Nach jahrelangem Warten ist es soweit: Hideo Kojimas visionäres Meisterwerk kehrt zurück. Death Stranding 2: On the Beach erschien am 26. Juni 2025 und setzt dort an, wo der erste Teil uns mit mehr Fragen als Antworten zurückgelassen hatte. Als jemand, der beim ersten Death Stranding zwischen Faszination und Verwirrung pendelte, war ich gespannt, ob Kojima diesmal die Balance zwischen seinen kreativen Visionen und zugänglichem Gameplay hinbekommt.
Direkt vorweg: Death Stranding 2 ist kein Spiel für jedermann. Wer schon mit dem ersten Teil nichts anfangen konnte, wird auch hier nicht zum Fan werden. Aber für alle, die bereit sind, sich auf Kojimas einzigartige Spielwelt einzulassen, wartet ein Erlebnis, das seinesgleichen sucht.
Story und Gameplay
Die Handlung knüpft einige Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils an. Sam Porter Bridges, erneut verkörpert von Norman Reedus, hat sich in eine kleine Gemeinde zurückgezogen und versucht ein ruhiges Leben zu führen. Doch natürlich lässt die Vergangenheit ihn nicht los. Ohne zu viel zu verraten: Die mysteriösen Erscheinungen am Strand werden immer bedrohlicher und Sam muss erneut eine Reise antreten, die ihn durch noch bizarrere Landschaften führt als beim ersten Mal.
Was sofort auffällt: Kojima hat aus der Kritik am ersten Teil gelernt. Die berüchtigten „Walking Simulator“-Passagen sind zwar immer noch da, aber deutlich abwechslungsreicher gestaltet. Neue Fortbewegungsmittel wie ein verbessertes Motorrad, Segelgleiter und sogar temporäre Portale sorgen dafür, dass die Welt nie langweilig wird. Das Paket-Balancing, das im ersten Teil manchmal frustrierend war, wurde verfeinert. Sams Exoskelett reagiert nun intelligenter auf Gewichtsverteilung und das neue „Load Assist“-System hilft dabei, schwere Lasten zu transportieren, ohne dass man ständig umfällt.
Besonders beeindruckend sind die neuen Gebiete. Neben den bekannten postapokalyptischen Landschaften erkunden wir diesmal auch tropische Inseln, gefrorene Tundren und surreale Traumebenen. Jede Region hat ihre eigenen Herausforderungen: Auf den Inseln müssen wir Boote bauen und navigieren, in der Kälte wird das Ressourcenmanagement zum Überlebenskampf, und in den Traumsequenzen gelten die Gesetze der Physik nicht mehr.
Die neuen BT-Typen (Beached Things) sind deutlich vielfältiger und gefährlicher. Während man früher meist nur still stehen oder schleichen musste, erfordern einige der neuen Kreaturen aktive Strategien. Besonders die „Zeitfresser“-BTs, die Sams Bewegungen verlangsamen, sorgen für intensive Momente.
![[Review] Death Stranding 2: On the Beach 3 YouTube player](https://i.ytimg.com/vi/FsUFglbTgQI/maxresdefault.jpg)
Koop-Modus: Endlich nicht mehr allein
Eine der größten Neuerungen ist der optionale Koop-Modus für bis zu drei Spieler. Ihr könnt gemeinsam Routen planen, Infrastruktur aufbauen und euch bei schwierigen Transporten unterstützen. Das asynchrone Online-System des ersten Teils bleibt erhalten, aber die direkte Zusammenarbeit bringt eine völlig neue Dynamik ins Spiel. Besonders beim Bau größerer Strukturen wie Brücken oder Zipline-Netzwerken macht sich die Teamarbeit bezahlt.
Allerdings – und das ist typisch Kojima – bleibt die Solo-Erfahrung das Herzstück des Spiels. Der Koop-Modus fühlt sich eher wie ein nettes Extra an, das die Kernbotschaft des Spiels über Verbindung und Zusammenhalt verstärkt, anstatt sie zu überschatten.
Grafik und Präsentation
Technisch ist Death Stranding 2 ein Monster. Die Decima Engine wurde noch einmal ordentlich aufgebohrt und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Besonders die Wetter- und Tageszeit-Effekte sind atemberaubend. Wenn ein Zeitregen über die Landschaft fegt und die Tropfen einzelne Objekte altern lassen, während andere unberührt bleiben, ist das schon fast poetisch.
Die Charakteranimationen haben einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Norman Reedus‘ Gesichtsanimationen sind so detailliert, dass man jede Emotion in seinen Augen lesen kann. Auch die neuen Charaktere, darunter überraschende Auftritte von Elle Fanning und Oscar Isaac, wurden mittels hochwertigem Motion Capture perfekt eingefangen.
Was die Performance angeht: Auf der PS5 läuft das Spiel konstant mit 60fps bei 4K-Auflösung. Die Ladezeiten sind praktisch nicht existent – perfekt für ein Spiel, in dem man ständig zwischen verschiedenen Gebieten wechselt. Auch die Haptik des DualSense-Controllers wird hervorragend genutzt: Jeder Schritt fühlt sich anders an, je nach Untergrund und Gewicht der Ladung.
Sound und Musik
Kojima hat wieder ein Händchen für die Musikauswahl bewiesen. Der Soundtrack, komponiert von Ludvig Forssell, schafft es mühelos zwischen meditativen Ambient-Klängen und epischen Orchesterstücken zu wechseln. Besonders die Momente, in denen während langer Wanderungen plötzlich ein Song einsetzt und die Kamera sich für eine kinematische Sequenz öffnet, sorgen für Gänsehaut.
Die neuen lizenzierten Tracks – unter anderem von Radiohead, Sigur Rós und überraschenderweise auch ein Experimental-Stück von Aphex Twin – fügen sich nahtlos in die Spielwelt ein. Wer den ersten Teil gespielt hat, weiß, wie perfekt Kojima Musik und Gameplay miteinander verschmelzen lässt.
Die deutsche Synchronisation ist solide, auch wenn Norman Reedus‘ markante Stimme im Original einfach unersetzlich ist. Die Umgebungsgeräusche sind wie gewohnt phänomenal – das Knirschen von Schnee unter den Füßen, das Rauschen des Windes oder die unheimlichen Geräusche der BTs schaffen eine dichte Atmosphäre.
Die Kritikpunkte
So begeistert ich bin, Death Stranding 2 hat auch seine Schwächen. Die Story ist noch vertrackter und symbolischer als beim Vorgänger. Kojima lässt praktisch keine Gelegenheit aus, seine Philosophie über Verbindung, Isolation und die menschliche Natur zu vermitteln. Das ist nicht per se schlecht, kann aber erschlagend wirken. Besonders die Cutscenes in der Mitte des Spiels ziehen sich teilweise über 30 Minuten, ohne dass viel passiert.
Das Inventarmanagement wurde zwar verbessert, ist aber immer noch umständlich. Besonders frustrierend wird es, wenn man wichtige Ausrüstung vergisst und erst nach einer stundenlangen Tour merkt, dass man das falsche Equipment dabei hat.
Auch die KI der NPCs könnte besser sein. Während die Charaktere in Cutscenes brillieren, wirken sie in den wenigen direkten Interaktionen oft hölzern und reaktionsarm.
Fazit zu Death Stranding 2: On the Beach
Nach etwa 45 Stunden Spielzeit (ja, das Spiel ist lang) kann ich sagen: Hideo Kojima hat es wieder getan. Death Stranding 2 ist kein perfektes Spiel, aber es ist ein wichtiges. In einer Zeit, in der die meisten AAA-Titel nach bewährten Formeln gestrickt sind, traut sich Kojima immer noch, völlig verrückte Experimente zu wagen.
Wer sich darauf einlässt, bekommt ein Erlebnis, das noch lange nachhallt. Die Momente der Ruhe und Kontemplation, unterbrochen von intensiven Action-Sequenzen und emotionalen Höhepunkten, schaffen ein Spiel, das sich anfühlt wie interaktive Kunst.
Ist Death Stranding 2 besser als der erste Teil? In vielen Bereichen definitiv ja. Das Gameplay ist zugänglicher, die Welt vielfältiger und die technische Umsetzung beeindruckend. Aber es bleibt ein Kojima-Spiel durch und durch – mit allem was dazugehört.
Für Fans des ersten Teils ist das hier ein absolutes Muss. Für Neulinge würde ich empfehlen, erstmal den ersten Teil zu spielen oder sich zumindest eine Zusammenfassung anzuschauen. Death Stranding 2 ist kein Spiel, das man mal eben nebenbei spielt. Es verlangt Zeit, Geduld und die Bereitschaft, sich auf etwas völlig Einzigartiges einzulassen.
Und genau das macht es so besonders.
Wertung: 8.5/10
Death Stranding 2: On the Beach ist ab sofort für PlayStation 5 und PC verfügbar. Eine Xbox-Version ist für 2026 angekündigt.