Das neue Assassin’s Creed mit dem Namen Valhalla spielt in der Zeit der Wikinger und bietet wieder sowohl einen weiblichen als auch einen männlichen Charakter. Die Wahl obliegt dem Spieler. Als Fan der Serie, auch wenn zunehmend weniger „Schleichmissionen“ vorhanden waren, habe ich mich auf Google Stadia in die Schlacht(en) gestürzt und die Map von Aufgaben, Events und Schätzen befreit.
Als Grundlage galt Version 1.0.2, wobei 1.0.4 während meines Tests ausgerollt wurde. Warum diese Info wichtig bzw. interessant ist, wird sich noch ergeben. Diesen Text halte ich weitgehend frei von Spoilern. Wer sich schon rein an der Begrifflichkeit „Asgard“ stört, sollte erstmal nicht weiterlesen.
Story
Der Plot ist so klassisch, wie er in einem Wikinger-Setting sein könnte. Unser Dorf wird angegriffen, es gibt Verluste zu beklagen und Rache wird geschworen. Dabei entwickelt sich die Story dann doch noch deutlich weiter. Ich hatte das Gefühl, dass der Abschnitt zur Rache, der recht schnell abgeschlossen ist, lediglich zum Erlernen der Steuerung implementiert wurde. Im weiteren Verlauf des Spiels scheint diese Tatsache komplett vergessen und wird nicht mehr wirklich aufgegriffen.
Wir lernen natürlich auch Assassinen kennen, wobei diese in diesem Zeitalter als „Hidden Ones“ auftreten und so „versteckt“ arbeiten, dass sie sogar ein Haus in unserer zu errichtenden Siedlung bekommen. Das hatte mich erst ziemlich irritiert, aber letztlich tut es der Sache keinen Abbruch, ob wir in ein Versteck klettern müssen oder das Büro direkt an der Straße liegt.
Haltet ihr euch strikt an den Ablauf der Geschichte, ist Assassin’s Creed Valhalla auf „Hard“ in rund 45 Stunden beendet. Ich habe auch deutlich höhere Zeiten gesehen, aber ich bin auf diese Zahl gekommen und habe dann einen zweiten Spielstand für mich selbst angelegt, bei dem ich mich nicht auf die Hauptquests, sondern alles andere konzentriere. Dort liege ich bei knapp 90 Stunden und bin von einem 100% Run noch weit entfernt.
„Nebenquests“
Die so genannten World Events sind keine klassischen Quests, sondern können wirklich alles sein. Blau markiert könnt ihr diese auf der Map finden und begebt euch entsprechend zum Ziel. Hier kann es sein, dass man bloß einem NPC zuhören muss, sie oder ihn verprügelt, etwas sammelt, doch eine kleine Questreihe erlebt oder irgendeine andere, teils verrückte, Aufgabe erfüllt.
Im ersten Drittel des Spiels fand ich die Aufgaben dieser World Events sehr lächerlich. Das gibt sich mit der Zeit und die Herausforderungen werden weniger „skurril“. Da ich nicht spoilern möchte, werde ich an dieser Stelle nichts verraten. Macht euch einfach selbst ein Bild.
Pro Gebiet können/sollen die Reichtümer, Artefakte und World Events „erledigt“ werden. Ist dies geschehen, werden diese auf der Map abgehakt. Eine zusätzliche Belohnung, außer der eigenen Genugtuung, spendiert Assassin’s Creed Valhalla leider nicht. Im Gegenzug besitzt man dann aber die Ausrüstung und viele Materialien, um jene zu leveln.
Materialien farmen
Zuletzt erwähntes Equipment kann beim Schmied in seiner Wertigkeit erhöht werden. Dafür bedarf es entsprechender Materialien, die in Kisten gefunden und von Elite-Gegnern erbeutet werden. Der Spieler levelt die Ausrüstung inklusive Waffen und Schilde dann, mit Erz und Leder als Grundlage, ohne weitere Hilfe eines NPCs im Menü. Daraus resultieren verbesserte Stats und die Möglichkeit, Runen einzusetzen.
Die Runen erhält der Gamer bei Händlern, von Quests, für das Töten von Elite-Feinden oder auch mal in einer Kiste. Unterschieden wird in Waffen- und Rüstungs-Runen. Die Auswahl ist überschaubar, aber ich habe aktuell über Runen z.B. den Crit, die Abwehr und HP erhöht sowie das Gewicht leicht reduziert, damit Eivor nicht zu langsam von A nach B kommt bzw. zu schnell die Ausdauer verbraucht.
Man hat hier versucht, das Loot-Problem von Assassin’s Creed Odyssey in den Griff zu bekommen, aber meines Erachtens keinen guten Mittelweg gefunden. Vorher wurde man mit Loot zugeworfen und jetzt gibt es eine vorgegebene Anzahl an Gegenständen, die man selbst leveln und mit Runen versehen kann. Das klingt erstmal ganz gut, aber man sollte sich recht früh entscheiden, welchen Spielstil man an den Tag legen möchte, denn das Upgraden der Rüstung ist derart teuer, sodass man mit dem Farmen gar nicht sinnvoll hinterher kommt.
Genau da setzt für mich in gewisser Weise ein Pay-2-Win-Effekt ein. Das erste Prime Gaming Set für Valhalla ist in meinen Augen schon „overpowered“. Spielern wird ein Set samt Waffe geschenkt, welches bereits die höchste Wertigkeit besitzt und zumindest schonmal nicht mehr beim Schmied teuer bearbeitet werden muss. Zudem sind Speere aktuell (1.0.4) eigentlich viel zu stark.
Zweiter Ansatzpunkt ist der Ubisoft Store selbst. Hier können wir wieder Sets, einzelne Waffen oder gar Materialien mit Echtgeld kaufen. Damit nimmt man sich zumindest aus spielerischen Aspekten den ganzen Spaß. Das fühlt sich ein bisschen an, als liefe man als HULK durch den Schlumpfwald. Man mäht die Feinde einfach weg. Dabei war deren Powerlevel gar nicht so ausschlaggebend. Die richtige Kombination an Fähigkeiten hält selbst die stärksten Gegner im Stun-Lock, selbst wenn diese über 100 Punkte über einem selbst liegen. Das fand ich auf der einen Seite ein wenig schade, aber auf der anderen Seite farme ich wirklich alles ab und erledige alle Aufgaben. Das resultiert dann ebenfalls in einem ziemlich mächtigen spielbaren Charakter, kostet aber wiederum sehr viel mehr Zeit.
Gameplay
Entgegen der weitläufigen Meinung kann auch Assassin’s Creed Valhalla zu großen Teilen im „Stealth“ gezockt werden. Bei Raids ist dies natürlich nicht der Fall. Bei diesen stürmt man mit seinen Truppen einfach rein ins Gefecht und lässt die Äxte sprechen. Mit den in diesen Events gewonnenen Ressourcen wird im Anschluss die Siedlung ausgebaut.
Nimmt man sich Zeit für das Spiel, so können alle Basen sonst auch leise eingenommen werden. Entsprechende Sets verbessern dann auch die „Unsichtbarkeit“. Es spielt zudem eine Rolle, ob man nachts oder tagsüber in einen Stützpunkt eindringt.
Die offenen Kämpfe empfinde ich als zu einfach, da Feinde einem festgelegten Muster folgen und sehr einfach gekontert werden können. Im Verlauf des Spiels dürfen sogar die roten unblockbaren Runenangriffe geschickt „umgangen“ werden. Selbst bei Elite-Gegenern habe ich mir nicht die Zeit genommen, mit dem Bogen auf die gelb aufleuchtenden Schwachpunkte zu zielen, weil es schlicht nicht nötig war. Ab und an habe ich meine zwei Speere zwar auch mal abgelegt, aber irgendwie fühlte es sich auch gut an, alles und jeden beim ersten Versuch zu zerfetzen. Dabei existieren durchaus Herausforderungen, wo man nicht einfach auf den Feind zulaufen sollte und ausweichen muss, aber auch hier folgt der Ablauf einem so schnell zu durchschauenden Muster, dass es schlicht zu einfach wird. Für meinen zweiten Durchlauf habe ich also auf den höchsten Schwierigkeitsgrad umgestellt.
Beim Zocken störte mich zumeist, dass die Reitwege häufig sehr lang sind, um ein Gebiet zu durchqueren. Man verbringt für meinen Geschmack etwas zu viel Zeit auf Wegen und Feldern, um die nächste Aufgabe zu erreichen. Es existieren auch kleinere Gebiete, wie etwa Lunden, welche aber tatsächlich die Ausnahme sind.
Wer sehr aufmerksam zockt, der wird feststellen, dass manche Quests, besonders die Story an einigen Stellen, auf den weiblichen Charakter ausgelegt sind bzw. für diesen deutlich besser passen. Das war bereits in Odyssey so und auch in Valhalla spürbar.
Die Intelligenz der KI bleibt der Serie treu und ist ziemlich dumm. Zu Update 1.0.4 wurde daran laut Patchnotes gearbeitet, aber im Gameplay konnte ich das nicht feststellen. Schade…
Zeitvertreib
Neben den ganzen Schätzen etc., die es zu sammeln gilt, wurde auch ein Würfelspiel implementiert, welches es mir ganz schön angetan hat. Orlog ist ein strategisches Spiel, welches zwar auch auf Glück basiert, aber mit strategischen Zügen sehr viel Spaß machen kann. Das Game soll wohl 2021 auch als physisches Brettspiel erscheinen. Sollte dem so sein, werde ich das natürlich sofort testen und berichten.
Bei Orlog geht es darum, eurem Gegner geschickt alle Lebenspunkte abzuziehen. Dies passiert entweder über direkte Angriffe oder mit Hilfe von freischaltbaren Gottheiten, die jeweils unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen. Über das Würfelspiel könnte man einen eigenen Artikel schreiben, das werde ich wohl auch noch machen, weshalb ich hier nicht zu sehr ins Detail gehen möchte. In jedem Fall findet Eivor überall auf der Map Kontrahenten, die nicht nur zum Progress des Hauptspiels beitragen, sondern auch oft neue Götter für euer Deck freischalten.
Bugs
Wenn ein Spiel Fehler enthält, dann findet diese ein Spieler in jedem Fall: Ich! Selten war ich so genervt von einem Videospiel, wie von Assassin’s Creed Valhalla. Die Menge an Bugs ist auch im momentan aktuellen Patch 1.0.4 unfassbar. Dabei sind selbst die in den Patchnotes erwähnten Fixes teils überhaupt nicht „repariert“, was ich noch viel schlimmer finde, als den Fehler selbst.
Persönlich kann ich über vieles hinwegsehen. Stürzt mein Spiel ab, lade ich eben neu und fertig. Gerade bei Google Stadia passiert das so schnell, dass ich diesen Punkt gar nicht so negativ empfunden habe. Allerdings sahen wir auch bei der von uns parallel getesteten PS4-Version öfter mal einen Blue-Screen. Neben allen Problemen, Fehlern, Glitches und Abstürzen existieren allerdings zwei Punkte, die ich nicht akzeptieren kann. Von einem bin ich aktuell betroffen, den anderen konnte ich bisher glücklicherweise umgehen.
Leider haben einige Spieler von zerstörten Spielständen berichtet, was von Ubisoft auch bestätigt wurde. Ob das mittlerweile final gefixt ist, kann ich nicht genau sagen. Hoffen wir, dass wirklich nur wenige davon betroffen sind.
Das Zweite wären Quests die nicht starten und man dann festhängt bzw. gar nicht weiterspielen kann. Davon bin ich jetzt leider betroffen und habe noch keine Reaktion des Ubisoft Supports erhalten. Ich kann also eine wichtige Questreihe starten, aber sie bleibt direkt danach hängen, weil der Trigger nicht ausgelöst wird. So hänge ich in Asgard ohne Folgequest fest. Glücklicherweise konnte ich per Savegame zurück in meine Siedlung und erstmal etwas anderes erledigen.
Sound
Die musikalische Untermalung ist für Assassin’s Creed Valhalla mal wieder richtig gut gelungen. Besonders die Lieder an Bord des Langschiffes versüßen einem die sonst langweilige und lange Fahrt zum nächsten Raid. Manchmal macht es auch Spaß, einfach ein wenig zuzuhören und im Kreis zu fahren. Wer darauf keine Lust hat, findet den Soundtrack unter anderem auch bei Spotify.
Die Sounds von Waffen und klirrendem Metall sind stimmig. Hier gibt es nach meinen Ohren nichts auszusetzen.
Die englische Synchronisation gefällt mir sehr gut, wobei ich die weibliche Eivor teils etwas zu künstlich empfunden habe. Manchmal klingt es, als hätte sich die Sprecherin etwas anstrengen müssen, um recht tiefe Töne zu treffen.
Grafik
Die grafischen Stärken werden durch die bereits thematisierten Bugs in den Schatten gestellt. Nicht selten bin ich an unsichtbaren Wänden geklettert oder Finisher-Sequenzen passieren einen halben Meter neben dem eigentlichen Ziel und Eivor hackt in der Luft herum.
Bäume, Sträucher und Früchte sind leider weiterhin platt und wedeln wie ein Blatt Papier im Wind. Die Charaktere wirken im Vergleich zu Odyssey und Origins nicht mehr so lieblos. Insgesamt ist die Gesichter-Vielfalt deutlich gestiegen. Das war mir erst nicht aufgefallen, bis ich gemerkt habe, dass ich mich gar nicht geärgert hatte, dass die Gesichter zu wenig Abwechslung bieten und sich zu schnell wiederholen.
Ansonsten schaut Valhalla sehr gut aus. Besonders bei den Synchronisationspunkten könnt ihr atemberaubende Screenshots erstellen.
Fazit
Assassin’s Creed Valhalla ist für mich eine würdige „Fortsetzung“ der Saga. Mir persönlich gefallen die Anteile an offenem Kampf und dem Agieren aus dem Schatten heraus. Fans müssen sich ein wenig frei machen von Ezio und den geilen Missionen, bei denen man nicht entdeckt werden durfte. Das gibt es nur selten.
Valhalla ist einfach super, macht Spaß und bietet viel Spielzeit fürs Geld. Getrübt wird das durch die schier unzähligen Bugs. Da gibt es auf der einen Seite einige Leute, die davon glücklicherweise nicht betroffen waren und die anderen, wie auch ich, wo einfach alles schief geht. Bei Patch 1.0.2 war ich kurz davor, das Spiel erstmal liegen zu lassen, wenn ich es nicht für einen Test bekommen hätte. 1.0.4 ist insgesamt leider auch nicht viel besser. Dort haben sich bei mir noch ganz andere Fehler eingeschlichen. Gegen Valhalla war Unity ein reibungsloses Release, um es mal in ein nachvollziehbares Verhältnis zu bringen.
Leider überschatten eben diese ganzen Fehler das wirklich gut gelungene Game, wobei es wohl auch zur Veröffentlichung Probleme mit digitalen Vorbestellungen gab und Fans gar nicht pünktlich beginnen konnten. Da ist so viel schief gelaufen, dass einen die durchwachsenen Wertungen nicht wundern.
Assassin’s Creed Valhalla ist durchaus ein würdiges Assassin’s Creed, wenn man mal über die Fehler hinweg sieht und das Gesamtkonzept auf sich wirken lässt. Hardcore-Fans können jetzt schon zuschlagen, aber wenn ihr nicht zwingend „sofort“ AC spielen wollt, wartet noch ein paar Patches ab, bis sich eine gewisse Stabilität eingestellt hat und ihr daddeln könn ohne Angst davor, dass euer Spielstand zerstört oder eine Quest nicht gestartet wird.