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[Review] Borderlands 3

Mit Borderlands 3 kehrt Gearbox Software nach einer gefühlten Ewigkeit zu ihrer erfolgreichsten Marke zurück. Seit dem Release von Borderlands 2 im Jahr 2012 (und dem etwas schwächeren Borderlands: The Pre-Sequel von 2014) haben Fans sehnsüchtig auf die Fortsetzung der chaotischen Looter-Shooter-Serie gewartet. Sieben Jahre Entwicklungszeit – das ist selbst für heutige Verhältnisse eine sehr lange Zeit, in der die Konkurrenz mit Destiny, The Division und anderen Genre-Vertretern nicht geschlafen hat. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an das neue Werk von Gearbox, zumal das Studio in der Zwischenzeit mit weniger erfolgreichen Projekten wie Battleborn eher negative Schlagzeilen machte. Die Entscheidung, Borderlands 3 zunächst exklusiv über den Epic Games Store zu veröffentlichen (Steam-Release erst 2020 geplant), sorgte bereits im Vorfeld für reichlich Diskussionen und hat den ein oder anderen PC-Spieler durchaus verärgert. Aber kann das neue Borderlands nach der langen Wartezeit die hohen Erwartungen erfüllen und wieder den Standard für Looter-Shooter setzen? Nun, die Antwort darauf ist komplexer als man zunächst meinen könnte.

Die Story von Borderlands 3

Endlich verlassen wir Pandora – zumindest teilweise. Borderlands 3 führt uns auf verschiedene Welten und erweitert damit das Universum erheblich. Als Vault Hunter stehen wir diesmal den Calypso Twins gegenüber, Troy und Tyreen, die sich als selbsternannte Götter einer neuen Generation aufspielen. Die beiden Antagonisten, angeführt von der charismatischen aber auch völlig durchgeknallten Tyreen (gesprochen von Elisa Meliani in der deutschen Fassung), verfügen über eine massive Anhängerschaft in den sozialen Medien und wollen alle Pandora’s Boxes im Universum öffnen, um sich die ultimative Macht zu sichern. Ihre „Children of the Vault“ fungieren dabei als fanatische Anhänger, die live per Stream dabei zusehen, wie ihre Anführer Chaos und Verwüstung anrichten.

Die Geschichte spielt einige Jahre nach den Ereignissen von Borderlands 2 und bringt sowohl alte Bekannte als auch neue Gesichter zusammen. Lilith, die wir bereits aus dem ersten Borderlands kennen, fungiert als eine Art Anführerin der Crimson Raiders, während Charaktere wie Tannis (hervorragend synchronisiert von Arianne Borbach), Marcus und Moxxi ihre gewohnten Rollen übernehmen. Leider muss man aber auch sagen, dass die Geschichte diesmal nicht ganz so packend und vor allem nicht so witzig daherkommt wie noch in Borderlands 2. Während Handsome Jack noch ein brillanter, vielschichtiger Antagonist war (den man trotz seiner Abscheulichkeit fast schon sympathisch fand), wirken die Calypso Twins eher wie eine etwas überzogene Parodie auf die heutige Influencer-Kultur. Ihre ständigen Livestream-Einlagen und das forcierte „Millennial-Gehabe“ nerven bereits nach wenigen Stunden, wo Jack noch mit schwarzem Humor und echter Gefährlichkeit punkten konnte. Besonders ärgerlich ist auch, dass beliebte Charaktere aus den Vorgängern (wie Maya oder die ursprünglichen Vault Hunter) viel zu wenig Screentime bekommen, während neue Figuren wie die etwas nervige Ava deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten als sie verdient hätten.

Grafik

Borderlands 3 setzt weiterhin auf den charakteristischen Cell-Shading-Stil der Serie, verfeinert diesen aber erheblich. Die Unreal Engine 4 als technische Basis ermöglicht deutlich detailliertere Texturen, bessere Lichteffekte und vor allem spektakuläre Partikelexplosionen, wenn mal wieder ein Gegner in tausend Teile zerfetzt wird. Die verschiedenen Planeten – von der uns bekannten Wüstenwelt Pandora über das sumpfige Eden-6 bis hin zur Hightech-Metropole Promethea – sind alle liebevoll und abwechslungsreich gestaltet. Jede Welt hat ihren eigenen Charakter und bietet genug optische Abwechslung, um die etwa 25-30 Stunden Spielzeit (je nach Spielstil und ob man alle Nebenquests erledigen möchte) interessant zu halten. Besonders beeindruckend sind die Lichteffekte bei den diversen Elementar-Attacken und die Art, wie sich verschiedene Schadenstypen optisch unterscheiden. Wenn ein Gegner von Säure zerfressen oder von Elektrizität gegrillt wird, sieht das nicht nur spektakulär aus, sondern hilft auch spielerisch bei der Orientierung.

Allerdings muss man auch erwähnen, dass das Spiel auf Konsolen nicht ganz die Performance bietet, die man sich gewünscht hätte. Auf der Standard PlayStation 4 kommt es gerade bei hektischen Kämpfen mit vielen Gegnern und Effekten zu deutlichen Framedrops, die Xbox One S kämpft mit ähnlichen Problemen. Die PlayStation 4 Pro und Xbox One X laufen deutlich stabiler, können aber auch nicht durchgehend die angestrebten 60 FPS halten. Besonders ärgerlich sind die Performance-Probleme im Split-Screen-Modus, der bei vier Spielern teilweise nahezu unspielbar wird. Für einen Titel, der sieben Jahre in der Entwicklung war, sind das schon etwas enttäuschende technische Schwächen, die hoffentlich durch kommende Patches behoben werden.

Sound

Audiovisuell bietet Borderlands 3 gewohnt starke Kost. Der Soundtrack, komponiert von Jesper Kyd (bekannt durch seine Arbeit an der Assassin’s Creed-Serie), Michael McCann und Finishing Move Inc., unterstreicht die chaotische Action perfekt und weiß sowohl ruhige Erkundungspassagen als auch hektische Gefechte stimmungsvoll zu begleiten. Die Waffengeräusche sind allesamt sehr satt und unterscheiden sich merkbar voneinander – eine Jakobs-Revolver klingt eben anders als eine Hyperion-SMG. Auch die Umgebungsgeräusche tragen enorm zur Atmosphäre bei, seien es die mechanischen Geräusche der Industrieanlagen auf Promethea oder das Zirpen der Kreaturen in den Sümpfen von Eden-6.

Die deutsche Synchronisation kann als durchaus gelungen bezeichnet werden, auch wenn sie nicht ganz an die Qualität von Borderlands 2 heranreicht. Neben den bereits erwähnten Sprechern überzeugt auch die Synchronisation der vier neuen Vault Hunter. FL4K wird von David Nathan gesprochen (bekannt als deutsche Stimme von Johnny Depp, Christian Bale uvm.), Moze von Dascha Lehmann und Zane von Charles Rettinghaus. Die Dialoge wirken größtenteils natürlich und authentisch, nur die ständigen Influencer-Sprüche der Calypso Twins gehen einem schnell auf die Nerven – was aber wohl beabsichtigt ist. Wer möchte, kann natürlich auch zur englischen Sprachausgabe greifen, die mit Schauspielern wie Anna Brisbin (Tyreen) und SungWon Cho (FL4K) durchaus prominent besetzt ist.

YouTube player

Das Gameplay in Borderlands 3

Spielerisch macht Borderlands 3 fast alles richtig, was man von einem modernen Looter-Shooter erwarten kann. Die vier neuen Vault Hunter – Amara (Sirene), FL4K (Beastmaster), Moze (Gunner) und Zane (Operative) – bieten alle ihren ganz eigenen Spielstil und verfügen über jeweils drei verschiedene Action Skills, zwischen denen man wechseln kann, ohne einen neuen Charakter starten zu müssen. Diese lange überfällige Verbesserung macht das Experimentieren mit verschiedenen Builds deutlich angenehmer. Amara ist perfekt für Spieler, die gerne in den Nahkampf gehen und mit Elementarkräften um sich werfen. FL4K punktet bei Sniper-Fans und kann mit verschiedenen tierischen Begleitern (Spiderant, Skag oder Jabber) kämpfen. Moze kann einen mechanischen Kampfanzug namens Iron Bear beschwören, der mit schweren Waffen bestückt ist. Zane schließlich setzt auf Gadgets wie einen Hologrammklon oder eine Barriere und ist perfekt für taktisch denkende Spieler. Leider muss man aber auch erwähnen, dass Zane deutlich schwächer wirkt als seine drei Kollegen und gerade beim Endgame-Content deutlich mehr Aufwand erfordert, um effektiv zu sein.

Das Herzstück jeden Borderlands-Spiels ist und bleibt natürlich das Loot-System. Gearbox verspricht über eine Milliarde verschiedene Waffen, und tatsächlich ist die Waffenvielfalt beeindruckend. Neben den bekannten Herstellern wie Jakobs, Maliwan und Hyperion gesellen sich neue wie Atlas und COV (Children of the Vault) dazu, die alle ihre eigenen Besonderheiten mitbringen. Atlas-Waffen können Ziele markieren und dann selbstständig verfolgen, COV-Waffen überhitzen statt nachgeladen zu werden, und Tediore-Waffen verwandeln sich beim Nachladen in kleine Roboter, die Gegner angreifen. Die Bandbreite ist tatsächlich überwältigend und sorgt dafür, dass man permanent neue Waffen ausprobieren möchte. Legendary Waffen sind deutlich häufiger geworden als in den Vorgängern, was einerseits für mehr Abwechslung sorgt, andererseits aber auch dafür, dass sie sich weniger besonders anfühlen. Wo man früher stundenlang einen bestimmten Boss gefarmt hat, um an seine Signature-Waffe zu kommen, regnet es in Borderlands 3 förmlich orangefarbene Legendary-Drops.

Das Kampfsystem selbst wurde behutsam weiterentwickelt. Neu sind die Slide- und Mantle-Mechaniken, die für mehr Bewegungsfreiheit sorgen und besonders bei den hektischen Gefechten sehr hilfreich sind. Jeder Charakter kann jetzt über niedrige Hindernisse klettern und rutschen, was die Kämpfe deutlich dynamischer macht. Die verschiedenen Elementar-Schadenstypen (Feuer, Elektro, Ätzend, Kryo und Strahlung) funktionieren nach wie vor nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip und belohnen taktisches Vorgehen. Gegner mit Schilden sind anfällig für Elektro-Schäden, organische Feinde brennen gut, und Roboter leiden unter ätzenden Angriffen.

Was beim Spielen aber auch auffällt: Borderlands 3 ist deutlich linearer geworden als sein Vorgänger. Während Borderlands 2 noch große, offene Gebiete mit versteckten Geheimnissen und optionalen Bereichen bot, führt uns Teil 3 meist auf recht geraden Pfaden von Punkt A zu Punkt B. Die Rätsel, die das Erkunden früher so lohnend machten, sind praktisch verschwunden, und auch die Nebenquests bieten seltener wirkliche Überraschungen. Stattdessen gibt es mehr Action und schnellere Kämpfe, was zwar unterhaltsam ist, aber der Serie etwas von ihrer Persönlichkeit nimmt.

Nach dem Durchspielen der Hauptstory (die je nach Spielweise etwa 20-30 Stunden in Anspruch nimmt) erwarten den Spieler die sogenannten Mayhem Modi, die als Endgame-Content fungieren. Diese erhöhen sowohl die Schwierigkeit als auch die Qualität der Belohnungen, bringen aber auch teilweise sehr frustrierende Modifikatoren mit sich. Manche Kombinationen machen bestimmte Waffentypen komplett nutzlos oder reduzieren den verursachten Schaden so drastisch, dass Kämpfe zur reinen Geduldsprobe werden. Echte Raid-Bosse, wie sie Borderlands 2 auszeichneten, gibt es zum Launch praktisch nicht, was besonders für Hardcore-Spieler enttäuschend sein dürfte.

Fazit zu Borderlands 3

Borderlands 3 ist ein Spiel der Widersprüche. Einerseits liefert Gearbox Software technisch den beeindruckendsten und umfangreichsten Looter-Shooter dieser Generation. Die Waffenvielfalt ist überwältigend, das Gameplay fühlt sich butterweich an, und rein mechanisch macht alles genau so viel Spaß, wie man es von einem Borderlands-Spiel erwarten kann. Die vier neuen Vault Hunter haben alle ihren eigenen Charme (auch wenn Zane etwas schwächelt), die verschiedenen Planeten bieten optische Abwechslung, und wer gerne Loot sammelt und optimiert, wird hier definitiv seine 30+ Stunden Spaß haben.

Andererseits merkt man dem Spiel an, dass reine technische Verbesserungen nicht alles sind. Die schwächere Story, die nervigen Antagonisten und die deutlich linearere Spielwelt können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier etwas von der Seele der Serie verloren gegangen ist. Wo Borderlands 2 noch mit unerwarteten Wendungen, cleveren Rätseln und einem charismatischen Bösewicht überraschte, spult Borderlands 3 ein bekanntes Programm ab – technisch nahezu perfekt, aber ohne die Leidenschaft und den Charme des Vorgängers.

Dazu kommen die leider nicht von der Hand zu weisenden technischen Probleme zum Launch. Performance-Einbrüche auf Konsolen, Verbindungsprobleme im Multiplayer und verschiedene kleinere Bugs trüben das Spielerlebnis merklich. Für einen Titel, der sieben Jahre in der Entwicklung war und von einem erfahrenen Studio stammt, hätte man hier mehr Sorgfalt erwartet.

Trotz aller Kritik ist Borderlands 3 aber definitiv ein empfehlenswerter Titel, der Fans der Serie und Looter-Shooter-Enthusiasten gleichermaßen unterhalten wird. Die Waffenjagd macht nach wie vor süchtig, der Koop-Modus funktioniert (wenn die Technik mitspielt), und optisch ist das Spiel durchaus eine Augenweide. Wer die Vorgänger gemocht hat, wird auch hier auf seine Kosten kommen – sollte aber nicht erwarten, dass die alte Magie von Borderlands 2 vollständig zurückkehrt. Es ist ein solides, technisch versiertes Spiel geworden, wo man sich ein wahres Meisterwerk gewünscht hätte.

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