Mit Chorus bringt das Hamburger Entwicklerstudio Fishlabs einen ambitionierten Weltraum-Shooter auf den Markt, der bei mir bereits mit der ersten Ankündigung nostalgische Erinnerungen an die goldenen Zeiten des Genres wachrief. Während in den letzten Jahren durchaus einige interessante Weltraum-Titel erschienen sind, mussten Fans von richtigen Knallern mit packender Story und authentischen Dogfights lange auf einen würdigen Nachfolger zu Klassikern wie Wing Commander, Everspace oder Starlancer warten. Star Wars: Squadrons brachte zwar nach langer Durststrecke wieder einen AAA-Titel des Genres hervor, doch mit Chorus verspricht Fishlabs nun endlich wieder echten Nachschub für Genre-Enthusiasten.
Story – Zwischen Erlösung und Vergangenheit
In der Rolle von Nara, der einst tödlichsten Kriegerin des mysteriösen „Zirkels“, erkunden wir gemeinsam mit unserem lebendigen Raumschiff Forsaken die Weiten der Galaxie. Der Zirkel begann ursprünglich als religiöse Bewegung in einem Zeitalter, in dem Bürgerkriege die Galaxie jahrhundertelang verwüsteten. Unter der Führung des Großen Propheten versprach die Organisation ihren Anhängern Frieden und Harmonie. Doch was als harmlose spirituelle Bewegung startete, entwickelte sich rasch zu einem blutigen Kreuzzug, der die Galaxie in exponentieller Geschwindigkeit eroberte.
Als Nara erkennt, dass der Große Prophet sie in die Irre geführt und zu einem seiner mächtigsten Zerstörungswerkzeuge geformt hat, wendet sie sich vom Zirkel ab. Gemeinsam mit ihrem autonomen Raumschiff Forsaken flieht sie und versteckt ihr Schiff an einem geheimen Ort, wo beide in tiefen Schlaf fallen. Jahre vergehen, in denen sich Nara mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält und versucht, Gutes zu tun. Doch ihre düstere Vergangenheit holt sie bei jedem Zusammentreffen mit dem Zirkel immer wieder ein.
Die Geschichte von Naras Suche nach Erlösung ist dabei überraschend tiefgründig geraten. Durch geschickt eingesetzte Selbstgespräche und Rückblenden erhalten wir nach und nach Einblick in die dunkle Vergangenheit der Protagonistin. Diese kurzen, aber eindringlichen Szenen zeigen uns, welche Zerstörung Nara und Forsaken gemeinsam für den Zirkel angerichtet haben und verleihen der Story eine emotionale Tiefe, die das Genre selten zu bieten hat.
Gameplay – Wenn Geschwindigkeit auf Innovation trifft
Nach einem gelungenen Tutorial im Inneren eines verlassenen Raumschiffwracks, das uns behutsam mit der Steuerung und Naras Grundfähigkeiten vertraut macht, öffnet sich die umfangreiche halboffene Spielwelt von Chorus. Die verschiedenen Sternensysteme sind durch Sprungtore miteinander verbunden und können nach ihrer Freischaltung frei bereist werden. Dank der beeindruckenden Ladezeiten der PlayStation 5 erfolgen solche Reisen praktisch in Sekundenschnelle.
Das Herzstück des Spiels bilden jedoch die spektakulären Weltraumkämpfe, in denen Chorus seine größte Stärke offenbart. Dank dem hervorragenden Gameplay und Naras außergewöhnlichen Psy-Kräften werden die Raumschlachten zu einem echten Highlight. Wenn man mit Vollgas an einem massiven Raumkreuzer vorbeijagt, dann nahtlos auf den Drift wechselt, um aus allen Rohren im Vorbeiflug zu feuern – dann entsteht ein Gameplay-Gefühl, das schlichtweg begeistert.
Besonders das „Ritual der Jagd“, mit dem wir uns direkt hinter ein anvisiertes Ziel teleportieren können, verleiht den Dogfights eine völlig neue Dynamik. Das gelungene Zusammenspiel zwischen Naras mystischen Ritualen und Forsas modernen Waffensystemen sorgt dafür, dass man sich im späteren Spielverlauf, wenn man alle Mechaniken verinnerlicht hat, nahezu unbesiegbar fühlt.
Die halboffene Spielwelt bietet dabei ausreichend Abwechslung: Mit Hilfe von Ritualen kann Nara ihre Umgebung scannen und versteckte Objekte, Credits oder optionale Missionen entdecken. Diese können dank des gelungenen Weltdesigns im eigenen Tempo angegangen werden. Durch das Sammeln von Credits, Waffen und Bauteilen lässt sich das Raumschiff kontinuierlich verbessern. Insgesamt stehen drei Primärwaffen und diverse Zusatzmodule zur Verfügung. Neue Fähigkeiten und Rituale erhalten wir durch das Aufsuchen von Tempeln, die in der Spielwelt verstreut sind.
Grafik und Sound – Spektakuläre Weltraum-Szenerie
Auf der PlayStation 5 läuft Chorus im Performance-Modus konstant flüssig in 4K-Auflösung, selbst wenn wahre Effektgewitter über den Bildschirm fegen und unzählige Gegner sowie gigantische Raumschiffe gleichzeitig dargestellt werden. Die Optik des Spiels ist durchweg beeindruckend und bietet viele großartige Weltraum-Szenarien. Besonders die Explosionen und die dynamischen Dogfights sind absolut spitze in Szene gesetzt.
Das stimmige Sounddesign trägt maßgeblich zur packenden Atmosphäre bei und unterstreicht sowohl die ruhigen Erkundungsphasen als auch die actionreichen Kampfsequenzen perfekt. Leider wurde das Spiel, obwohl es von einem deutschen Entwickler stammt, nicht in deutscher Sprache vertont und verfügt nur über Untertitel. Für Spieler ohne solide Englischkenntnisse kann dies zum Problem werden, da die teilweise verwirrende Hauptgeschichte dadurch schwer zu verfolgen ist. Besonders ärgerlich: Die erwähnten Rückblenden treten oft mitten in intensiven Action-Szenen auf, wenn keine Zeit bleibt, Untertitel zu lesen.
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Technische Aspekte – Kleine Schwächen im großen Ganzen
Während des Tests stürzte das Spiel leider zwischendurch gerne mal ab. Glücklicherweise sorgen eine zuverlässige Autosave-Funktion, häufige Checkpoints und die generell sehr schnellen Ladezeiten dafür, dass solche Zwischenfälle zwar ärgerlich, aber durchaus zu verschmerzen sind. Diese technischen Probleme lassen sich sicherlich durch kommende Patches beheben und trüben den insgesamt sehr positiven Gesamteindruck nur minimal.
Pro & Contra
Pro:
- Rasante, innovative Gefechte mit einzigartigen Ätherkräften
- Hervorragendes Arcade-Gameplay mit durchdachter Steuerung
- Interessante Story mit tiefgründiger Charakterentwicklung
- Abwechslungsreiche Nebenquests und Sammelaktivitäten
- Spektakuläre Grafik und stimmungsvolles Sounddesign
- Gelungenes halboffenes Weltdesign
Contra:
- Keine deutsche Synchronisation
- Gelegentliche Abstürze
- Rückblenden oft ungünstig getimed
Fazit
Chorus ist ein außergewöhnlicher Weltraum-Shooter, der dank seiner innovativen Gameplay-Elemente richtig Spaß macht. Das Gefühl, mit vollem Schub und aus allen Rohren feuernd auf einen gewaltigen Kreuzer zuzufliegen, dann nahtlos seitlich um diesen herum zu driften, um das Feuer gezielt auf Schwachstellen zu konzentrieren – das ist schlichtweg großartig umgesetzt.
Fishlabs hat mit Chorus alles richtig gemacht, was das Gameplay angeht. Die Steuerung ist durchdacht und nicht überladen, der Schwierigkeitsgrad steigt passend zu den neu erlernten Fähigkeiten und wird niemals unfair. Optisch kommen Weltraum-Fans ebenfalls voll auf ihre Kosten. Die tiefgründige Story um Naras Kampf gegen ihre inneren Dämonen verleiht dem Genre eine emotionale Komponente, die man so selten erlebt.
Trotz kleinerer Schwächen wie der fehlenden deutschen Synchronisation und sporadischen technischen Problemen bietet Chorus genau das, was sich Genre-Fans seit Jahren wünschen: Einen modernen Weltraum-Shooter mit Herz, der sowohl spielerisch als auch erzählerisch überzeugen kann. Wer schon immer davon geträumt hat, sich wie ein übermächtiger Weltraum-Ritter durch die Galaxie zu kämpfen, sollte bei Chorus definitiv zugreifen.
Wertung: 8/10