Diese Positionierung deutet auf einen deutlich höheren Preis als bei bisherigen Xbox-Konsolen hin.
Branchenbeobachter erwarten Preise zwischen 800 und 1.200 Dollar – das wäre die teuerste Xbox aller Zeiten. Zum Vergleich: Die Xbox Series X startete 2020 für 499 Dollar. Dennoch könnte die neue Xbox trotz Premium-Preis günstiger sein als ein vergleichbar ausgestatteter Gaming-PC, da Microsoft durch die Partnerschaft mit AMD und Skaleneffekte Kosten einsparen kann. Zudem entfallen die Kosten für eine Windows-Lizenz.
Zwei Wege zum Spielen: Geschlossenes Ökosystem oder offene Plattform
Microsoft möchte beide Welten bedienen: Traditionelle Konsolenspieler, die ein unkompliziertes Plug-and-Play-Erlebnis suchen, können komplett im Xbox-Ökosystem bleiben. Der Onboarding-Prozess soll dem aktueller Konsolen ähneln – man startet das Gerät und kann sofort losspielen, ohne sich mit Windows auseinandersetzen zu müssen.
Wer hingegen Zugriff auf PC-exklusive Titel möchte – etwa PlayStation-Spiele auf Steam, Maus-und-Tastatur-Games wie League of Legends oder klassische Titel von GOG – kann jederzeit zu Windows wechseln. Diese Flexibilität könnte Xbox für eine deutlich breitere Zielgruppe attraktiv machen.
Auswirkungen auf Game Pass und das Xbox-Ökosystem
Die Verschmelzung von Konsole und PC wirft Fragen zur Zukunft von Game Pass auf. Aktuell gibt es verschiedene Varianten: Game Pass Core (mit Online-Multiplayer-Zugang), PC Game Pass und Game Pass Ultimate. Mit dem Wegfall der Multiplayer-Paywall und der PC-Funktionalität könnte Microsoft diese Strukturen vereinfachen und möglicherweise PC Game Pass mit der Konsolen-Variante verschmelzen.
Für Entwickler bleibt Xbox attraktiv: Microsoft plant, seine deutlich niedrigere Umsatzbeteiligung von 12 Prozent (im Vergleich zu Steams 30 Prozent) beizubehalten, was Studios mehr Anreize bietet, ihre Spiele auf der Plattform zu veröffentlichen.
Strategischer Kontext: Xbox unter Profitdruck
Die radikale Neuausrichtung kommt nicht von ungefähr. Laut Berichten steht die Xbox-Sparte unter erheblichem Druck von Microsoft, Gewinnmargen von 30 Prozent zu erzielen – deutlich über dem Branchendurchschnitt für Konsolen-Hardware. Diese aggressive finanzielle Zielvorgabe treibt den Wandel von Hardware-Exklusivität hin zu einem serviceorientierten, plattformübergreifenden Ansatz voran.
Xbox-Chef Phil Spencer betonte bereits, dass der traditionelle Konsolenmarkt stagniert, während das größte Wachstum bei Cloud-Gaming und PC-Spielern zu verzeichnen ist. Die neue Hybrid-Strategie ist Microsofts Antwort auf diese Marktentwicklung.
Mehr zum strategischen Wandel von Microsoft erfahren Sie in unserem ausführlichen Artikel zur Xbox-Zukunft 2025-2027.
Release-Zeitraum und aktuelle Entwicklung
Die nächste Xbox-Generation wird für 2027 erwartet. Microsoft arbeitet in Partnerschaft mit AMD an der Hardware und hat die Entwicklung mehrfach bestätigt, auch als Gerüchte aufkamen, Microsoft könnte ganz aus dem Konsolen-Geschäft aussteigen.
Die zusätzliche Entwicklungszeit bis 2027 soll Microsoft nutzen, um das Nutzererlebnis zu perfektionieren, die Windows-Optimierung voranzutreiben und die Entwickler-Unterstützung zu stärken. Der ROG Xbox Ally dient dabei als Testplattform, um Feedback zu sammeln und Kinderkrankheiten zu beheben, bevor die Technologie in die Hauptkonsole einfließt.
Branchenauswirkungen: Druck auf Sony und Nintendo
Sollte Microsoft tatsächlich die Multiplayer-Gebühren abschaffen, stellt sich die Frage: Wie werden Sony und Nintendo reagieren? Beide verlangen aktuell für Online-Multiplayer auf PlayStation und Nintendo Switch eine kostenpflichtige Mitgliedschaft.
Ein kostenloser Multiplayer-Zugang könnte Xbox einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen und die Konkurrenz unter Zugzwang setzen. Gleichzeitig könnte Sonys verstärkte Fokussierung auf PC-Ports und Valves Weiterentwicklung von SteamOS die nächste Konsolengeneration tatsächlich mehr zu einem PC-Wettrüsten machen als je zuvor.
Risiken und Herausforderungen
So vielversprechend die Strategie klingt, birgt sie auch Risiken. Die Erfahrungen mit dem ROG Xbox Ally zeigen bereits Herausforderungen bei der Windows-Optimierung, UI-Reaktionsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit. Microsoft muss sicherstellen, dass das Konsolen-Erlebnis trotz Windows-Basis so reibungslos bleibt wie bei traditionellen Konsolen.
Zudem könnte der hohe Preis viele Käufer abschrecken. Ob Gamer bereit sind, 800 bis 1.200 Dollar für eine Konsole auszugeben – selbst wenn sie PC-Funktionalität bietet – bleibt abzuwarten. Die Positionierung als Premium-Produkt ist gewagt in einem Markt, der traditionell auf erschwingliche Einstiegspreise setzt.
Fazit: Die konsumentenfreundlichste Xbox aller Zeiten?
Wenn Microsoft die Pläne wie berichtet umsetzt, könnte die nächste Xbox die konsumentenfreundlichste Gaming-Plattform werden, die das Unternehmen je gebaut hat. Volle Hardware-Rückwärtskompatibilität, ein offenes Ökosystem mit Zugang zu allen großen PC-Storefronts und keine Multiplayer-Gebühren – das sind starke Argumente.
Die Verschmelzung von Xbox, PC und Cloud Gaming in einer einzigen Plattform könnte tatsächlich die Zukunft des Gaming sein. Doch der Erfolg hängt davon ab, wie gut Microsoft die technischen Herausforderungen meistert und ob Spieler bereit sind, für dieses Premium-Erlebnis entsprechend zu bezahlen.
Eines ist sicher: Microsoft wagt mit diesem Konzept den mutigsten Schritt in der Geschichte der Xbox – und könnte damit die gesamte Konsolen-Industrie nachhaltig verändern.
Quellen: Die Informationen basieren auf Berichten von Windows Central (Jez Corden), GameSpot, Kotaku, Thurrott.com und weiteren Gaming-Fachmedien. Microsoft hat die Details bislang nicht offiziell bestätigt.










