Lords of Ragnarok

[Review] Lords of Ragnarok

Lords of Ragnarok aus dem Hause Awaken Realms ist der spirituelle Nachfolger zum erfolgreichen Lords of Hellas und verspricht nordische Mythologie mit einer gehörigen Portion Sci-Fi zu vermischen. Das Strategiespiel von Designer Adam Kwapiński setzt auf das bewährte „Dudes on a Map“-Prinzip, bei dem Spieler ihre Armeen über einen Spielplan bewegen und um die Kontrolle verschiedener Gebiete kämpfen. Mit asymmetrischen Helden, komplexen Mechaniken und der typisch hochwertigen Awaken Realms-Produktion will das Spiel sowohl Veteranen als auch Neulinge des Genres ansprechen. Aber kann Lords of Ragnarok diese ambitionierten Versprechen auch einlösen?

Wenn Thor auf Laserkanonen trifft – Story und Thema

Lords of Ragnarok katapultiert uns in eine Welt, in der nordische Mythologie und Science Fiction eine ziemlich wilde Ehe eingehen. Wir schlüpfen in die Rolle asymmetrischer Helden aus der nordischen Mythologie – denkt an Odin, Thor, Freya und Loki – die ihre Armeen in einem ewigen Konflikt führen, während im Hintergrund das Ende aller Welten, Ragnarök, näher rückt.

Das Setting ist durchaus faszinierend: Stellt euch vor, Wikinger-Götter kämpfen nicht nur mit Äxten und Hämmern, sondern haben auch futuristische Technologie zur Verfügung. Das klingt erstmal nach einer verrückten, aber interessanten Mischung. Thematisch macht das Spiel definitiv was her – allein die Vorstellung von Thor mit einem Sci-Fi-Upgrade lässt das Herz jedes Fantasy- und Science-Fiction-Fans höher schlagen.

Die verschiedenen Helden bringen jeweils ihre eigenen, asymmetrischen Fähigkeiten mit, was für ordentlich Wiederspielwert sorgen sollte. Jeder spielt sich komplett anders und hat seine eigenen strategischen Ansätze – das ist definitiv ein Pluspunkt, der Abwechslung verspricht.

Komplexität trifft auf… noch mehr Komplexität – Gameplay und Mechaniken

Hier wird’s interessant, und zwar nicht nur im positiven Sinne. Lords of Ragnarok folgt einem festen Rundenablauf mit fünf Phasen: Beten, Helden-Aktionen, Runen-Aktionen, Manöver und Spezialaktionen. Das hört sich erst mal überschaubar an, aber der Teufel steckt wie so oft im Detail.

Die neuen Mechaniken:

  • Runen-System: Eine neue Ressource, die eure Helden sammeln können. Mit Runen könnt ihr eure Armeen verstärken, Statistiken verbessern oder sogar Monster kontrollieren. Klingt cool, funktioniert in der Praxis aber leider etwas träge.
  • Monster-Kontrolle: Ihr könnt jetzt tatsächlich die Kontrolle über Monster übernehmen. Thematisch fragwürdig (warum folgt mir der Troll plötzlich?), mechanisch… naja, kompliziert ohne wirklichen Mehrwert.
  • Ragnarök-Timer: Statt der Monument-Endspiel-Bedingung aus Hellas gibt’s jetzt einen automatischen Timer, der das Spiel beendet. Weniger Kontrolle für die Spieler, dafür soll Stalemate-Situationen vorgebeugt werden.

Das Problem? Viele dieser neuen Mechaniken fühlen sich an wie Komplexität um der Komplexität willen. Wo Lords of Hellas straff und fokussiert war, wirkt Ragnarok aufgebläht. Ich hatte mehrfach das Gefühl, dass ich Regeln befolge, ohne zu verstehen, warum diese Regeln überhaupt existieren.

Die Siegesbedingungen: Theoretisch gibt es mehrere Wege zum Sieg – drei Länder kontrollieren, drei Tempel beherrschen oder den Boss-Monster besiegen. In der Praxis ist die Landkontrolle nahezu unmöglich, und den Boss hat nach allem was ich gehört habe, noch niemand geschafft zu besiegen. Bleibt also meist die Tempel-Route, was das Ganze etwas eintönig macht.

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Wenn Miniaturen zur Masse werden – Komponenten und Optik

Hier zeigt sich Awaken Realms wieder von ihrer besten Seite – und gleichzeitig von ihrer schlechtesten. Die Produktionsqualität ist, wie gewohnt, absolut top. Massige Miniaturen, detaillierte Spielpläne, hochwertige Komponenten – da kann man nicht meckern.

Das große ABER: Alle Miniaturen haben die gleiche Farbe und ähnliche Größe. Das führt dazu, dass das Spielbrett schnell zu einem undurchsichtigen Wirrwarr aus Plastik wird. Monster, Helden und Armeen verschwimmen optisch ineinander, und wenn ihr dann noch die 3D-Gebäude dazu packt, ist das Chaos perfekt. Es ist paradox – das Spiel sieht spektakulär aus, aber während des Spiels verliert man leider schnell den Überblick.

Die Artwork ist gewohnt bombastisch und die verschiedenen Helden-Boards sind liebevoll gestaltet. Nur hilft das alles nichts, wenn man auf dem Spielplan nicht mehr erkennt, was zu wem gehört.

Das Fazit – Ragnarök für die Erwartungen?

Lords of Ragnarok ist ein schwieriger Fall. Als eigenständiges Spiel betrachtet ist es durchaus solide – die Produktion stimmt, die Mechaniken funktionieren grundsätzlich, und für Fans von komplexen Strategiespielen gibt es durchaus was zu entdecken.

Als Nachfolger zu Lords of Hellas ist es aber eine Enttäuschung. Wo Hellas elegant und fokussiert war, ist Ragnarok aufgebläht und unübersichtlich. Die neuen Mechaniken rechtfertigen nicht die zusätzliche Komplexität, und die visuellen Probleme machen das Spielerlebnis frustrierender, als es sein müsste.

Die guten Seiten:

  • Hochwertige Komponenten und Artwork
  • Interessantes Thema mit asymmetrischen Helden
  • Grundsätzlich funktionierendes Gameplay
  • Für Vielspieler durchaus Wiederspielwert vorhanden

Die weniger guten Seiten:

  • Visuelle Unübersichtlichkeit durch einheitliche Miniatur-Optik
  • Komplexität ohne erkennbaren Mehrwert
  • Balancing-Probleme bei den Siegesbedingungen
  • Verliert den straffen Fokus des Vorgängers

Würde ich Lords of Ragnarok empfehlen? Schwierig. Wenn ihr Lords of Hellas geliebt habt, werdet ihr wahrscheinlich enttäuscht sein. Wenn ihr noch nie ein Spiel dieser Art gespielt habt und euch komplexe Strategiespiele nicht abschrecken, dann könnt ihr durchaus einen Blick riskieren – aber macht euch auf eine steile Lernkurve gefasst.

Persönlich kehre ich lieber zu Lords of Hellas zurück. Manchmal ist weniger eben doch mehr – auch wenn die Marketingabteilung das anders sehen mag.


Technische Daten:

  • Spieler: 1-4 Personen
  • Alter: Ab 14 Jahren
  • Spieldauer: 90-120 Minuten
  • Designer: Adam Kwapiński
  • Verlag: Awaken Realms
  • Erscheinungsjahr: 2023

Bewertung: 6,5/10

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