Immortals Fenyx Rising heißt der neueste Open World-Spross aus dem Hause Ubisoft. Ubisoft war immer schon Vorreiter in Sachen offener Spielwelt. Die Assassins Creed Reihe hat gezeigt, wie man reale Geschichte mit Videospielen kombiniert, ohne langweilig zu werden. Doch das Setting hat nur ein gewisses Publikum angesprochen, zu welchem ich nicht angehört habe. Umso mehr hat es mich erfreut, als 2019 “Gods and Monsters” angekündigt worden ist, ein Open World-Titel im antiken Griechenland mit comichaften Look. 2020 wurde das Spiel von Ubisoft Quebec fertig entwickelt und in Immortals Fenyx Rising umbenannt. Ob sich der Titel nun in die Reihe wunderbarer Ubisoft-Spiele einreihen darf, oder das Spiel lieber in den Gewölben des Tartaros verschwinden sollte, klären wir im Test!
Alleine in einer großen Welt
Göttervater Zeus ist verzweifelt. Die Welt steht vor dem Abgrund, denn Typhon, Sohn von Gaia und Tartaros, möchte Rache nehmen. Um Hilfe zu bekommen, trifft er sich mit Prometheus, der von Zeus auf einem Berg angekettet worden ist. Der Göttervater hat ihn bestraft, da er das Feuer von den Göttern gestohlen hat und den Menschen übergeben hat. Nichtsdestotrotz weiß Zeus, dass Prometheus an Menschenfreund ist und er als einziger in der Lage ist jemanden zu finden, der die Welt von Typhon befreit. Erst nach der Einwilligung des Göttervaters, dass Prometheus begnadigt wird, erzählt er von Fenyx…
Fenyx’ Reise beginnt auf einem Schiff, welches auf dem Weg zurück in die Heimat ist. Doch dieses Ziel soll es nie erreichen, denn die Mannschaft wird von einem heftigen Gewitter überrascht. Dieser Sturm ist so stark, dass das gesamte Schiff entzweit wird und Fenyx in die Tiefen des See gerissen wird. Als unser Held wieder wach wird, bemerkt er, dass er an einem unbekannten Ort angekommen ist, mutterseelenallein. Auch die Menschen um ihn herum sind nicht lebendig, sondern in Stein verwandelt worden. Erst ein jungen Mann, der sich als der Götterbote Hermes vorstellt, erklärt Fenyx, dass Typhon an der misslichen Situation Schuld ist. Dieser wurde einst von den Göttern, unter der Führung von Zeus, besiegt und versiegelt, sodass dieser nie wieder Leid über Griechenland bringen könne. Doch diese Versiegelung wurde gebrochen und die Rache war da. Typhon hat die Götter besiegt und entmachtet und macht jetzt Jagd auf alles und jedem der sie unterstützt.
Hermes erklärt Fenyx, dass es nun an ihm liegt, den Götter ihre wahren Stärke zurückzubringen und zu vereinen. Doch das diese Aufgabe nicht einfach wird ist ihm sofort klar. Nicht nur das sich die Fauna und die Flora gegen unseren Helden steht, sondern auch die Halbgötter von Typhon besessen sind. Fenyx stellt sich aber der Herausforderung und beginnt seine lange beschwerliche Reise.
Fenyx muss klein anfangen…
Bevor man die Reise beginnt, kann man “seinen” Fenyx individuell erstellen. Der Individualität ist aber Grenzen gesetzt. Zuerst sucht man sich auch, ob die gespielte Figur männlich oder weiblich ist. Dann können aus einem überschaubaren Arsenal an Frisuren und körperlichen Merkmalen der Charakter fertiggestellt werden. Auf einen umfangreichen Charaktereditor á la Skyrim muss man aber verzichten.
Ist man fertig, kann die Reise auch schon losgehen. Das griechische Gebiet ist in vier große Gebiete unterteilt und in drei kleinere. Die Größe ist dabei keinesfalls untertrieben, betrachtet man allein nur das erste Gebiet. Dort habe ich bei meinem Test schon zwanzig Stunden verbracht, ohne alle Nebenquest abzuschließen. Deswegen braucht man sich nicht wundern, wenn man mit Immortals Fenyx Rising über hundert Stunden Spielzeit erreichen kann, aber dazu später mehr.
Fenyx stehen keineswegs alle Fähigkeiten von Beginn an zur Verfügung. Diese müssen erst nach und nach freigespielt werden. Dieser Aspekt wirkt sich aber nicht negativ aus, vielmehr erlebt man die Geschichte viel interaktiver. Nimmt man beispielsweise die serientypischen Flügel her. Unser Held erfährt in einer kleinen Storyline wie und woher diese Flügel stammen und Ubisoft bedient sich hierbei nicht an irgendwelchen fiktiven Geschichten. Es werden die Sagen rund um die griechische Mythologie wiedergegeben. Bei dem Beispiel mit den Flügeln wird die Geschichte rund um Ikarus erzählt. Hat unser Held nun schlussendlich seine Flügel erhalten, hat er nun die Möglichkeit die Welt im Fluge zu erobern. Diese Fähigkeit stellt sich als einer der wichtigsten im Spielverlauf dar.
Was aber wirklich störend am Storytelling ist, sind die Comedy Einlagen des Erzähler-Duos Zeus und Prometheus. Während dem gesamten Spielverlauf wird die Story mit Slapstick Humor begleitet. Durch diese Einlagen verliert die sonst so gute Stimmung komplett an Wert. Hier hätte der Entwickler gerne etwas mehr Ernsthaftigkeit an den Tag legen können.
Erlebt und erkundet die Welt
Immortals Fenyx Rising wurde immer schon mit Breath of the Wild verglichen und das nicht ganz zu unrecht. Betrachtet man beide Spiele, wird man viele Gemeinsamkeiten finden. Angefangen mit der riesigen erkundbaren Welt. Betritt man ein neues Gebiet, liegt auf der Karte ein undurchsichtiger Nebel. Dieser kann durchbrochen werden, indem man den höchsten Punkt erklimmt und die Weitsicht in typischer Assassin’s Creed Manier aktiviert. Von dort aus kann man nun wichtige Punkte markieren. Dies muss allerdings alles händisch gemacht werden. Das heißt also, dass jede Schatzkiste oder Gewölbe einzeln angepinnt werden muss. Da die einzelnen Gebiete recht groß sind, dauert das schon seine Zeit. Auch ist die Sensibilität etwas ungenau, wodurch die einzelnen Punkte teilweise schwer zu pingen sind.
Eine weitere Simultanität mit Breath of the Wild, sind die Tartaros Gewölbe. Diese sind ähnlich zu den Schreinen von The Legend of Zelda. Dort muss Fenyx unterschiedlichste Aufgaben lösen, um Belohnungen abstauben zu können. Jedes Gewölbe wird mit einem Schwierigkeitsgrad versehen, der von einem bis drei Totenköpfen geht. Die Vielfalt der Dungeons lässt sich sehen, denn keiner gleicht dem anderen. Muss man in einem gegen gefährliche Untertanen Typhons bestehen, muss man im anderen geschickt mit Pfeil und Bogen kleine Zielscheiben treffen. Es hat einfach Spaß gemacht die verschiedenen Gewölbe zu absolvieren, nicht zu wissen was einem als nächstes erwartet.
An besonderen Ecken der Welt, findet man Sternbild-Rätsel, Mosaik-Schiebe-Steinchen und Prüfungen des Odysseus. Bei letzteren muss man mit dem Pfeil durch Ringe schießen und anschließend eine Fackel entzünden. Alle Aufgaben laufen aber auf das selbe Endergebnis heraus, nämlich der Erwerb von Charonsmünzen. Diese können zur Verbesserung und zum Erwerb von Fähigkeiten benutzt werden. Bei all den Rätseleinlagen kann es auch einmal vorkommen, dass man nicht weiterkommt. Ubisoft hat auf dieses Problem ganz gut reagiert, denn es gibt eine Funktion, die es erlaubt eine Rätselhilfe zu geben.
Um die gigantische Welt komfortabel erkunden zu können, kann man neben der Benutzung der Flügel auch Reittiere verwenden. Die müssen aber zunächst gezähmt werden. Hat man das aber geschafft, wird das Tierchen zum permanenten Begleiter, der mittels Knopfdruck gerufen werden kann. Diese unterscheiden sich auch noch in ihrer Seltenheit. Hat ein normales Pferd nur einen Ausdauerbalken, kann man mit dem epischen lila farbigen Ross schon dreimal so lange galoppieren.
Apropos Ausdauer, diese Leiste kann bei Fenyx auch erweitert werden. Während der Erkundung, findet man sogenannte Zeus Blitze. Hat man eine gewisse Anzahl davon gefunden, kann man sie in der Halle der Götter für einen zusätzlichen Balken an Ausdauer eintauschen. Auch der Lebensbalken funktioniert nach dem selben Prinzip, nur das man nach dem kostbaren Ambrosia suchen muss.
Loot, Loot und noch mehr Loot
Als hätte man in Immortals Fenyx Rising nicht schon genug zu machen, kann man an so gut wie jeder Ecke Truhen finden. Diese sind, je nach Seltenheit entweder besonders geschützt, oder mit schwierigen Rätseln versehen. Ist aber das Hindernis überwunden, wird mit einer weiteren humoristischen Einlage die Kiste geöffnet. Neben den begehrten Scherben, findet man auch Schwerter, Rüstungen oder Helme. Diese haben unterschiedliche Fähigkeiten, die im Ausrüstungsmenü nachgelesen werden können. Fashion Victims werden sich aber besonders freuen, denn jedes Teil hat bis zu fünf unterschiedliche Skins. Dadurch das man die getragenen Ausrüstung komplett individuell gestalten kann, kann man nicht nur die beste Ausrüstung tragen, sondern auch die trendigste.
Fantastisches Kampferlebnis
Kämpfen und Siegen gehört zu Immortals Fenyx Rising genauso dazu, wie Zelda zu Link. Unser Held hat die Möglichkeit, ein Arsenal an Waffen und Fähigkeiten aufzufahren, um seinen Gegner den Gar auszumachen. Neben schnellen Schwerthieben, kann er auch auf schweren Axtschläge zurückgreifen. Diese werden dann wichtig, wenn der Feind über ein Schild besitzt, denn dieser kann nur so durchbrochen werden. Mitunter kommt es aber vor, dass die Steuerung bzw. die Kameraführung dem flüssigen Kamperlebnis einen Strich durch die Rechnung macht. Diese Vorkomnisse sind aber glücklicherweise selten und sind dadurch vernachlässigbar. Auch Pfeil und Bogen kann Fenyx verwenden, doch die Betonung liegt auf “kann”. Denn im eigentlichen Kampfverlauf ist die Waffe einfach zu schwach, um wirklich wichtig zu sein. Da greift man lieber auf eine durchschlagendere Fähigkeiten zurück.
Die Halle der Götter als Dreh- und Angelpunkt
Das erwähnte Götterheim ist die wichtigste Institution in Immortals Fenyx Rising, denn hier kann man alle Verbesserungen für Fenyx’ Ausrüstung, Fähigkeiten und Tränke vornehmen. Jedes Teil benötigt hierbei unterschiedliche Scherben, Münzen oder besondere Gegenstände.
Fenyx ist mit insgesamt vier unterschiedlichen Tränken ausgerüstet. Diese können entweder die Gesundheit oder die Ausdauer auffüllen, oder die Stärke bzw. die Verteidigung temporär erhöhen. Die Tränke können, wer hätte es anders erwartet, auch verbessert werden. Wie man sieht, muss man in dem Titel schon einiges an Sammelleistung an den Tag bringen.
Schlussendlich ist noch die Tafel des Hermes zu erwähnen. Von dieser Liste erhält man die täglichen Herausforderungen. Diese gewähren beim erfolgreichen absolvieren besondere Ausrüstungsgegenstände, Ambrosia oder Zeus Blitze.
Fazit
Kurz und knapp, Immortals Fenyx Rising ist mein Spiel des Jahres 2020. Es hat alles was in meiner Welt ein gutes Spiel haben muss. Ein Setting welches faszinierend und bildhübsch zugleich ist. Die riesige Welt schreit einfach danach “Erkunde mich, erlebe mich!”, und diesem Schrei bin ich mit Haut und Haar gefolgt. Ich habe mich selbst dabei ertappt, dass ich mich auf mein blaues Pferd geschwungen habe und einfach in der Gegend umher geritten bin, einfach weil mir die Umgebung so gefallen hat.
Der Erkundungsdrang wird über den gesamten Spielverlauf befriedigt und lässt kein Wunsch offen. Möchte man Dungeons erledigen, kein Problem. Hat man doch mehr Lust, den Gesundheitsbalken von Fenyx zu verbessern, naja dann begibt man sich einfach auf die Suche danach. Man kann mehr als hundert Stunden in das Spiel investieren, ohne wirklich gelangweilt zu sein. Einzig und allein hat mich dieser komische Slapstick Humor, welcher im gesamten Spielverlauf vertreten ist gestört.
Hat man eine Vorliebe für Open World-Titel und kann mit griechischer Mythologie was anfangen, ist der Titel ein Pflichtkauf. Will man erstmalig in das Genre eintauchen, ist der Titel ein Pflichtkauf. Möchte man seinem liebsten (zockenden) Menschen zum anstehenden Weihnachtsfest eine Freude machen, dann ist Immortals Fenyx Rising ein Pflichtkauf.