Das französische Entwickler-Studio „Dontnod Entertainment“ hat im Januar 2015 eines meiner absoluten Lieblingsspiele – „Life is Strange“ – auf den Markt gebracht. Im August 2017 kam ein Prequel zu genau diesem, doch diesmal hat der Entwickler „Deck Nine Games“ Hand an das Spiel angelegt. Die Mischung aus 3D-Adventure mit Superhelden-Fähigkeiten, wahnsinnig guter Story und vielen Entscheidungsmöglichkeiten, waren für mich das Highlight des Jahres 2015. Doch kann das Prequel hier mithalten? Genau das haben wir für euch getestet!
Die Handlung
Das Prequel „Life is Strange: Before the Storm“ ist für PlayStation 4, PC und Xbox One erhältlich und spielt drei Jahre vor den Ereignissen von „Life is Strange“. Ihr spielt die 16-jährige Chloe Price, die Freundin der Hauptprotagonistin Maxine „Max“ Caulfield aus Teil eins, die in dieser Zeit eine schwere Phase durchmacht. Ihr Vater ist, wie bereits von „Life is Strange“ bekannt, an einem Autounfall gestorben, ihre beste Freundin „Max“ ist weggezogen und sie muss sich mit ihrem neuen Stiefvater herumschlagen. Keine guten Voraussetzungen für eine pubertierende 16-jährige. Deshalb rebelliert sie gegen alles, was sich ihr in den Weg stellt, schwänzt die Schule und macht sich mit ihrer Schlagfertigkeit auch einige Feinde. Doch den größten Feind sieht sie in dem neuen Freund ihrer Mutter. David ist ein Kriegsveteran, der versucht, das Verhalten von Chloe durch Strenge zu unterbinden. Als Chloe jedoch eines Tages die hübsche Rachel Amber, die im ersten Teil verschwunden ist, kennen lernt, macht ihr Leben plötzlich wieder Sinn. Das Spiel handelt größtenteils von der Beziehung zwischen den beiden Mädchen.
Das Gameplay
Das Gameplay in Life is Strange: Before the Storm ist recht simpel gehalten. Wie in Teil eins müsst ihr mit Chloe aus der Third-Person-Perspektive Orte erkunden und den Gedanken von ihr zu verschiedensten Objekten und Personen lauschen. Außerdem müsst ihr mit anderen Charakteren kommunizieren, um in der Geschichte voranzukommen. Dialoge laufen über das Multiple-Choice-Verfahren ab und sind eine gelungene Möglichkeit, in das Spiel tiefer abzutauchen, da ihr euch die Antwortmöglichkeit aussuchen könnt, die ihr in der Situation antworten würdet. Deshalb entsteht eine tiefe Bindung zu der Hauptprotagonistin und ihr tretet eine emotionale Reise mit ihr an, in der ihr vielleicht sogar etwas über euch selbst lernen könnt.
Chloes „übernatürliche“ Fähigkeit besteht darin, verschiedene Gespräche nach ihren Wünschen zu beeinflussen, um so an ihr Ziel zu gelangen. Dies steuert man, indem man sich in einer begrenzten Zeit für eine „richtige“ Antwortmöglichkeit entscheiden muss. Meiner Meinung nach hat das Spiel dadurch etwas an seinem Charakter verloren. Die Möglichkeit, wie in Teil eins, die Zeit zu steuern, war eine außergewöhnliche Ergänzung zu dem Adventure, die in dem Prequel leider verloren gegangen ist.
Die größte Stärke von Life is Strange: Before the Storm liegt mit Sicherheit in den Charakteren, die man einfach ins Herz schließen muss. Jeder von ihnen hat seine eigenen Ecken und Kanten und genau das macht das Spiel so realistisch.
Außerdem ist noch zu erwähnen, dass Chloe an einigen Stellen im Spiel Graffitis zeichnen kann, die die Fotos aus Teil eins ersetzen. Sammler werden hier also wieder ihre Freude haben.
Episode 1 „Erwacht“
Life is Strange: Before the Storm ist in drei Episoden unterteilt. Episode eins handelt davon, dass Chloe eine verlassene Sägemühle aufsucht und dort ein Rock-Konzert besuchen will. Ihr steht hier vor der ersten Möglichkeit, eure „Kraft“ einzusetzen und den Türsteher davon zu überzeugen, dass er euch hinein lässt. Drinnen angekommen wird Chloe von zwei Männern bedroht und sie lernt die liebenswerte Rachel kennen, die sie sogleich rettet. Als ihr am nächsten Tag in der Schule erscheint, lädt Rachel euch ein, mit ihr die Schule zu schwänzen. Ihr willigt ein und erlebt ein kleines Abenteuer mit ihr. Ich will nicht zu viel verraten, aber ihr werdet auf ein Geheimnis stoßen, dass euch das ganze Spiel über verfolgt. In Episode eins lernt ihr die Schauplätze und wichtigsten Charaktere des Spiels kennen und werdet mit dem ersten Cliffhanger belohnt.
Episode 2 „Schöne neue Welt“
Als Chloe nach der durchzechten Nacht am nächsten Tag wieder in die Schule geht, erlebt sie ihr blaues Wunder. Der Direktor wirft sie von der Schule, und Chloe hat einen schlimmen Streit mit ihrem Stiefvater. Die einzige Person, die ihr jetzt noch bleibt, ist ihre neue Freundin Rachel, mit der sie sogleich einen Plan für die Flucht aus Arcadia Bay ausheckt. Ihr findet euch dann auf einem Schrottplatz wieder, in dem ihr Schrottteile sammeln müsst, um ein Auto wieder in Schuss zu bringen, das ihr für eure Flucht benötigt. Dieser Abschnitt scheint wie eine Auszeit von dem chaotischen Leben Chloes zu sein. Sie wirkt viel gelassener, fast schon friedlich, als die Spielstunden davor. Doch wie wir Life is Strange Before the Storm kennen, hält das Schicksal nichts Gutes für Chloe bereit. Nur einige Augenblicke später sollen wir Geld für unseren Dealer eintreiben. Dieser verspricht uns dafür, das nötige Geld für die Flucht aus Arcadia Bay bereitzuhalten. Was danach passiert, werde ich euch wieder nicht verraten. Es sei nur so viel gesagt: ihr müsst eine wichtige Entscheidung treffen. Episode zwei ist anfangs sehr ruhig aufgebaut, zum Ende hin wird die Spannung aufgebaut und das Finale der Episode wird euch fesseln.
Episode 3 „Die Hölle ist leer“
Das Finale des Spiels deckt das Geheimnis der ersten Episode auf teils dramatische Art und Weise auf. Ihr werdet einige Entscheidungen treffen müssen, die euch nicht gefallen werden. Zwischendurch kommt ihr euch sogar vor, als würdet ihr gerade einen Krimi spielen. Zwischen der nervenaufreibenden Geschichte erfahrt ihr aber wieder viel von den Charakteren und der Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren. Episode drei ist meiner Meinung nach die Schwächste, da sie zu viel auf Spannung und Nervenkitzel abzielt. Für mich etwas zu viel und manchmal auch unglaubwürdig.
Die Bonusepisode
In der Bonus-Episode „Lebewohl“ steuert ihr Max Caulfield als 13-jähriges Kind. Ihr befindet euch im Haus eurer besten Freundin Chloe Price und versucht, einen Weg zu finden, ihr zu sagen, dass ihr in drei Tagen nach Seattle umziehen werdet. Der wahnsinnig emotionale Abschied lässt kein Auge trocken. Auch das Ende der Bonusepisode wird zur emotionalen Talfahrt. Chloes Vater ist nämlich gerade auf dem Weg, ihre Mutter vom Einkaufen abzuholen, und was dann geschieht, könnt ihr euch wahrscheinlich denken…
Fazit
Life is Strange: Before the Storm ist auf jeden Fall ein gekonntes Prequel zum ersten Teil. Leider fehlt es dem Spiel an dem gewissen Etwas. Sei es die „übernatürliche“ Fähigkeit von Max aus Teil 1 oder die einfach wirklich wahnsinnig tolle, emotionale Geschichte, die mich mein ganzes Leben lang begleiten wird. Teil 2 überzeugt durch die komplexen Charaktere und Beziehungen, die sich im Laufe des Spiels aufbauen. Das Finale des Spiels war leider eine kleine Enttäuschung für mich, da die Geschichte ein unglaubwürdiges Ende nimmt. Leider ist das Spiel außerdem etwas zu kurz geraten. Die fünf Episoden aus Teil eins wurden auf nur drei gekürzt. Doch nichts desto trotz, kann ich das Spiel, auch dank der wunderschönen Musik und wieder einmal tollen Grafik, mit gutem Gewissen weiterempfehlen.