[Review] Diablo | GAMEtainment
Blizzard Entertainment hat mit Diablo ein Spiel geschaffen, das die Grenzen zwischen Action und Rollenspiel auf faszinierende Weise verwischt. Wenige Tage nach dem Release am 31. Dezember 1996 ist bereits klar: Hier haben wir es mit einem Titel zu tun, der das Genre der isometrischen Action-RPGs nachhaltig prägen wird. Die Entwickler um David Brevik haben dabei geschickt Elemente aus klassischen Dungeon-Crawlern wie „Rogue“ mit der Zugänglichkeit moderner PC-Spiele verbunden und dabei einen verdammt süchtig machenden Cocktail aus Loot-Jagd und Monsterschlachten kreiert.
Story
Die Geschichte von Diablo ist bewusst schlicht gehalten, aber dennoch atmosphärisch dicht. Das beschauliche Städtchen Tristram wird von seltsamen Ereignissen heimgesucht. Monster tauchen aus den Katakomben unter der örtlichen Kathedrale auf und terrorisieren die Bewohner. König Leoric ist dem Wahnsinn verfallen, und dunkle Gerüchte sprechen von einem uralten Übel, das in den Tiefen erwacht ist. Als tapferer Krieger, geschickter Bogenschütze oder mächtiger Zauberer macht man sich daran, dem Treiben ein Ende zu bereiten.
Was auf den ersten Blick nach Standard-Fantasy-Kost klingt, entwickelt sich zu einer düsteren Geschichte voller Gothic-Horror-Elemente. Die wenigen Dialoge mit den Stadtbewohnern sind geschickt geschrieben und vermitteln eine Atmosphäre der Bedrohung, ohne zu viel zu verraten. Hier wird nicht mit pathetischen Monologen um sich geworfen – stattdessen entfaltet sich die Geschichte größtenteils durch das, was man in den verfluchten Katakomben entdeckt. Das funktioniert überraschend gut und hält die Spannung konstant aufrecht.
Grafik
Visuell ist Diablo ein wahrer Augenschmaus. Die isometrische 2D-Grafik mit ihren vorgerenderten Sprites wirkt auch Ende 1996 noch beeindruckend detailliert und atmosphärisch dicht. Besonders hervorzuheben sind die Lichteffekte, die dem Spiel eine fast schon cineastische Qualität verleihen. Wenn Fackeln flackern oder Zaubersprüche die düsteren Gänge in verschiedene Farben tauchen, entsteht eine Stimmung, die ihresgleichen sucht.
Die Charakteranimationen sind flüssig und glaubwürdig, auch wenn sie naturgemäß nicht die Detailfülle der neuesten 3D-Grafik erreichen können. Dafür punktet Diablo mit seinem unverwechselbaren Stil: Die düstere Gothic-Ästhetik, die sich durch alle 16 Ebenen der Kathedrale zieht, ist konsequent umgesetzt und sorgt für eine dichte Atmosphäre. Blut spritzt realistisch, Monster zerfallen auf überzeugende Weise, und die Umgebungen sind liebevoll mit Details gespickt, die man erst beim genauen Hinsehen entdeckt.
Technisch läuft das Spiel auch auf schwächeren Systemen flüssig, was der Zugänglichkeit sehr zugutekommt. Die Systemanforderungen sind moderat – ein Pentium 90 mit 16 MB RAM reicht vollkommen aus, um in den Genuss der düsteren Atmosphäre zu kommen.
Sound
Akustisch liefert Diablo eine meisterhafte Performance ab. Der Soundtrack von Matt Uelmen ist ein wahres Juwel und trägt maßgeblich zur düsteren Atmosphäre bei. Jede der 16 Ebenen hat ihre eigene musikalische Identität, von den melancholischen Klängen der oberen Stockwerke bis hin zu den bedrohlichen Tönen der tiefsten Gewölbe. Die Musik ist nie aufdringlich, sondern untermalt das Geschehen perfekt und verstärkt die Anspannung in kritischen Momenten.
Die Sprachausgabe verdient besondere Erwähnung. Jeder der drei Charaktere hat seine eigene Persönlichkeit, die durch die Sprecher glaubwürdig vermittelt wird. Besonders der düstere Tonfall des Erzählers sorgt für Gänsehaut-Momente. Auch die Monster verfügen über charakteristische Geräusche – vom Klappern der Skelette bis hin zu den bedrohlichen Brüllern der Dämonen wird jede Kreatur akustisch perfekt in Szene gesetzt.
Die Umgebungsgeräusche runden das Paket ab: Tropfendes Wasser, knarrende Türen und das Echo der eigenen Schritte in den verlassenen Gängen sorgen für eine Atmosphäre, die einen regelrecht in das Spiel hineinzieht.
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Gameplay
Das Herzstück von Diablo ist sein süchtig machender Gameplay-Loop. Die Steuerung ist denkbar einfach: Ein Klick genügt, um sich zu bewegen, anzugreifen oder mit Gegenständen zu interagieren. Diese Einfachheit ist gleichzeitig eine der größten Stärken des Spiels, denn sie macht Diablo auch für Spieler zugänglich, die sonst eher einen Bogen um komplexe Rollenspiele machen.
Die drei Charakterklassen – Krieger, Bogenschütze und Zauberer – bieten völlig unterschiedliche Spielerfahrungen. Der Krieger ist der klassische Nahkämpfer mit hoher Rüstung und verheerenden Nahkampfangriffen. Der Bogenschütze vereint Fernkampfstärke mit guter Beweglichkeit, während der Zauberer mit mächtigen Sprüchen aufwartet, dafür aber extrem verletzlich ist. Jede Klasse erfordert eine andere Herangehensweise an die Kämpfe, was dem Wiederspielwert enormen Auftrieb verleiht.
Das Loot-System ist schlichtweg genial. Ständig fallen neue Waffen, Rüstungen und magische Gegenstände, die man sofort ausprobieren möchte. Die zufällige Generierung der magischen Eigenschaften sorgt dafür, dass man nie genau weiß, was einen als nächstes erwartet. Diese „Nur noch ein Monster, vielleicht fällt ja was Besseres“-Mentalität macht das Spiel extrem süchtig.
Die 16 Ebenen der Kathedrale sind zwar nicht prozedural generiert, aber so geschickt gestaltet, dass jeder Durchgang anders verläuft. Die Monster werden pro Ebene zufällig verteilt, was für Überraschungen sorgt. Besonders gelungen sind die Bossgegner, die echte Herausforderungen darstellen und taktisches Vorgehen erfordern.
Ein besonderes Lob verdient das Mehrspieler-Feature. Über Battle.net kann man mit bis zu drei Freunden gemeinsam in die Unterwelt hinabsteigen. Das macht nicht nur mehr Spaß, sondern eröffnet auch völlig neue taktische Möglichkeiten. Ein Krieger kann die Aufmerksamkeit der Monster auf sich ziehen, während der Zauberer aus der Ferne Flächenschaden verteilt – solche Kombinationen funktionieren hervorragend und sorgen für stundenlangen Spielspaß.
Der Schwierigkeitsgrad ist gut ausbalanciert. Anfangs wirkt das Spiel noch recht harmlos, doch je tiefer man vordringt, desto tückischer werden die Gegner. Spätestens in den unteren Ebenen ist taktisches Vorgehen gefragt, und der finale Bosskampf gegen Diablo selbst stellt eine echte Herausforderung dar.
Technische Umsetzung
Technisch macht Diablo eine gute Figur. Das Spiel läuft stabil und ohne nennenswerte Bugs. Die Ladezeiten zwischen den Ebenen sind kurz, und auch das Speichersystem funktioniert zuverlässig. Besonders beeindruckend ist die nahtlose Integration des Mehrspieler-Modus über Battle.net – hier hat Blizzard Pionierarbeit geleistet und zeigt, wie Online-Gaming in Zukunft aussehen könnte.
Die Benutzeroberfläche ist intuitiv gestaltet und auch für Genre-Neulinge schnell zu durchschauen. Das Inventarsystem funktioniert tadellos, auch wenn die begrenzte Anzahl an Inventarplätzen manchmal für schwierige Entscheidungen sorgt. Aber das gehört wohl zum Konzept und zwingt zu strategischen Überlegungen beim Loot-Management.
Fazit
Diablo ist ein kleines Meisterwerk, das zeigt, wie man komplexe RPG-Mechaniken in ein zugängliches und süchtig machendes Spielerlebnis verpackt. Blizzard Entertainment hat hier nicht nur ein technisch solides Spiel abgeliefert, sondern ein neues Subgenre erschaffen. Die Mischung aus Action und Rollenspiel, kombiniert mit dem genialen Loot-System und der düsteren Atmosphäre, macht Diablo zu einem Titel, den man so schnell nicht vergisst.
Wer auch nur ansatzweise etwas für Fantasy-Rollenspiele übrig hat, sollte sich Diablo nicht entgehen lassen. Das Spiel bietet etwa 20-30 Stunden Spielzeit für den ersten Durchgang, doch der hohe Wiederspielwert durch die verschiedenen Charakterklassen und den Mehrspieler-Modus kann diese Zeit locker verdoppeln oder verdreifachen. Diablo wird sicherlich als Klassiker in die Geschichte eingehen und das Action-RPG-Genre nachhaltig prägen.