Die Call of Duty-Serie steht seit Jahren unter enormem Druck. Jahr für Jahr muss Activision beweisen, dass die Marke noch relevant ist, während Konkurrenten wie Fortnite und PlayerUnknown’s Battlegrounds den Shooter-Markt gehörig durcheinanderwirbeln. Mit Call of Duty: Black Ops 4 wagt Entwickler Treyarch nun einen radikalen Schritt: Erstmals in der Hauptserie verzichtet man komplett auf eine Einzelspieler-Kampagne und setzt voll auf Multiplayer-Modi. Ob diese Entscheidung aufgeht und was das Spiel sonst zu bieten hat, haben wir in den letzten Tagen intensiv getestet.
Eine Serie im Wandel der Zeit
Seit dem ersten Call of Duty aus dem Jahr 2003 hat sich die Serie kontinuierlich weiterentwickelt. Was damals als reine Weltkriegs-Simulation begann, wurde über die Jahre zu einer der erfolgreichsten Shooter-Franchises überhaupt. Besonders die Black Ops-Reihe von Treyarch konnte sich dabei einen besonderen Platz in den Herzen der Fans sichern. Mit Black Ops (2010) und Black Ops 2 (2012) lieferte das Entwicklerteam zwei der besten Call of Duty-Titel ab. Black Ops 3 aus dem Jahr 2015 konnte zwar nicht ganz an diese Erfolge anknüpfen, war aber dennoch ein solider Eintrag in die Serie.
Nun also Black Ops 4, und diesmal ist alles anders. Keine Kampagne, dafür aber gleich drei große Multiplayer-Bereiche: der klassische Mehrspielermodus, Zombies und das brandneue Battle Royale-Format namens Blackout. Eine mutige Entscheidung, die durchaus polarisiert.
Multiplayer – Zurück zu den Wurzeln
Der klassische Multiplayer von Black Ops 4 fühlt sich wie eine Rückbesinnung auf die goldenen Zeiten der Serie an. Treyarch hat das Wallrunning und die futuristischen Bewegungsmöglichkeiten von Black Ops 3 komplett gestrichen und setzt stattdessen wieder auf bodenständiges Gameplay. Das Ergebnis ist erfrischend und fühlt sich deutlich taktischer an als die letzten Ableger.
Die zehn verfügbaren Karten zum Launch bieten eine solide Mischung aus verschiedenen Größen und Spielstilen. Besonders gelungen ist die Neuauflage der beliebten Nuketown-Map, die als „Nuketown“ bekannt ist und kostenlos nachgeliefert wird. Aber auch neue Karten wie „Gridlock“ oder „Hacienda“ wissen zu gefallen und bieten abwechslungsreiche Schauplätze für intensive Gefechte.
Ein großer Pluspunkt ist die deutlich verbesserte Netcode-Performance. Die Treffer-Registrierung funktioniert spürbar besser als in den Vorgängern, was für einen Shooter dieser Größenordnung essentiell ist. Auch die Balancing der Waffen geht in die richtige Richtung, auch wenn sicherlich noch Nachjustierungen kommen werden.
Neu sind die sogenannten Specialists – Charaktere mit besonderen Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenständen. Zehn verschiedene Specialists stehen zur Auswahl, jeder mit einer eigenen Special-Weapon und einer Special-Ability. Ajax beispielsweise kann ein Ballistic Shield einsetzen und Stacheldraht-Barrieren aufstellen, während Firebreak Feuerattacken und einen Purifier-Flammenwerfer nutzt. Diese Mechanik verleiht dem Gameplay zusätzliche taktische Tiefe, ohne es zu überladen.
Zombies – Bewährte Untote-Action
Der Zombies-Modus ist seit World at War fester Bestandteil der Treyarch-Spiele und auch in Black Ops 4 wieder mit von der Partie. Diesmal warten gleich drei Maps auf die Spieler: „IX“ entführt in ein römisches Kolosseum, „Voyage of Despair“ spielt auf der untergehenden Titanic und „Blood of the Dead“ ist eine Neuauflage der beliebten „Mob of the Dead“-Map aus Black Ops 2.
Jede Map bietet die gewohnte Mischung aus Horror-Atmosphäre, kniffligen Rätseln und natürlich jeder Menge Zombies zum Abschießen. Das Gameplay wurde dabei behutsam modernisiert – neue Perks, ein überarbeitetes Pack-a-Punch-System und verschiedene Schwierigkeitsgrade sorgen dafür, dass sowohl Einsteiger als auch Veteranen auf ihre Kosten kommen.
Besonders „IX“ sticht als neue Map hervor. Die Arena-Atmosphäre mit gladiatorischen Kämpfen gegen Zombie-Horden ist atmosphärisch dicht und bietet spektakuläre Momente. Die Easter Eggs sind gewohnt komplex und werden die Community sicherlich wochenlang beschäftigen.
Blackout – Call of Dutys Battle Royale-Debüt
Der wohl größte Neuzugang ist Blackout, Treyarchs Antwort auf Fortnite und PUBG. Auf einer riesigen Map, die verschiedene ikonische Schauplätze aus der Black Ops-Geschichte vereint, kämpfen bis zu 100 Spieler um den Sieg. Neben Nuketown finden sich auch Areas aus Maps wie „Firing Range“ oder „Estate“ wieder.
Das Battle Royale-Gameplay funktioniert überraschend gut. Die Map ist abwechslungsreich gestaltet und bietet sowohl dichte Urbane Gebiete als auch weitläufige Landschaften. Fahrzeuge wie ATVs, Helikopter und Boote sorgen für Mobilität, während das Loot-System durchdacht ist, ohne zu komplex zu werden.
Was Blackout von der Konkurrenz abhebt, ist das typische Call of Duty-Gunplay. Die Waffen fühlen sich vertraut an und bieten die gewohnte Präzision. Auch die Integration von Zombies-Elementen auf der Map sorgt für interessante Abwechslung – wer sich traut, kann in Zombie-verseuchte Gebiete vordringen und dort besondere Loot-Gegenstände finden.
Die Performance von Blackout ist zum Launch solide, auch wenn gelegentliche Serverprobleme auftreten. Die Matchmaking-Zeiten sind akzeptabel und die Matches fühlen sich fair an, auch wenn das Balancing sicherlich noch Feinschliff braucht.
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Präsentation und Technik
Grafisch bewegt sich Black Ops 4 auf dem gewohnt hohen Niveau der Serie. Die Texturen sind scharf, die Beleuchtung atmosphärisch und die Animationen flüssig. Besonders in den Zombies-Maps kommt die düstere Atmosphäre gut zur Geltung. Die Blackout-Map beeindruckt durch ihre schiere Größe und Detailvielfalt.
Soundtechnisch überzeugt das Spiel ebenfalls. Die Waffensounds sind kraftvoll und unterscheidbar, die Umgebungsgeräusche tragen zur Atmosphäre bei. Allerdings fehlt durch den Wegfall der Kampagne die gewohnte orchestrale Filmmusik, die sonst für emotionale Höhepunkte sorgte.
Die Performance auf der PlayStation 4 ist größtenteils stabil. In hektischen Multiplayer-Momenten kann die Framerate gelegentlich einbrechen, aber das stört den Spielfluss nicht wesentlich. Die Ladezeiten sind angemessen, könnten aber etwas kürzer sein.
Das schmerzhafte Fehlen der Kampagne
Der Verzicht auf eine Einzelspieler-Kampagne ist zweifellos die kontroverseste Entscheidung von Black Ops 4. Stattdessen gibt es „Specialist HQ“, einen Modus der die Hintergrundgeschichten der Multiplayer-Charaktere erzählt. Diese kurzen Episoden können aber nicht ansatzweise eine vollwertige Kampagne ersetzen.
Für viele Spieler war die Kampagne schon immer ein wichtiger Bestandteil von Call of Duty. Die spektakulären Set-Pieces, die emotionalen Momente und die filmreife Inszenierung – all das fällt bei Black Ops 4 weg. Zwar argumentiert Treyarch damit, dass ohnehin nur ein kleiner Prozentsatz der Spieler die Kampagne zu Ende spielt, aber das ändert nichts daran, dass ein wichtiges Element der Serie fehlt.
Besonders schmerzhaft ist das Fehlen, wenn man bedenkt, wie gut die Story-Modi der früheren Black Ops-Teile waren. Die Verschwörungstheorien rund um die Numbers-Station, die Zeitreise-Elemente aus Black Ops 2 oder die Cyberpunk-Dystopie von Black Ops 3 – all das hat zur Identität der Serie beigetragen.
Progression und Langzeitmotivation
Das Belohnungssystem von Black Ops 4 ist umfangreich, aber auch komplex. Neben dem klassischen Leveling-System gibt es mehrere Währungen, Battle Pass-ähnliche Tiers und unzählige kosmetische Gegenstände freizuschalten. Das kann zunächst überwältigend wirken, sorgt aber für langanhaltende Motivation.
Leider macht sich bereits jetzt bemerkbar, dass Activision verstärkt auf Microtransactions setzen wird. Während zum Launch noch das meiste spielerisch erreichbar ist, deuten die Strukturen darauf hin, dass kostenpflichtige Inhalte eine größere Rolle spielen werden als in früheren Teilen.
Fazit zu Call of Duty: Black Ops 4
Call of Duty: Black Ops 4 ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits liefert Treyarch mit drei umfangreichen Multiplayer-Modi mehr Inhalt als je zuvor. Der klassische Multiplayer ist ausgezeichnet, Zombies bewährt stark und Blackout überrascht als gelungenes Battle Royale-Debüt der Serie. Die technische Umsetzung stimmt größtenteils und die Langzeitmotivation ist durchaus vorhanden.
Andererseits schmerzt das komplette Fehlen einer Kampagne erheblich. Für 70 Euro bekommt man zwar viel Multiplayer-Content, aber ein wichtiger Pfeiler der Serie ist weggebrochen. Ob diese Entscheidung langfristig aufgeht, wird sich zeigen müssen.
Black Ops 4 ist kein schlechtes Spiel – im Gegenteil. Für Multiplayer-Fans bietet es hervorragende Unterhaltung und mit Blackout sogar ein frisches Battle Royale-Erlebnis. Wer jedoch auf atmosphärische Einzelspieler-Kampagnen hofft, wird enttäuscht werden. Es ist ein Call of Duty für eine neue Zeit – ob das die richtige Richtung ist, darüber lässt sich streiten.
Wertung: 7,5/10
Call of Duty: Black Ops 4 ist seit dem 12. Oktober 2018 für PlayStation 4, Xbox One und PC verfügbar.