Dragon Quest III HD-2D Remake

[Review] Dragon Quest III HD-2D Remake

Mit Dragon Quest III HD-2D Remake hat Square Enix einen der bedeutendsten Meilensteine der JRPG-Geschichte in die Gegenwart geholt. Der dritte Teil der legendären Dragon Quest-Reihe, ursprünglich 1988 für das Famicom erschienen, gilt vielen als das beste Rollenspiel seiner Ära und legte damals Standards fest, die das Genre bis heute prägen. Nach zahlreichen Portierungen und Remasters erhält der Klassiker nun eine vollständige HD-2D-Überarbeitung, die den Titel optisch neu interpretiert, ohne dabei seine Wurzeln zu verleugnen. Aber kann ein über 35 Jahre altes Spielprinzip auch heute noch überzeugen, oder bleibt es eine nostalgische Fingerübung für eingefleischte Fans?

Der Anfang einer Legende

Die Geschichte von Dragon Quest III ist denkbar klassisch gehalten und folgt dem bewährten Schema des Gut-gegen-Böse-Narrativs. Wir schlüpfen in die Rolle des Kindes von Ortega, einem legendären Helden, der einst auszog, um den Erzschurken Baramos zu besiegen. Doch Ortega scheiterte und kehrte niemals zurück. An unserem sechzehnten Geburtstag werden wir vom König von Aliahan vorgeladen und mit einer Mission von höchster Bedeutung betraut: Das Vermächtnis unseres Vaters zu vollenden und Baramos endgültig zu vernichten.

Was auf den ersten Blick wie eine schlichte Fantasy-Erzählung wirkt, entpuppt sich als emotionale Reise, die durch zahlreiche kleinere Geschichten und Schicksale bereichert wird. Dragon Quest war schon immer stark darin, die kleinen menschlichen Momente einzufangen. Sei es das Wiedervereinen verlorener Seelen, das Aufdecken von Intrigen in verschlafenen Dörfern oder die Suche nach einem tragischen Liebespaar. Diese episodischen Erzählstränge, die über die gesamte Spielwelt verteilt sind, verleihen dem Abenteuer eine Tiefe, die man von der simplen Haupthandlung nicht erwarten würde. Besonders gelungen sind die neuen Dialogszenen mit der Mutter des Helden, die zu den emotionalsten Momenten des gesamten Spiels zählen.

Chronologisch betrachtet ist Dragon Quest III übrigens ein Prequel zu den ersten beiden Teilen und bildet den Auftakt der sogenannten Erdrick-Trilogie. Vorkenntnisse sind aber nicht erforderlich, da jeder Teil eine eigenständige Geschichte erzählt. Die Remakes von Dragon Quest I und II sollen 2025 folgen und die Trilogie in HD-2D-Optik vervollständigen.

Pixelkunst trifft auf moderne Technik

Optisch ist Dragon Quest III HD-2D Remake schlichtweg eine Augenweide. Der patentierte HD-2D-Stil von Square Enix, der bereits in Titeln wie Octopath Traveler oder Triangle Strategy begeisterte, erreicht hier seinen vorläufigen Höhepunkt. Die klassische Pixelästhetik der 16-Bit-Ära wird mit modernen 3D-Elementen, dynamischer Beleuchtung und atmosphärischen Effekten kombiniert. Das Resultat ist eine perfekte Symbiose aus Retro-Charme und zeitgemäßer Präsentation.

Die Spielwelt erstrahlt in satten, kräftigen Farben und ist gespickt mit liebevollen Details. Städte und Dörfer wirken lebendig und einzigartig, jedes Gebäude ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Besonders beeindruckend sind die Lichteffekte: Sonnenstrahlen, die sich auf Wasseroberflächen spiegeln, flackernde Fackeln in dunklen Höhlen oder der sanfte Übergang zwischen Tag und Nacht schaffen eine dichte Atmosphäre. Die Kamerafahrten beim Betreten neuer Orte inszenieren die Umgebungen filmreif und laden zum Verweilen ein. Vögel fliegen über den Himmel, Bäume wiegen sich im Wind und die Wassereffekte sind schlichtweg atemberaubend. Es macht einfach Freude, diese Welt zu erkunden und immer wieder neue visuelle Highlights zu entdecken.

Auch akustisch liefert das Remake ab. Der Soundtrack, neu arrangiert und vom Tokyo Philharmonic Orchestra eingespielt, fängt perfekt die Magie des Originals ein und hebt sie auf ein neues Niveau. Die Melodien sind zeitlos und bleiben im Ohr, ohne jemals aufdringlich zu wirken. Die Sprachausgabe liegt ausschließlich auf Englisch und Japanisch vor, fällt aber eher sparsam aus. Nur wenige Zeilen wurden vertont, was angesichts der umfangreichen Dialoge etwas schade ist. Die deutsche Textlokalisierung ist dafür durchweg gelungen, fehlerfrei und stilistisch passend.

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Klassisches Gameplay mit modernem Komfort

Dragon Quest III bleibt seinen Wurzeln treu und setzt auf rundenbasierte Kämpfe mit Zufallsbegegnungen. Während wir die Spielwelt erkunden, werden wir regelmäßig in Kämpfe verwickelt, ohne die Gegner vorher zu sehen. Das Kampfsystem selbst ist bewusst simpel gehalten: Jeder Charakter führt pro Runde einen Befehl aus, die Reihenfolge richtet sich nach dem Agilitätswert. Zur Auswahl stehen Angriffe, Zaubersprüche, Items oder spezielle Fähigkeiten. Was sich nach Schema F anhört, entwickelt durch Buffing und Debuffing sowie die geschickte Nutzung elementarer Schwächen eine überraschende Tiefe.

Eine der größten Neuerungen ist die Klasse des Monsterbändigers, die exklusiv für das Remake eingeführt wurde. Mit dieser können wir besiegte Monster rekrutieren und in der neuen Monsterarena antreten lassen. Diese zusätzliche Spielebene bietet willkommene Abwechslung und belohnt Spieler mit nützlichen Items und Ausrüstung. Das Klassensystem selbst funktioniert wie ein klassisches Jobsystem: Krieger, Magier, Priester, Dieb, Kämpfer, Gaukler und eben der Monsterbändiger stehen zur Auswahl. Jede Klasse bringt eigene Fähigkeiten mit sich und es lohnt sich, die Gruppenzusammenstellung strategisch zu planen.

Das Remake spendiert dem Klassiker zahlreiche Quality-of-Life-Verbesserungen, die das Spielerlebnis deutlich angenehmer gestalten. Eine Sprint-Funktion beschleunigt die Fortbewegung, verschiedene Schwierigkeitsgrade bieten unterschiedliche Herausforderungen und Autosave-Punkte verhindern frustrierende Fortschrittsverluste. Besonders praktisch ist die KI-Funktion für Kämpfe: Wir können unseren Charakteren Verhaltensmuster zuweisen oder die gesamte Gruppe automatisch kämpfen lassen. Bei den häufigen Zufallskämpfen ist das eine enorme Erleichterung. Zudem lässt sich die Kampfgeschwindigkeit anpassen, was Grinding-Sessions deutlich erträglicher macht.

Hilfreich sind auch optionale Quest-Marker auf der Weltkarte, die das nächste Ziel anzeigen, sowie eine Erinnerungsfunktion für Dialoge. Das Original war noch deutlich fordernder und ließ Spieler weitgehend ohne Hilfestellung allein. Das Remake schlägt hier eine gute Balance zwischen Respekt vor dem Original und zeitgemäßem Komfort.

Die Welt von Aliahan und darüber hinaus

Die Spielwelt von Dragon Quest III ist überraschend groß und abwechslungsreich gestaltet. Interessanterweise orientiert sie sich stark an unserer realen Welt, nur eben in einem mittelalterlichen Fantasy-Setting. Unsere Reise führt uns an Orte, die deutlich von echten Ländern und Kulturen inspiriert sind – von einem an Portugal angelehnten Königreich über indisch geprägte Regionen bis hin zu Schauplätzen, die an Ägypten oder Japan erinnern. Diese kulturelle Vielfalt verleiht der Welt eine besondere Note und sorgt für Abwechslung.

Das Erkunden macht richtig Spaß, denn überall gibt es etwas zu entdecken. Kleine Fundstellen mit Items sind über die gesamte Weltkarte verteilt, sowohl an Land als auch auf dem Meer. Wer aufmerksam durch die Landschaft streift, findet Heilkräuter, Ausrüstung und andere nützliche Gegenstände. Auch lohnt es sich, Orte zu verschiedenen Tageszeiten zu besuchen. Der Tag-Nacht-Rhythmus ist nicht nur optisch reizvoll, sondern beeinflusst auch, welche NPCs anzutreffen sind oder welche Zugänge offen stehen. In Häusern sollte man jeden Topf und jedes Fass durchsuchen, denn auch dort verstecken sich regelmäßig Schätze.

Im Spielverlauf schalten wir verschiedene Fortbewegungsmittel frei. Ein Schiff ermöglicht es uns, die Weiten des Ozeans zu erkunden, und später erhalten wir Zugang zu einer weiteren spektakulären Reisemöglichkeit, die ich an dieser Stelle aber nicht spoilern möchte. Die zahlreichen Städte, Burgen, Höhlen und Türme sind liebevoll gestaltet und laden zum Verweilen ein. Jeder Ort hat seinen eigenen Charakter und seine eigenen kleinen Geschichten zu erzählen.

Tradition trifft auf Moderne

Bei aller Liebe zum Detail darf nicht verschwiegen werden, dass Dragon Quest III HD-2D Remake ein Kind seiner Zeit bleibt. Das Spieldesign stammt aus dem Jahr 1988 und das merkt man an vielen Stellen. Die Zufallskämpfe treten mit hoher Frequenz auf und nach einigen Stunden kann das ermüdend wirken. Anders als in modernen JRPGs, wo Gegner in der Spielwelt sichtbar sind und teilweise umgangen werden können, werden wir hier alle paar Schritte in einen Kampf verwickelt. Selbst mit der erhöhten Kampfgeschwindigkeit und der Auto-Battle-Funktion kann sich das auf Dauer zäh anfühlen.

Auch das Balancing ist teilweise fragwürdig. Es gibt Phasen, in denen man deutlich merkt, dass Grinding erforderlich ist, um weiterzukommen. Gegner zeigen keine Statuswerte oder Schwächen an, sodass man durch Ausprobieren herausfinden muss, welche Strategie funktioniert. Das mag Puristen gefallen, wirkt aus heutiger Sicht aber eher wie eine künstliche Verlängerung der Spielzeit. Die Hauptgeschichte selbst ist zwar charmant, aber mit etwa 30 bis 40 Stunden Spielzeit für heutige Verhältnisse eher kompakt. Wer Nebenaufgaben und Geheimnisse komplett ausschöpfen möchte, kommt aber durchaus auf 50 Stunden und mehr.

Die Charaktere der Gruppe, die wir uns zu Beginn selbst zusammenstellen, bleiben größtenteils gesichtslos. Wir können Geschlecht, Aussehen, Name und Klasse frei wählen, doch abgesehen davon entwickeln sie keine eigene Persönlichkeit. Sie sind funktionale Begleiter, nicht mehr und nicht weniger. Das ist dem Original geschuldet, wirkt aber im Vergleich zu modernen Partysystemen mit ausgearbeiteten Charakterbögen etwas blass. Hier hätte man durchaus ein wenig mehr Narrative einbauen können, ohne dem Original untreu zu werden.

Fazit

Dragon Quest III HD-2D Remake ist eine liebevolle Hommage an einen der wichtigsten JRPGs überhaupt. Square Enix gelingt mit diesem Remake ein beeindruckender Balanceakt: Das Spiel bewahrt die Essenz des Originals, ohne dabei altmodisch zu wirken. Die HD-2D-Optik ist schlichtweg grandios und hebt den Titel auf ein neues visuelles Niveau, ohne dabei den Charme der Pixelkunst zu verlieren. Der orchestrale Soundtrack, die atmosphärische Spielwelt und die zahlreichen Quality-of-Life-Verbesserungen machen das Abenteuer zugänglich für neue Spieler und gleichzeitig erfüllend für Veteranen.

Gleichzeitig kann das Remake nicht über alle Schwächen des 36 Jahre alten Designs hinwegtäuschen. Die häufigen Zufallskämpfe, das stellenweise erforderliche Grinding und die fehlende Charakterentwicklung der Gruppenmitglieder zeigen deutlich das Alter des Originals. Auch die Geschichte, so charmant sie in ihren kleinen Momenten sein mag, erreicht nicht die narrative Komplexität moderner JRPGs. Das ist aber kein Makel, sondern schlichtweg die Natur eines klassischen Rollenspiels aus den späten Achtzigern.

Wer bereit ist, sich auf die Konventionen alter Schule einzulassen, bekommt mit Dragon Quest III HD-2D Remake ein wunderschönes, atmosphärisches und durchaus zeitloses Abenteuer geboten. Das Spiel ist eine perfekte Einstiegsmöglichkeit in die Dragon Quest-Reihe und gleichzeitig ein würdiges Denkmal für einen der Genregiganten. Square Enix beweist einmal mehr, dass sie verstehen, wie man Klassiker respektvoll und zeitgemäß aufbereitet. Dragon Quest III HD-2D Remake ist ein Fest für die Augen, eine Freude für die Ohren und ein Geschenk an alle, die JRPGs lieben – ob nun Neueinsteiger oder langjährige Fans.

Getestet auf: PlayStation 5
Auch erhältlich für: Nintendo Switch, Xbox Series X|S, PC (Steam)
Release: 14. November 2024
Publisher: Square Enix
Entwickler: Artdink, Team Asano

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