Dying Light

[Review] Dying Light

Nach Dead Island wagte sich Techland erneut an ein Zombie-Szenario und präsentiert mit Dying Light einen frischen Ansatz für das mittlerweile durchaus ausgelutschte Genre. Der polnische Entwickler kombiniert Parkour-Mechaniken mit Survival-Horror und verspricht eine beklemmende Open-World-Erfahrung in der fiktiven Stadt Harran. Ob dieser Mix funktioniert und wie sich das Spiel gegen die übermächtige Konkurrenz der Untoten-Shooter behauptet, klären wir in unserem ausführlichen Test.

Willkommen in Harran – einer Stadt am Abgrund

Die Geschichte versetzt uns in die Rolle von Kyle Crane, einem Undercover-Agenten der Global Relief Effort (GRE), der in die Quarantänezone von Harran geschickt wird. Seine Mission: Eine wichtige Datei finden, bevor sie in die falschen Hände gerät. Was zunächst wie ein simpler Auftrag klingt, entwickelt sich schnell zu einem Überlebenskampf epischen Ausmaßes. Harran wird von einer mysteriösen Zombie-Seuche heimgesucht und die wenigen Überlebenden haben sich in verschiedene Fraktionen aufgeteilt. Dort gibt es die Anhänger von Kadir Suleiman, genannt „Rais“, einem brutalen Warlord der seine Macht mit eiserner Hand durchsetzt. Auf der anderen Seite steht eine Gruppe von Überlebenden in einem Turm, angeführt von Harris Brecken – ein ehemaliger Parkour-Instruktor, der sich mehr oder weniger notgedrungen in die Führungsrolle gedrängt sieht.

Crane muss sich zunächst das Vertrauen der Turm-Bewohner verdienen und wird dabei schnell in deren alltägliche Überlebenskämpfe verwickelt. Die Geschichte entwickelt sich solide, auch wenn sie keine großen Überraschungen bereithält. Was die Handlung aber schafft, ist eine nachvollziehbare Motivation zu liefern und die beklemmende Atmosphäre einer dem Untergang geweihten Stadt einzufangen. Charaktere wie Jade Aldemir oder der zwielichtige Rais bleiben zwar eher Archetypen, erfüllen aber ihren Zweck. Die Synchronisation kann sowohl in Englisch als auch in Deutsch überzeugen, wobei besonders die englische Fassung mit Roger Craig Smith als Kyle Crane punkten kann.

Tagsüber Jäger, nachts Gejagte

Das Kernstück von Dying Light ist zweifellos das innovative Tag-Nacht-System, das dem Gameplay eine zusätzliche Dimension verleiht. Bei Tageslicht bewegen wir uns relativ sicher durch die Straßen von Harran. Die Zombies sind träge, unkoordiniert und lassen sich mit etwas Geschick problemlos umgehen oder ausweichen. Sobald jedoch die Dunkelheit hereinbricht, ändert sich die Situation dramatisch. Plötzlich tauchen die sogenannten Volatiles auf – extrem schnelle, aggressive und nahezu unbesiegbare Nachtjäger, die Crane gnadenlos verfolgen. In diesen Momenten wird aus dem Jäger ganz schnell Beute und man ist gut beraten, sich in ein sicheres Versteck zurückzuziehen oder zumindest im Schutz von UV-Licht zu bleiben, vor dem die Kreaturen zurückweichen.

Diese Mechanik funktioniert hervorragend und sorgt für echte Spannung. Wer sich nachts hinauswagt, wird mit doppelten Erfahrungspunkten belohnt, muss aber das ständige Risiko abwägen. Es entsteht ein permanentes Spannungsfeld zwischen Gier nach Fortschritt und der nackten Angst vor den Schrecken der Dunkelheit. Besonders in den ersten Spielstunden, wenn Crane noch kaum über brauchbare Waffen oder Ausrüstung verfügt, jagt einem die Nacht echten Respekt ein. Das Gefühl, von mehreren Volatiles durch die dunklen Gassen gehetzt zu werden, während man verzweifelt nach einem Unterschlupf sucht, ist schlichtweg grandios inszeniert.

Parkour trifft auf Zombie-Apokalypse

Was Dying Light von anderen Zombie-Spielen abhebt, ist das durchdachte Parkour-System. Crane bewegt sich fließend durch die urbane Umgebung, klettert über Dächer, springt von Gebäude zu Gebäude und nutzt die Vertikalität der Stadt zu seinem Vorteil. Die Steuerung fühlt sich anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig an, aber nach kurzer Zeit geht das Traversieren in Fleisch und Blut über. Besonders gelungen ist dabei die Tatsache, dass die Bewegungen physikalisch glaubwürdig wirken. Crane schwingt sich nicht wie ein Superheld durch die Gegend, sondern muss sich tatsächlich hochziehen, hangelt und kann durchaus auch mal einen Sprung nicht schaffen.

Das Fortschrittssystem unterteilt sich in drei Kategorien: Survivor, Agility und Power. Während Survivor-Punkte hauptsächlich durch Quests verdient werden, levelt sich Agility durch Bewegung und Parkour-Aktionen. Power-Punkte gibt es für das Erledigen von Gegnern. Dadurch ergibt sich ein organisches Leveling, das den eigenen Spielstil widerspiegelt. Wer viel auf Dächern unterwegs ist, wird automatisch zum besseren Kletterer. Wer sich lieber durch Zombie-Horden schlägt, wird im Kampf stärker. Die Skillbäume bieten eine gute Auswahl an Fähigkeiten, von nützlichen Parkour-Moves wie dem Dropkick bis hin zu mächtigen Kampfangriffen.

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Nahkampf mit Gewicht

Das Kampfsystem setzt primär auf Nahkampfwaffen und das fühlt sich überraschend wuchtig an. Jeder Schlag mit einer Machete, jeder Tritt gegen einen Zombie hat Gewicht und Impact. Die Waffen nutzen sich ab und gehen zu Bruch, was dem Ganzen einen Survival-Aspekt verleiht. Zu Beginn des Spiels ist man mit klapprigen Rohren und rostigen Macheten unterwegs, die nach wenigen Treffern zerbrechen. Im Spielverlauf finden wir besseres Equipment und können Waffen mit verschiedenen Modifikationen aufwerten. Die Crafting-Optionen sind vielfältig und reichen von simplen elektrischen Modifikationen über Feuer-Upgrades bis hin zu giftigen Klingen.

Schusswaffen gibt es auch, allerdings sind sie rar gesät und Munition ist kostbar. Das ist eine bewusste Design-Entscheidung und funktioniert gut, denn Schüsse locken zusätzliche Zombies an. So überlegt man sich zweimal, ob man wirklich zur Pistole greift oder lieber versucht, sich leise aus der Affäre zu ziehen. Das Kampfsystem ist nicht perfekt – manchmal fühlen sich die Treffer nicht ganz präzise an und die Stamina-Leiste ist gerade anfangs sehr limitierend. Aber genau das trägt zum Survival-Gefühl bei. Crane ist kein übermächtiger Krieger, sondern muss seine Ressourcen klug einteilen.

Eine Stadt voller Leben und Tod

Harran selbst ist der heimliche Star von Dying Light. Die Stadt wirkt authentisch, verwahrlost und gefährlich. Überall sieht man die Spuren der Katastrophe: Verbarrikadierte Häuser, verlassene Autos, improvisierte Fallen und Zeichen verzweifelter Überlebensversuche. Die Umgebung ist erstaunlich detailreich gestaltet und lädt zum Erkunden ein. Auf den Dächern finden sich Versorgungskisten, in Wohnungen kann man nach nützlichen Gegenständen suchen und überall lauern kleine Geschichten, die das Schicksal der früheren Bewohner erahnen lassen.

Die Queststruktur folgt dem bewährten Open-World-Prinzip. Es gibt die Hauptmissionen, die die Story vorantreiben, sowie zahlreiche Nebenquests und Zufallsereignisse. Manche Aufgaben fühlen sich etwas repetitiv an – wieder einmal Vorräte besorgen, wieder einen Außenposten räumen – aber die meisten Missionen sind solide inszeniert und bieten genug Abwechslung. Besonders die größeren Side-Quests erzählen oft berührende Geschichten über das Überleben in der Apokalypse. Auch wenn man hier keine revolutionäre Questgestaltung erwarten darf, motiviert die Belohnung in Form von Erfahrungspunkten und besserem Equipment durchaus zum Erledigen.

Gemeinsam gegen die Horden

Der Koop-Modus für bis zu vier Spieler fügt sich nahtlos ins Spielgeschehen ein. Freunde können jederzeit der eigenen Welt beitreten und gemeinsam die Missionen bestreiten. Das macht nicht nur Spaß, sondern verändert auch die Dynamik erheblich. Zu zweit oder zu viert sind selbst nächtliche Ausflüge plötzlich machbar, wenn auch immer noch gefährlich. Besonders erwähnenswert ist der asymmetrische Multiplayer-Modus „Be the Zombie“, bei dem ein Spieler die Rolle des Night Hunters übernimmt und andere Spieler jagt. Dieser Modus, der ursprünglich als Vorbesteller-Bonus geplant war, ist mittlerweile in der Standard-Version enthalten und bietet eine willkommene Abwechslung. Als Night Hunter verfügt man über besondere Fähigkeiten und Tentakel-artige Anhängsel, mit denen man sich durch die Stadt schwingt. Es entsteht ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel, das richtig intensiv werden kann.

Technik und Atmosphäre überzeugen

Technisch macht Dying Light eine gute Figur. Die Grafik ist detailliert, die Animationen flüssig und die Beleuchtung trägt enorm zur Atmosphäre bei. Besonders der Übergang von Tag zu Nacht ist beeindruckend inszeniert. Wenn die Sonne langsam untergeht und die Schatten länger werden, steigt die Anspannung spürbar. Die Performance ist solide, auch wenn es in besonders hektischen Situationen mit vielen Gegnern auf dem Bildschirm zu leichten Einbrüchen kommen kann. Die Ladezeiten halten sich in Grenzen und stören den Spielfluss nicht.

Akustisch punktet Dying Light ebenfalls. Der Soundtrack hält sich dezent im Hintergrund und unterstützt die Atmosphäre, ohne aufdringlich zu werden. Besonders gelungen sind die Soundeffekte. Das Stöhnen der Zombies, das Knacken brechender Knochen und vor allem die bedrohlichen Schreie der Volatiles erzeugen eine konstante Grundspannung. Wer mit Kopfhörern spielt, bekommt ein besonders immersives Erlebnis geboten. Man hört genau, wo sich Gefahren befinden, und kann sein Verhalten entsprechend anpassen.

Fazit zu Dying Light

Techland ist mit Dying Light ein richtig gutes Zombie-Spiel gelungen, das sich durch seine Parkour-Mechanik und das clevere Tag-Nacht-System von der Masse abhebt. Die Kombination aus Exploration, Kampf und dem ständigen Balanceakt zwischen Gier und Vorsicht funktioniert hervorragend und motiviert über viele Stunden. Die Spielwelt von Harran ist atmosphärisch dicht, das Gameplay macht Spaß und der Koop-Modus sowie der asymmetrische Multiplayer bieten zusätzlichen Langzeitspaß.

Kleinere Schwächen wie die etwas vorhersehbare Story, gelegentliche Repetition bei Nebenquests und ein nicht ganz perfektes Kampfsystem können den positiven Gesamteindruck kaum trüben. Wer bereit ist, sich auf die Regeln von Harran einzulassen und die Nächte zu fürchten lernt, bekommt hier ein packendes Survival-Erlebnis geboten. Dying Light ist definitiv eine Empfehlung für alle Fans von Zombie-Spielen und zeigt eindrucksvoll, dass das Genre noch lange nicht ausgelutscht ist, wenn man nur frische Ideen einbringt.

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