Deathloop

[Review] Deathloop

Mit Deathloop schlägt Arkane Studios neue Wege ein und verlässt das vertraute Terrain der Dishonored-Serie, um uns einen einzigartigen Zeitschleifen-Thriller zu präsentieren. Nach den atmosphärisch dichten Stealth-Abenteuern rund um Corvo und Emily Kaldwin wagt das französische Entwicklerstudio ein aufregendes Experiment: Was passiert, wenn man die bewährte immersive Sim-Formel mit einem Groundhog Day-Szenario kombiniert? Das Ergebnis ist ein stilistisches Meisterwerk, das sowohl Fans von Arkanes bisherigen Werken als auch Neueinsteiger in seinen Bann zieht.

Die Prämisse von Deathloop ist so simpel wie genial: Colt, unser Protagonist, ist in einer Zeitschleife auf der mysteriösen Insel Blackreef gefangen und muss acht Targets – die sogenannten Visionaries – an einem einzigen Tag eliminieren, um aus diesem Albtraum zu entkommen. Doch da ist ein Haken: Seine Widersacherin Julianna jagt ihn unerbittlich und versucht die Schleife aufrechtzuerhalten. Was nach einem simplen Assassinen-Auftrag klingt, entpuppt sich als cleveres Puzzle aus Timing, Planung und pure Willenskraft.

Story

Die Geschichte von Deathloop ist eine Meditation über Routine, Wahnsinn und die Suche nach Sinn in einem scheinbar bedeutungslosen Kreislauf. Colt erwacht jeden Morgen am selben Strand von Blackreef, ohne klare Erinnerungen daran, wie er in diese Situation geraten ist. Die Insel selbst ist ein faszinierender Schauplatz – eine Art wissenschaftliches Disneyland der 1970er Jahre, in dem die AEON-Organisation ein dekadentes Experiment durchführt.

Während Colt verzweifelt versucht, den Kreislauf zu durchbrechen, sammelt er nach und nach Informationen über die Visionaries und ihre Gewohnheiten. Jeder neue Loop bringt neue Erkenntnisse, und nach und nach setzt sich das große Bild zusammen. Die Erzählweise ist dabei alles andere als linear – Informationen werden durch Audioaufzeichnungen, Notizen und Gespräche mit den Charakteren vermittelt, was dem Spieler erlaubt, die Geschichte in seinem eigenen Tempo zu entdecken.

Besonders clever ist die Integration von Julianna als Antagonistin. Sie fungiert nicht nur als konstante Bedrohung, sondern auch als philosophischer Gegenpol zu Colts Befreiungsversuch. Während er verzweifelt aus der Schleife entkommen möchte, hat sie Gefallen an der ewigen Party gefunden und will diese um jeden Preis bewahren. Diese Dynamik verleiht der Geschichte eine emotionale Tiefe, die über das reine Action-Gameplay hinausgeht.

Grafik

Visuell ist Deathloop ein absoluter Augenschmaus. Arkane Studios hat einen unverwechselbaren Retro-Futurismus kreiert, der die psychedelischen 70er Jahre mit Science-Fiction-Elementen mischt. Die vier Hauptgebiete von Blackreef – Updaam, The Complex, Fristad Rock und Karl’s Bay – haben alle ihre eigene Persönlichkeit und verwandeln sich je nach Tageszeit dramatisch.

Das Beleuchtungssystem ist besonders hervorzuheben. Während am Morgen warme, goldene Töne dominieren, wird die Atmosphäre über den Tag hinweg immer düsterer und surrealer. Die Abendstunden tauchen die Insel in ein neongetränktes Spektakel aus Partylights und Laser-Shows, das perfekt die dekadente AEON-Kultur widerspiegelt.

Die Charaktermodelle sind detailreich und ausdrucksstark gestaltet. Colts markantes Design mit der charakteristischen Jacke und den silbernen Pistolen macht ihn zu einer ikonischen Figur, während Julianna als sein perfektes Gegenstück fungiert – elegant, gefährlich und unberechenbar. Die Gesichtsanimationen während der Zwischensequenzen sind überzeugend und transportieren die Emotionen glaubwürdig.

Technisch läuft Deathloop auf der PlayStation 5 butterweich. Die Ladezeiten sind praktisch nicht existent, was dem Loop-Konzept zugutekommt – nichts ist frustrierender als lange Wartezeiten, wenn man denselben Bereich zum zigsten Mal betritt.

YouTube player

Sound

Audiovisuell setzt Deathloop neue Maßstäbe. Der Soundtrack von Tom Salta ist eine perfekte Mischung aus 70er-Jahre-Funk, elektronischen Beats und orchestralen Elementen, die je nach Situation und Tageszeit variieren. Besonders die dynamische Musikuntermalung während der Stealth- und Action-Passagen verdient Lob – sie verstärkt die Spannung, ohne aufdringlich zu werden.

Die Sprachausgabe ist durchweg exzellent. Jason E. Kelley als Colt und Ozioma Akagha als Julianna liefern charismatische Performances ab, die den Charakteren Leben einhauchen. Ihr ständiger Schlagabtausch über Funk während des Gameplays sorgt nicht nur für Unterhaltung, sondern entwickelt auch ihre Beziehung weiter. Die deutschen Untertitel sind präzise übersetzt und machen das Spiel auch für Nicht-Muttersprachler vollständig zugänglich.

Die Umgebungsgeräusche verdienen besondere Erwähnung. Jedes Gebiet hat seine eigene akustische Identität – von den industriellen Klängen des Complex bis hin zu den Partygeräuschen in Updaam. Diese Geräuschkulisse hilft enorm bei der Orientierung und macht Blackreef zu einem lebendigen, atmenden Ort.

Gameplay

Das Herzstück von Deathloop ist die perfekte Verschmelzung von Arkanes bewährter immersive Sim-Philosophie mit dem innovativen Zeitschleifen-Konzept. Jeder Loop dauert einen vollen Tag auf Blackreef, unterteilt in vier Zeitperioden: Morgen, Mittag, Abend und Nacht. In jeder Periode können Spieler eines der vier Hauptgebiete besuchen, wobei sich Feindpositionen, verfügbare Informationen und Möglichkeiten je nach Tageszeit ändern.

Die größte Innovation liegt im persistenten Fortschritt trotz der Zeitschleife. Während Colt seine Ausrüstung und Waffen normalerweise am Ende jedes Loops verliert, kann er durch das Sammeln von Residuum – einer Art Zeitenergie – wichtige Items und Fähigkeiten permanent machen. Dieses System schafft ein geniales Spannungsfeld zwischen Risiko und Belohnung: Sammle ich noch mehr Residuum auf Kosten wertvoller Zeit, oder spiele ich es sicher?

Die Slabs – übernatürliche Fähigkeiten, die von den Visionaries gestohlen werden können – erweitern das Gameplay erheblich. Nexus erlaubt es, Feinde miteinander zu verlinken, Shift ermöglicht Teleportation, und Aether macht Colt nahezu unsichtbar. Jede Fähigkeit kann durch Upgrades weiter modifiziert werden, was zu unterschiedlichen Spielstilen führt.

Besonders clevere Design-Entscheidung ist das Lead-System. Diese Hinweise helfen Spielern dabei, die komplexen Zusammenhänge zwischen den Visionaries zu verstehen und den perfekten Plan zu schmieden. Es fühlt sich nie wie handholding an, sondern wie das natürliche Entdecken eines komplexen Rätsels.

Das PvP-Element durch Julianna kann optional aktiviert werden und bringt eine zusätzliche Spannungsebene ins Spiel. Andere Spieler können als Julianna in eure Welt eindringen und die Mission sabotieren. Diese Invasionen sind stets spannend und unvorhersagbar – manchmal führen sie zu epischen Katz-und-Maus-Spielen durch ganze Stadtteile.

Die Waffenmechanik folgt Arkanes bewährter Philosophie der Vielseitigkeit. Jede Waffe fühlt sich anders an und kann durch Trinkets individuell modifiziert werden. Die Rückstellkraft der DualSense-Controller wird dabei geschickt eingesetzt – jede Waffe hat ihren eigenen „Fingerabdruck“ beim Schießen.

Fazit

Mit Deathloop ist Arkane Studios ein kleines Meisterwerk gelungen, das sowohl Innovation als auch Vertrautheit perfekt balanciert. Die Zeitschleifenmechanik ist weit mehr als nur ein Gimmick – sie ist das narrative und gameplay-technische Rückgrat einer durchdachten Experience, die zum Experimentieren und Entdecken einlädt.

Was Deathloop besonders auszeichnet, ist die Art, wie es mit dem Konzept der Wiederholung umgeht. Anstatt Frustration zu erzeugen, macht jeder neue Loop Spaß, weil er neue Möglichkeiten eröffnet. Die Erkenntnis, dass man die Visionaries in einer bestimmten Reihenfolge eliminieren muss, um sie alle an einem Tag zu erwischen, ist nur der Anfang eines komplexen Puzzles aus Timing, Strategie und Improvisation.

Die technische Umsetzung auf PlayStation 5 ist nahezu tadellos. Kurze Ladezeiten, gestochen scharfe Grafik und die clevere Nutzung der neuen Controller-Features machen deutlich, warum dies ein echtes Next-Gen-Erlebnis ist. Die 60fps-Performance sorgt dafür, dass sowohl hektische Schießereien als auch präzise Stealth-Manöver flüssig von der Hand gehen.

Deathloop richtet sich primär an Spieler, die Freude am Experimentieren haben und bereit sind, sich auf ein unkonventionelles Spielkonzept einzulassen. Wer nach einer linearen Kampagne sucht, könnte anfangs überfordert sein. Doch für alle anderen bietet das Spiel eine der innovativsten und unterhaltsamsten Erfahrungen des Jahres 2021.

Arkane Studios hat einmal mehr bewiesen, dass sie zu den kreativsten Entwicklern der Branche gehören. Deathloop ist nicht nur ein hervorragendes Action-Spiel, sondern auch ein faszinierendes Experiment mit Zeit, Raum und Spielerfreiheit. Ein absolutes Muss für jeden, der Gaming als Kunstform schätzt.

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