Death Stranding

[Review] Death Stranding

Mit Death Stranding liefert Hideo Kojima sein erstes Werk nach seinem spektakulären Abschied von Konami ab und beweist eindrucksvoll, dass er auch ohne die Metal Gear-Lizenz ein Meisterwerk abliefern kann. Nach der Gründung von Kojima Productions und der Zusammenarbeit mit Sony Interactive Entertainment war die Erwartungshaltung enorm hoch. Schließlich hatte der Kult-Entwickler angekündigt, ein völlig neues Genre schaffen zu wollen. Was dabei herausgekommen ist, spaltet die Gaming-Community wie kaum ein anderes Spiel in diesem Jahr.

Von Beginn an wird klar, dass Death Stranding anders ist. Anstatt uns direkt in Action-Sequenzen zu werfen, nimmt sich das Spiel Zeit, seine mysteriöse Welt und das ungewöhnliche Gameplay-Konzept zu etablieren. Als Sam Porter Bridges, gespielt von Norman Reedus, sind wir nicht der klassische Held, der mit Waffen um sich ballert, sondern ein Kurier in einer postapokalyptischen Welt, der Menschen wieder miteinander verbinden soll. Das Ziel ist dabei eigentlich immer dasselbe: Fracht von A nach B transportieren und dabei die zersplitterte amerikanische Gesellschaft wieder zusammenführen.

Death Stranding

Story und Gameplay

In Death Stranding verfolgen wir die Geschichte von Sam Porter Bridges, einem Kurier in einer Welt, die von mysteriösen Wesen namens „Beached Things“ (BTs) heimgesucht wird. Nach einem katastrophalen Ereignis namens „Death Stranding“ ist die Menschheit in isolierte Gemeinden zersplittert und Sam soll diese wieder über das „Chiral Network“ miteinander verbinden. Zu Beginn des Spiels wird uns jedoch erst mal angeteasert, dass in dieser Welt der Tod eine völlig andere Bedeutung hat und dabei handelt es sich definitiv nicht um gewöhnliche Zombie-Apokalypse.

Was dann folgt, ist eine Reise durch die amerikanischen Einöden, in der wir sehr viel erleben, was wir so noch nie in einem Videospiel gesehen haben. Kojima hat im Grunde einen spielbaren Science-Fiction-Film geschaffen, bei dem wir über weite Strecken die Regie führen dürfen. Das ist dabei auch in keiner Weise abwertend gemeint. Klar ist Death Stranding als reiner Action-Titel definitiv nicht für jedermann geeignet, als Gaming-Erfahrung liefert es uns aber diese faszinierende Macht, eine zerbrochene Welt wieder zusammenzufügen und zu beobachten, was unsere Handlungen bewirken. Dass die relativ ungewöhnlichen Gameplay-Mechaniken öfter mal nicht das auslösen, was wir aus anderen Spielen gewohnt sind, macht dabei seinen ganz besonderen Reiz aus. Dazwischen gibt es immer wieder Passagen, in denen die Figuren eigenständig agieren und wir sowohl deren Charakter als auch ihre Rolle in dieser bizarren Welt verstehen lernen.

Der Hauptschauplatz von Death Stranding ist ein post-apokalyptisches Amerika, das von übernatürlichen Regen-Stürmen heimgesucht wird. In der kargen, aber atemberaubend schönen Landschaft vermittelt es uns die Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit dieser Welt perfekt. Dann ziehen die BTs auf, die Luft wird schwer und der Albtraum beginnt. In gewohnter Kojima-Manier führen uns Lieferaufträge, komplexe Dialoge, Stealth-Passagen und vor allem das innovative Balancing-System durch die Geschichte. Wer darauf keine Lust hat, verpasst aber den Kern des Spiels, denn Death Stranding lebt von der Meditation des Reisens und der Planung jeder Route.

Wenn man Death Stranding mit anderen Open-World-Spielen vergleicht, stellt man fest, dass hier der Ansatz „Der Weg ist das Ziel“ stärker ausgeprägt ist als „schnelle Action“. Es gibt teilweise sehr lange Passagen, in denen man nur durch die Landschaft wandert und tatsächlich macht genau das den Reiz aus. Das Tragen schwerer Lasten wird zur Kunst, das Überwinden von Hindernissen zur Puzzle-Aufgabe. Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass es manchmal sehr wenig klassische Action gibt – das hätte Action-Fans durchaus abschrecken können, vor allem wenn sich das Spiel nicht auf die emotionale Reise einlässt.

Bei wiederholten Durchläufen ist es möglich, die von anderen Spielern hinterlassenen Strukturen zu nutzen, was dem Spiel eine einzigartige Social-Komponente verleiht. Das fiel in anderen Spielen nie so positiv auf wie hier. Dabei liegt ja der Reiz daran, gemeinsam mit der Community eine bessere Welt aufzubauen und dabei zu helfen, dass andere Spieler ihre Missionen einfacher bewältigen können. Natürlich ist das Gameplay aber auch ohne dieses Element funktionsfähig, doch durch die asynchrone Multiplayer-Komponente entsteht ein Gefühl der Verbundenheit, das perfekt zur Thematik des Spiels passt. Bei einem durchschnittlichen Spieldurchgang kommt man übrigens auf gute 50 Stunden.

Entscheidungen haben Konsequenzen – aber anders als erwartet

Im Vorfeld wurde bereits publik gemacht, dass uns Death Stranding ein völlig neues Spielerlebnis bieten würde. Natürlich ist uns allen klar, dass wir hier keine klassischen Gut-Böse-Entscheidungen treffen werden. Die Entscheidungen liegen vielmehr darin, wie wir unsere Routen planen, welche Ausrüstung wir mitnehmen und wie wir mit anderen Spielern interagieren. Wenn man das Spiel einmal durch hat und die Mechaniken verstanden hat, dann kann man durchaus unterschiedliche Herangehensweisen ausprobieren. Also Variationen sind schon da und auch definitiv ein Wiederspielwert, nur klassische Multiple-Choice-Dialoge werdet ihr hier nicht finden.

Death Stranding PC Screenshot

Grafik und Sound

Bereits die ersten Trailer 2016 sahen unglaublich aus und zauberten eine wahnsinnig packende Atmosphäre auf den Bildschirm. Death Stranding übertrifft diese Erwartungen noch einmal deutlich und setzt neue Maßstäbe für die PlayStation 4. Die Zeiten von „Die Grafik ist zweitrangig, Hauptsache das Gameplay stimmt“ sind hier definitiv vorbei und wir müssen eingestehen, dass gerade durch die hochwertige Optik erst das wirkliche „Sci-Fi-Film“-Feeling entsteht. Dass man die Motion Capture-Rollen wieder mit hervorragenden Akteuren besetzen konnte, trägt auch seinen Teil dazu bei. Norman Reedus als Sam Porter Bridges, Mads Mikkelsen als Cliff Unger, Léa Seydoux als Fragile oder Guillermo del Toro als Deadman – die Besetzung liest sich wie das Who-is-Who Hollywoods und so funktioniert die Verschmelzung von Film und Spiel einfach perfekt. Dazu gesellen sich atemberaubende Landschaftsaufnahmen und kinoreife Kameraführung.

Bei der Soundkulisse lässt man sich auch nicht lumpen, wobei da die Highlights tatsächlich der geniale Soundtrack von Ludvig Forssell und die stimmigen Umgebungsgeräusche sind. Besonders die Songs von Low Roar, die während der Reisen eingespielt werden, sorgen für Gänsehaut-Momente. Aber auch gerade das, was sich nicht in den Vordergrund drängt, hilft hier dabei, ordentlich Atmosphäre aufzubauen. Die deutsche Synchronisation ist ebenfalls erstklassig und sei hier an dieser Stelle lobend erwähnt.

YouTube player

Strand-Typ oder Anti-Strand-Typ?

Das größte Problem von Death Stranding liegt nicht in technischen Mängeln oder schlechter Umsetzung, sondern in der Tatsache, dass es polarisiert wie kein anderes Spiel. Kojima selbst sprach davon, dass es „Strand-Typen“ und „Anti-Strand-Typen“ geben würde. Die einen werden die meditative Ruhe des Reisens, die emotionale Tiefe der Geschichte und die innovative Herangehensweise an das Medium Videospiel lieben. Die anderen werden sich zu Tode langweilen und ein klassischeres Action-Spiel vermissen. Beide Reaktionen sind völlig berechtigt und zeigen, wie mutig Kojima Productions hier vorgegangen ist.

Fazit zu Death Stranding

Zwischen der Ankündigung und dem Release vergingen mehrere Jahre voller Spekulationen und mysteriöser Trailer. Doch trotz aller Geheimniskrämerei hat Kojima am Ende genau das geliefert, was er versprochen hatte: ein völlig neues Spielerlebnis. Als Fan von innovativen Spielkonzepten und besonders von Kojimas Erzählweise war ich natürlich sehr gespannt und hatte, um es mit einem Wort zu beschreiben, „Hoheerwartungen“. Richtig, das ist wieder kein Wort, aber trotzdem beschreibt es das so ganz gut.

Mir hat Death Stranding durchaus Spaß gemacht, wenngleich ich ehrlicherweise gestehen muss, dass es definitiv nicht für jeden geeignet ist. Es ist ein Spiel, das Geduld erfordert, das man auf sich wirken lassen muss und das seine Stärken erst nach einigen Stunden vollständig entfaltet. Die emotionale Reise, die Sam durchlebt, ist dabei ebenso wichtig wie die physische durch die Landschaften Amerikas. Trotzdem wird hier viel richtig gemacht: Das Konzept ist mutig, die Präsentation ist atemberaubend und am Ende gibt es eine der emotionalsten Geschichten, die das Medium Videospiel je erzählt hat.

Kojima Productions liefert mit Death Stranding nicht das, was man erwartet, sondern etwas völlig Neues auf höchstem Niveau. Dem einen mag die langsame Erzählweise nicht gefallen, der nächste hätte sich vielleicht mehr Action gewünscht. Ich persönlich sage, wenn sie schaffen, weiterhin so mutig und innovativ zu sein, dürfen sie gerne so weitermachen. Death Stranding ist kein Spiel für zwischendurch, sondern eine Erfahrung, die man bewusst auf sich nehmen muss. Deswegen freue ich mich jetzt schon total auf das, was Kojima als Nächstes plant, und werde sicher noch oft die Einöden Amerikas durchstreifen, um andere Spieler bei ihren Lieferungen zu unterstützen.

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