Nach dem futuristischen Ausflug von Black Ops II führt uns Call of Duty: Ghosts wieder zurück in die nahe Zukunft – genauer gesagt ins Jahr 2027. Infinity Ward, die Schöpfer der Modern Warfare-Reihe, wagen sich an ein völlig neues Setting und erzählen eine Geschichte, die nicht nur geografisch, sondern auch thematisch neue Wege einschlägt. Doch kann Ghosts nach den Höhepunkten der Serie überzeugen und sich von der wachsenden Konkurrenz im Shooter-Genre abheben?
Story
Die Vereinigten Staaten, wie wir sie kennen, existieren nicht mehr. Im Jahr 2027 ist Amerika zur schwächeren Macht geworden, nachdem die „Federation“ – ein Zusammenschluss südamerikanischer Länder – mit gestohlener US-Weltraumwaffentechnologie einen verheerenden Schlag gegen die Supermacht geführt hat. Millionen sind tot, die Infrastruktur liegt in Trümmern und die verbliebenen US-Streitkräfte kämpfen verzweifelt um das Überleben ihres Landes.
In dieser post-apokalyptischen Szenerie schlüpfen wir in die Rollen der Walker-Brüder Logan und Hesh, die gemeinsam mit ihrem Vater Elias zu den „Ghosts“ stoßen – einer Eliteeinheit, die im Verborgenen gegen die Besatzer kämpft. Die Ghosts sind Legende, fast mythische Gestalten, die für ihre Unsichtbarkeit und tödliche Effizienz bekannt sind. Doch schnell wird klar, dass auch diese letzten Hoffnungsträger gegen einen übermächtigen Gegner antreten müssen.
Die Story ist durchaus ambitioniert und versucht, eine neue Perspektive auf das Call of Duty-Universum zu werfen. Erstmals sind die USA nicht die dominante Weltmacht, sondern müssen um ihr Überleben kämpfen. Diese Rollentausch ist interessant, auch wenn die Umsetzung manchmal etwas oberflächlich bleibt. Besonders der mysteriöse Antagonist Gabriel T. Rorke, ein ehemaliger Ghost, der zur dunklen Seite übergelaufen ist, sorgt für persönliche Spannung in der Geschichte. Die familiären Bande zwischen den Walker-Brüdern und ihrem Vater geben der ansonsten actionlastigen Handlung eine emotionale Komponente, die durchaus zu überzeugen weiß.
Grafik
Infinity Ward hat mit der neuen IW-Engine ordentlich aufgerüstet. Die Gesichter der Charaktere wirken deutlich detaillierter als in den Vorgängern, und die Animationen sind flüssiger geworden. Besonders beeindruckend sind die Umgebungen: Von den überwucherten Ruinen amerikanischer Großstädte über verschneite Gebirgslandschaften bis hin zu tropischen Dschungeln bietet Ghosts eine beachtliche Vielfalt an Schauplätzen.
Die Beleuchtung wurde spürbar verbessert, was besonders in den atmosphärischen Unterwasser-Sequenzen zur Geltung kommt. Hier zeigt sich die neue Engine von ihrer besten Seite – das Spiel mit Licht und Schatten unter Wasser ist wirklich beeindruckend gelungen. Auch die Zerstörungseffekte haben einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Wenn Gebäude einstürzen oder Explosionen die Landschaft verwüsten, sieht das nicht nur spektakulär aus, sondern fühlt sich auch glaubwürdig an.
Allerdings gibt es auch Schwächen: Texturen laden manchmal verzögert nach, und bei manchen Objekten merkt man doch, dass die Engine auf der aktuellen Konsolengeneration an ihre Grenzen stößt. Die PlayStation 3 und Xbox 360 bringt Ghosts teilweise ins Schwitzen, was sich in gelegentlichen Framedrops bemerkbar macht.
Sound
Audiovisuell liefert Ghosts eine solide, wenn auch nicht überragende Leistung ab. Der Soundtrack von David Buckley ist atmosphärisch dicht und untermalt das post-apokalyptische Setting gekonnt. Besonders in den ruhigeren Momenten, wenn die Brüder durch die verlassenen Straßen schleichen, entfaltet die Musik ihre volle Wirkung und verstärkt das Gefühl der Hoffnungslosigkeit.
Die Soundeffekte sind gewohnt wuchtig – Gewehrfeuer knallt ordentlich aus den Lautsprechern, Explosionen lassen das Wohnzimmer beben. Die Synchronisation ist professionell umgesetzt, auch wenn die deutschen Sprecher nicht ganz die Klasse der Originalstimmen erreichen. Wer das volle Erlebnis möchte, sollte definitiv auf die englische Sprachausgabe umschalten.
Ein besonderes Lob verdient die Vertonung des vierbeinigen Teammitglieds: Hund Riley ist nicht nur gameplay-technisch eine Bereicherung, sondern auch akustisch sehr überzeugend umgesetzt. Seine Belllaute und Knurrgeräusche wirken authentisch und verstärken die emotionale Bindung zu diesem ungewöhnlichen Begleiter.
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Gameplay
Die Kampagne von Ghosts nimmt sich etwa sechs bis acht Stunden Zeit für ihre Geschichte – das ist solider Standard für die Serie. Infinity Ward bemüht sich, Abwechslung in das bekannte Shoot-and-Cover-Gameplay zu bringen, und das gelingt teilweise auch sehr gut. Die bereits erwähnten Unterwasser-Missionen sind ein Highlight und bieten ein völlig neues Spielgefühl. Hier muss man nicht nur gegen Gegner kämpfen, sondern auch auf Sauerstoffvorrat und Wasserdruck achten.
Auch die Weltraum-Mission ist spektakulär inszeniert, auch wenn sie gameplay-technisch eher oberflächlich bleibt. Ein absolutes Highlight ist die Zusammenarbeit mit Hund Riley, der nicht nur als emotionaler Anker funktioniert, sondern auch gameplay-technisch interessante Möglichkeiten eröffnet. Riley kann Gegner markieren, Wachen ausschalten und sogar eigenständig Bereiche erkunden. Diese Passagen gehören zu den stärksten der gesamten Kampagne.
Leider fallen andere Bereiche eher konventionell aus. Zu oft wird man durch lineare Korridore geschleust, in denen das Vorgehen klar vorgegeben ist. Die KI der Gegner ist solide, aber nicht besonders intelligent – meist reicht es, sich hinter Deckungen zu verschanzen und systematisch alle Feinde auszuschalten. Besonders schade ist, dass die interessanten Schauplätze nicht besser genutzt werden. Die Mission im überwucherten No Man’s Land zwischen den Fronten hätte mehr Erkundungsmöglichkeiten verdient gehabt.
Die Steuerung ist gewohnt präzise, und das Waffengefühl stimmt. Die neuen Waffen fügen sich nahtlos ins Call of Duty-Universum ein, ohne revolutionär zu wirken. Besonders die anpassbaren Gewehre mit verschiedenen Aufsätzen bieten taktische Tiefe, auch wenn diese im linearen Kampagnenverlauf nur selten voll ausgeschöpft wird.
Multiplayer
Der Multiplayer-Modus von Ghosts bringt einige interessante Neuerungen mit sich, die das bewährte Konzept erweitern, ohne es grundlegend zu verändern. Das neue Perk-System ist flexibler geworden – statt starrer Klassen kann man nun Punkte frei auf verschiedene Fähigkeiten verteilen. Das ermöglicht individuellere Loadouts und taktischere Herangehensweisen.
Die neuen Maps sind größer als gewohnt und bieten mehr Raum für verschiedene Spielstile. Sniper finden gute Positionen, während aggressive Spieler trotzdem genügend Deckungsmöglichkeiten haben. Besonders gelungen sind die dynamischen Map-Events: Wenn der Damm in „Stormfront“ bricht oder das Dach in „Tremor“ einstürzt, verändert sich das gesamte Spielfeld und erfordert neue taktische Überlegungen.
Der neue Modus „Extinction“ bietet eine frische Alternative zum Zombi-Modus der Treyarch-Titel. Hier kämpft man kooperativ gegen außerirdische Kreaturen und muss dabei taktisch vorgehen. Die Alien-Gegner sind abwechslungsreich gestaltet und erfordern unterschiedliche Strategien. Dieser Modus hat definitiv Potenzial für langfristigen Spielspaß.
Fazit
Call of Duty: Ghosts ist ein solider, aber nicht herausragender Eintrag in die erfolgreichste Shooter-Serie der Welt. Infinity Ward bemüht sich redlich, neue Wege zu gehen und frischen Wind in die Formel zu bringen. Das gelingt teilweise auch sehr gut – die Unterwasser-Missionen, der Hund Riley und das post-apokalyptische Setting sorgen für memorable Momente.
Doch zu oft fällt Ghosts in bekannte Muster zurück. Die Kampagne ist zwar spektakulär inszeniert, aber zu linear strukturiert. Die interessanten Gameplay-Ideen werden nicht konsequent genug verfolgt, und das Gefühl des „Schon mal dagewesen“ stellt sich leider zu häufig ein.
Der Multiplayer-Modus rettet einiges heraus und bietet mit den größeren Maps und dem flexibleren Perk-System durchaus Verbesserungen gegenüber den Vorgängern. Extinction ist eine willkommene Ergänzung, die Lust auf mehr macht.
Ghosts ist kein schlechtes Spiel, aber auch kein Meilenstein. Es ist ein typisches Call of Duty mit einigen guten Ideen, die nicht immer optimal umgesetzt wurden. Fans der Serie werden ihren Spaß haben, Neulinge sollten vielleicht eher zu den stärkeren Einträgen der Reihe greifen. In einer Zeit, in der die Konkurrenz im Shooter-Genre immer stärker wird, hätte Ghosts mutiger sein müssen, um wirklich zu überzeugen.
Wertung: 7/10










