Eine neue Ära beginnt – und das nicht nur auf dem Papier. Mit EA Sports FC 24 vollzieht Electronic Arts den größten Wandel in der Geschichte ihrer Fußballsimulation. Nach drei Jahrzehnten endet die Partnerschaft mit der FIFA und ein neues Kapitel wird aufgeschlagen. Der markante FIFA-Schriftzug ist Geschichte, doch die wichtige Frage lautet: Ist das Spiel darunter immer noch dasselbe Meisterwerk, das Millionen von Spielern Jahr für Jahr begeistert? Oder hat EA die Chance genutzt, mit dem Namensbruch auch spielerisch neue Wege zu gehen?
Während der Wechsel von FIFA zu EA Sports FC anfangs für Unsicherheit sorgte, machte Publisher Electronic Arts schnell klar, dass man trotz fehlendem FIFA-Logo nicht auf Lizenzen verzichten muss. Mit über 19.000 lizenzierten Spielern, 700 Mannschaften und 30 Ligen präsentiert sich FC 24 als umfassendstes Fußballspiel, das es je gab. Premier League, LaLiga, Bundesliga, UEFA Champions League – alle wichtigen Wettbewerbe sind nach wie vor mit dabei. Neu hinzugekommen sind die spanische Liga F und die deutsche Frauen-Bundesliga, was das Engagement von EA im Frauenfußball unterstreicht. Selbst der prestigeträchtige Ballon d’Or ist erstmals offiziell lizenziert. Die Befürchtung, ohne FIFA-Namen würde das Spiel an Authentizität verlieren, war also völlig unbegründet.
Der neue Star auf dem Cover
Nach drei Jahren Amtszeit von Kylian Mbappé übernimmt nun ein neues Gesicht die Rolle des Cover-Stars: Erling Haaland. Der norwegische Torjäger von Manchester City ziert die Standard Edition und symbolisiert perfekt den Generationswechsel im Weltfußball. Die Ultimate Edition geht sogar noch einen Schritt weiter und präsentiert ein wahres Who’s Who des Fußballs mit 31 Legenden und aktuellen Stars, darunter Rudi Völler, Zinédine Zidane, Pelé, David Beckham und viele mehr. Diese Würdigung der Fußballgeschichte verdeutlicht, dass EA Sports FC mehr sein will als nur ein Nachfolger – es soll ein Neuanfang mit Respekt vor der Vergangenheit sein.
Technologie trifft auf Authentizität
Das Herzstück von FC 24 bildet ein Triumvirat aus drei hochmodernen Technologien: HyperMotionV, PlayStyles und die verbesserte Frostbite Engine. Besonders HyperMotionV stellt einen gewaltigen Sprung dar. Während frühere Versionen der HyperMotion-Technologie bereits beeindruckend waren, geht die neueste Iteration noch deutlich weiter. Mithilfe volumetrischer Daten aus über 180 professionellen Männer- und Frauenfußballspielen wurden sämtliche 22 Spieler auf dem Platz gleichzeitig erfasst. Das Resultat sind über 11.000 authentische Animationen – fast doppelt so viele wie im Vorjahr.
Was das in der Praxis bedeutet? Spieler bewegen sich nicht mehr wie vorprogrammierte Roboter, sondern wie echte Athleten. Die KI-gestützte Funktion „AI Mimic“ analysiert die volumetrischen Bewegungsdaten realer Fußballer und bildet deren charakteristische Laufstile nach. Über 1.200 der weltbesten Spieler verfügen über ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Gang. Haalands kraftvoller Laufstil unterscheidet sich merklich von der geschmeidigen Fortbewegung eines Vinícius Júnior. Diese Liebe zum Detail zahlt sich aus und sorgt für jede Menge authentische Momente.
PlayStyles – Der Unterschied liegt im Detail
Eine der spannendsten Neuerungen sind die sogenannten PlayStyles, die das bisherige Trait-System komplett ersetzen. Basierend auf echten Spielerdaten von Opta werden hier die charakteristischen Fähigkeiten der Stars ins Spiel übertragen. Insgesamt 34 verschiedene PlayStyles decken alle Facetten des Fußballs ab – vom Powershot über Finesse-Schüsse bis hin zu defensiven Spezialfähigkeiten wie dem perfekt getimten Tackling.
Besonders interessant wird es bei den PlayStyles+. Diese erweiterte Variante hebt die Fähigkeiten auf Weltklasse-Niveau und macht den Unterschied zwischen einem guten und einem herausragenden Spieler spürbar. Aktiviert man beispielsweise den Finesse Shot+ von Son Heung-min, erscheint ein Symbol über seinem Kopf und der Ball fliegt mit einer Präzision ins Netz, die man so nur von den Allerbesten kennt. Es ist ein herrlich altmodisches, videospielhaftes Gefühl – vergleichbar mit dem Freischalten eines neuen Zaubers in einem Rollenspiel. Jedes Mal, wenn man einen neuen PlayStyle+ entdeckt, möchte man ihn sofort ausprobieren.
Das System funktioniert über alle Modi hinweg. In Ultimate Team sind die PlayStyles fest an bestimmte Karten gebunden, während man in Karrieremodus und Pro Clubs gezielt an spezifischen Fähigkeiten arbeiten kann. Diese Individualisierung verleiht jedem Spieler eine eigene Identität und macht die Kaderplanung deutlich interessanter. Es geht nicht mehr nur um reine Zahlenwerte, sondern um die Frage, welche besonderen Fähigkeiten am besten zur eigenen Spielweise passen.
Präzision auf dem Rasen
Die Gameplay-Verbesserungen beschränken sich nicht nur auf Animationen und Fähigkeiten. Mit Features wie Precision Passing, Controlled Sprint und Effort Dribble Touch reagiert EA auf die Wünsche der Community nach mehr Kontrolle und Präzision. Der Precision Pass erlaubt filigrane Zuspiele, bei denen optional Linien auf dem Bildschirm anzeigen, wohin der Ball gehen wird. Zusätzlich lassen sich Effet und Schnitt hinzufügen, was besonders bei Schlüsselpässen in enge Räume Gold wert ist.
Beim Dribbling gibt es ebenfalls Fortschritte. Der Controlled Dribble Sprint ermöglicht engere Ballführung bei hohem Tempo, während der Effort Dribble Touch dafür gedacht ist, explosiv an Gegnern vorbeizuziehen. Diese Mechaniken erfordern etwas Übung, sind aber keineswegs zu komplex. EA hat hier einen guten Mittelweg gefunden zwischen Zugänglichkeit für Gelegenheitsspieler und taktischer Tiefe für Hardcore-Fans.
Defensiv wurden ebenfalls Anpassungen vorgenommen. Spieler mit bestimmten Defensive PlayStyles haben Zugriff auf den Stop Ball Tackle, eine saubere Balleroberung die perfekte Konterchancen eröffnet. Auch das Shielding wurde überarbeitet – Spieler mit höheren Kraftwerten können den Ball länger effektiv abschirmen, während schwächere Gegenspieler nach kurzer Zeit an Wirkung verlieren.
Eine Welt voller Spielmodi
Die bewährten Modi kehren allesamt zurück und wurden teilweise aufgefrischt. Ultimate Team bleibt das Zugpferd der Serie und erhält mit dem neuen Evolutions-Feature zusätzliche Tiefe. Erstmals können Spielerinnen und Spieler gemeinsam auf dem Platz stehen – eine längst überfällige Neuerung, die das Kaderbuilding nochmal interessanter macht. Die größte Neuerung: FIFA Points sind Geschichte, jetzt sammelt man FC Points. An der Mechanik ändert sich nichts, der Name ist neu.
Der Karrieremodus für Trainer erhält dringend benötigte Verbesserungen. Mit einer neuen Trainingssteuerung lassen sich gezielt spielentscheidende Fähigkeiten trainieren, und die brandneue Spectate-Funktion mit Manager-Kamera ermöglicht es, Spiele aus der Perspektive eines Trainers zu verfolgen, ohne direkt einzugreifen. Dynamic Moments sorgen für besondere Höhepunkte – von individuellen Award Ceremonies bis hin zu einer eigenen Siegesparade bei Titelgewinnen. Diese kleinen Details machen die Karriere lebendiger und emotionaler.
In der Spielerkarriere hilft nun ein Spieleragent bei der Karriereplanung. Er gibt Empfehlungen ab und zeigt Wege auf, wie man den nächsten Schritt in der Karriere gehen kann. Das nimmt dem Modus etwas von seiner früheren Beliebigkeit und gibt der eigenen Entwicklung mehr Struktur.
Clubs und VOLTA Football sind ebenfalls wieder dabei, wobei vor allem die erweiterte Cross-Play-Funktion hervorsticht. Alle Online-Modi unterstützen nun plattformübergreifendes Spielen, sodass man endlich auch mit Freunden zocken kann, die eine andere Konsole besitzen. Diese längst überfällige Funktion sorgt für volle Lobbys und kürzere Wartezeiten.
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Optik und Akustik auf höchstem Niveau
Technisch bewegt sich FC 24 auf dem absoluten Höhepunkt dessen, was die Current-Gen-Konsolen hergeben. Die verbesserte Frostbite Engine in Kombination mit der SAPIEN-Technologie, die bereits in Madden 24 zum Einsatz kam, sorgt für noch realistischere Körpertypen und Bewegungsabläufe. Die Beleuchtung in den Stadien wurde komplett überarbeitet – Feature Lighting verleiht jedem Match eine einzigartige, atmosphärische Stimmung. Nebel, Scheinwerfer und Lichtshows in Ultimate Team verstärken diesen Effekt zusätzlich.
Die Spielermodelle wirken lebensechter denn je. Dank verbesserter Cloth-Physics bewegen sich Trikots und Haare natürlicher, und die Gesichtsanimationen sind beeindruckend detailliert. Man erkennt die Stars sofort – nicht nur an ihrer Spielnummer, sondern auch an ihren charakteristischen Gesichtszügen und ihrer Körpersprache.
Akustisch liefert FC 24 ebenso ab. Die Stadionatmosphäre ist dichter geworden, mit verbesserten Fangesängen und realistischen Reaktionen der Menge auf das Spielgeschehen. Der Soundtrack vereint wie gewohnt eine bunte Mischung internationaler Künstler und sorgt für die richtige Stimmung in den Menüs. Die Kommentatoren leisten solide Arbeit, auch wenn hier nach wie vor gelegentliche Wiederholungen auffallen – aber das ist ein Problem, das praktisch jede Sportspiel-Serie betrifft.
Ladezeiten und Performance
Ein großer Pluspunkt ist die Performance. Auf PlayStation 5 und Xbox Series X läuft das Spiel butterweich mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde. Dank der SSD sind die Ladezeiten minimal – von der Menüauswahl bis zum Anpfiff vergehen oft nur wenige Sekunden. Das sorgt für einen flüssigen Spielfluss, besonders wichtig wenn man schnell mal eine Partie einschieben möchte.
Auf den Last-Gen-Konsolen PlayStation 4 und Xbox One ist FC 24 natürlich ebenfalls spielbar, allerdings ohne HyperMotionV-Features. Wer das volle Erlebnis möchte, sollte auf eine Current-Gen-Konsole oder einen leistungsfähigen PC setzen.
Kleinere Kritikpunkte
Bei aller Begeisterung gibt es auch einige Bereiche, in denen FC 24 nicht ganz überzeugt. Das größte Manko ist die fehlende Innovation in einigen Modi. VOLTA Football beispielsweise wirkt mittlerweile etwas angestaubt und hätte eine frische Aufmachung vertragen können. Auch Ultimate Team, so unterhaltsam es ist, bleibt im Kern das gewohnte Sammelkartenspiel mit all seinen auf Mikrotransaktionen ausgelegten Mechaniken. Hier wäre mehr Mut zu Veränderungen wünschenswert gewesen.
Die KI zeigt sich in den meisten Situationen kompetent, hat aber noch immer ihre Aussetzer. Gelegentlich laufen KI-gesteuerte Spieler in ungünstige Positionen oder reagieren bei Standardsituationen nicht optimal. Das fällt besonders auf höheren Schwierigkeitsstufen auf, wo taktische Fehler sofort bestraft werden.
Ein weiterer Punkt betrifft die Barrierefreiheit. Zwar wurden mit den PlayStyles neue Möglichkeiten geschaffen, doch die schiere Menge an Mechaniken und Features kann für Einsteiger überwältigend sein. Ein ausführlicheres Tutorial oder eine bessere Einführung in die neuen Systeme hätte nicht geschadet.
Fazit zu EA Sports FC 24
EA Sports hat den Sprung gewagt und mit EA Sports FC 24 bewiesen, dass der Name FIFA letztendlich nur ein Label war. Was wirklich zählt, sind die Lizenzen, das Gameplay und die Community – und in allen drei Bereichen liefert FC 24 ab. Die drei tragenden Säulen HyperMotionV, PlayStyles und die verbesserte Frostbite Engine sorgen für das authentischste Fußballerlebnis, das es je gab. Jeder Spieler fühlt sich individuell an, die Bewegungen sind realistischer denn je, und die taktischen Möglichkeiten sind vielfältiger geworden.
Die Befürchtungen, dass ohne FIFA-Lizenz die Qualität leiden würde, haben sich als unbegründet erwiesen. Im Gegenteil – EA Sports hat die Chance genutzt, eine neue Ära einzuläuten. Mit über 19.000 Spielern, allen wichtigen Ligen und Wettbewerben sowie innovativen Features wie den PlayStyles ist FC 24 nicht nur ein würdiger Nachfolger der FIFA-Reihe, sondern markiert einen echten Neuanfang.
Für Veteranen der Serie bedeutet der Umstieg keine drastische Umgewöhnung. Das Grundgerüst ist vertraut, doch die Feinheiten machen den Unterschied. Wer die FIFA-Spiele der letzten Jahre gemocht hat, wird auch FC 24 lieben. Neueinsteiger bekommen mit FC 24 den perfekten Einstiegspunkt in die Welt der Fußballsimulationen geboten – ein Spiel, das sowohl zugänglich als auch tiefgründig ist.
EA Sports FC 24 ist ein Befreiungsschlag, der zeigt, dass Electronic Arts auch ohne den markanten FIFA-Schriftzug großartige Fußballspiele entwickeln kann. Die neue Ära hat begonnen – und sie fängt verdammt gut an. Wir dürfen gespannt sein, wohin die Reise in den kommenden Jahren führt, doch der erste Schritt ist definitiv geglückt.