Nach dem großen Erfolg von Horizon Zero Dawn und Horizon Forbidden West wagten sich Guerrilla Games zusammen mit Studio Gobo an ein ungewöhnliches Experiment: Die Verwandlung der düsteren Post-Apokalypse von Aloy in eine bunte LEGO-Welt. Das Ergebnis ist LEGO Horizon Adventures – ein Spiel, das sich zwischen familiärem LEGO-Charme und der komplexen Horizon-Mythologie bewegt und dabei sowohl Überraschungen als auch Kompromisse bereithält.
Story
LEGO Horizon Adventures erzählt die Geschichte von Horizon Zero Dawn in stark vereinfachter und kinderfreundlicher Form nach. Aloy, die Maschinenjägerin, wird hier zu einer deutlich aufgeweckteren und weniger grüblerischen Version ihrer selbst. Die apokalyptischen Unterpunkte der Originalgeschichte werden geschickt ausgeblendet, während der Fokus auf Umweltschutz und Zusammenhalt gelegt wird.
Die Handlung folgt Aloys Reise von der Verbannten zur Retterin der Welt, wobei sie gegen den Sonnenanbeter Helis und seine Kultanhänger kämpft. Während Fans der Hauptserie die drastischen Vereinfachungen und weggelassenen Lore-Elemente bedauern werden, funktioniert die Geschichte für ihre Zielgruppe durchaus. Die Dialoge sprühen vor LEGO-typischem Humor, und die Charaktere zeigen eine erfrischend selbstironische Seite.
Besonders gelungen ist die Rückkehr der Originalsynchonisprecher. Ashly Burch verleiht Aloy eine neue, lebendigere Note, während bekannte Stimmen wie JB Blanc (Rost) und John Hopkins (Erend) ihre Figuren in einem völlig neuen Licht präsentieren. Lediglich der Ersatz für den verstorbenen Lance Reddick als Sylens wirkt noch etwas ungewohnt.
Grafik
Visuell setzt LEGO Horizon Adventures neue Maßstäbe für LEGO-Spiele. Die Entwickler haben eine atemberaubende Optik geschaffen, die tatsächlich aussieht, als wäre sie komplett aus echten LEGO-Steinen gebaut. Kratzer, Abnutzungsspuren und der charakteristische Glanz der Plastikbausteine wurden meisterhaft eingefangen.
Die Umgebungen erstrahlen in leuchtenden Farben und bieten eine beeindruckende Detailfülle. Wälder, Berge und die ikonischen Maschinen der Horizon-Welt wurden liebevoll in LEGO-Form umgesetzt. Besonders beeindruckend sind die Beleuchtungseffekte und Schatten, die dem Spiel eine fast filmreife Qualität verleihen.
Allerdings zeigt sich hier auch eine Schwäche des Spiels: Trotz der LEGO-Optik ist die Performance auf der PS5 nicht optimal. Selbst im Performance-Modus kommt es zu spürbaren Framerate-Einbrüchen und Textur-Pop-ins. Für ein LEGO-Spiel im Jahr 2024 ist das enttäuschend und deutet auf Kompromisse für die Nintendo Switch-Version hin.
Sound
Akustisch überzeugt LEGO Horizon Adventures auf ganzer Linie. Der Soundtrack verbindet bekannte Horizon-Melodien mit neuen, eingängigen Kompositionen, die perfekt zur familienfreundlichen Atmosphäre passen. Von Pop über Folk bis hin zu Metal ist für jeden Geschmack etwas dabei, wobei besonders der Hauptsong von mxmtoon hervorsticht.
Die Soundeffekte transportieren gekonnt die LEGO-Atmosphäre, während die Maschinengeräusche an die Originale angelehnt bleiben. Die deutsche Synchronisation steht der englischen in nichts nach und sorgt für authentische Charakterdarstellungen.
Gameplay
Hier zeigt sich die größte Herausforderung von LEGO Horizon Adventures: Das Spiel versucht, eine Brücke zwischen klassischen LEGO-Spielen und der Horizon-Formel zu schlagen, verliert dabei aber teilweise seine Identität.
Die isometrische Perspektive funktioniert gut für Plattformpassagen, wird aber in Kämpfen problematisch. Das Targeting-System der Originale wurde übernommen – Schwachstellen markieren und präzise angreifen –, doch ohne die Zeitlupe und die präzise Steuerung der Hauptserie fühlt sich das Kampfsystem weniger befriedigend an. Stattdessen wird oft planlos herumgerannt und wild geschossen.
Die vier spielbaren Charaktere (Aloy, Varl, Erend und Teersa) bieten unterschiedliche Spielstile: Aloy mit ihrem Bogen, Varl mit dem Speer, Erend als Nahkämpfer und Teersa mit Sprengstoff. Diese Vielfalt ist theoretisch reizvoll, praktisch unterscheiden sich die Charaktere aber weniger, als man erhofft hätte.
Ein großer Kritikpunkt ist die reduzierte Interaktivität der Umgebung. Während klassische LEGO-Spiele zum wilden Zerstören einladen, gibt es hier kaum zerstörbare Objekte. Diese Kerneigenschaft von LEGO-Spielen fehlt schmerzlich und macht viele Bereiche statisch und leblos.
Der Koop-Modus funktioniert sowohl lokal als auch online, kann aber chaotisch werden. Die Kamera folgt dem ersten Spieler, was den zweiten oft orientierungslos zurücklässt.
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Mother’s Heart – Die Heimatbasis
Das Dorf Mother’s Heart dient als Sammelpunkt zwischen den Missionen. Hier können Gebäude angepasst, Kostüme gekauft und Fähigkeiten verbessert werden. Leider erweist sich dieser Bereich als wenig motivierend. Die Anpassungsmöglichkeiten sind oberflächlich und viele Kostüme stammen aus anderen LEGO-Universen, was die Immersion bricht.
Die Sammelaufgaben beschränken sich auf das Finden von Schatztruhen und dem Bau einfacher Strukturen. Verglichen mit der Fülle klassischer LEGO-Spiele wirkt das dürftig.
Umfang und Wiederspielwert
Mit etwa 7-8 Stunden Hauptgeschichte ist LEGO Horizon Adventures deutlich kürzer als andere LEGO-Spiele. Nach dem Abspann warten noch Apex-Maschinen-Jagden, die aber nur weitere 1-2 Stunden zusätzlichen Inhalt bieten.
Der Wiederspielwert hält sich in Grenzen. Es gibt keine versteckten Charaktere freizuschalten oder komplexe Rätsel zu lösen. Die meisten Geheimnisse sind bereits beim ersten Durchgang offensichtlich.
Fazit
LEGO Horizon Adventures ist ein Spiel der verpassten Chancen. Die technische Umsetzung und die visuelle Gestaltung sind erstklassig, doch das Gameplay kann nicht überzeugen. Es ist weder ein gelungenes LEGO-Spiel noch eine befriedigende Horizon-Erfahrung, sondern bleibt irgendwo dazwischen stecken.
Für Familien mit jüngeren Kindern bietet es durchaus unterhaltsame Stunden, besonders im Koop-Modus. Fans der Horizon-Serie werden jedoch die oberflächliche Behandlung ihrer geliebten Welt bedauern, während LEGO-Veteranen die fehlende Zerstörungsfreude vermissen werden.
Das Spiel ist technisch solide und optisch beeindruckend, doch der hohe Vollpreis ist angesichts der gebotenen Inhalte kaum gerechtfertigt. Wer Interesse hat, sollte auf einen Preisverfall warten.
LEGO Horizon Adventures zeigt, dass nicht jede Franchise für eine LEGO-Adaption geeignet ist, selbst wenn die technischen Voraussetzungen stimmen. Es ist ein nettes Experiment, aber kein essentielles Spielerlebnis für keine der beiden Zielgruppen.
Bewertung: 6/10
Pro:
- Herausragende LEGO-Optik mit authentischen Details
- Gelungener Soundtrack mit familiärer Atmosphäre
- Originalsprecher kehren zurück
- Solider Koop-Modus für Familien
- Charmante Neuinterpretation der Charaktere
Contra:
- Performance-Probleme trotz LEGO-Optik
- Zu kurz für den Vollpreis
- Wenig zerstörbare Umgebung
- Oberflächliche Anpassungsmöglichkeiten
- Identitätskrise zwischen LEGO und Horizon
- Repetitive Level-Struktur
LEGO Horizon Adventures ist für PlayStation 5, PC und Nintendo Switch erhältlich. Getestet wurde die PlayStation 5-Version.