Und da ist es schon, das Remake zu Resident Evil 3: Nemesis. Das Remake von Resident Evil 2 (zu unserem Review dazu geht es hier lang) das im Januar 2019 erschien, war quasi das neue Parade-Beispiel für Videospiel-Remakes und legte die Messlatte enorm hoch. Eine gefühlte Ewigkeit wurde man mit Gerüchten konfrontiert und war sich nicht sicher, ob es überhaupt kommt und dann war es endlich da – und wie! Capcom lieferte ein Remake, welches es schaffte dieses „angestaubte“ Spiel ins hier und jetzt zu katapultieren, ohne jedoch den Flair des Originals zu verlieren. So war, nein ist, der Titel gleichermaßen perfekt für Neueinsteiger und auch Fans die die Geschichte in zeitgemäßem Gewand (noch mal) erleben wollen. Als dann im Dezember 2019 angekündigt wurde, das man Resident Evil 3 im gleichen Stil neu veröffentlichen möchte, gab es natürlich viel Freude. Allerdings gab es bezüglich eines Fakts auch etwas Skepsis, der Release von Resident Evil 3 erfolgt nur etwas mehr als ein Jahr später. Kann das gut gehen?
Das kann man an dieser Stelle schon mit einem grundsätzlichen „ja“ beantworten, darf aber auch direkt nachschieben, das hier durchaus noch Potenzial vorhanden gewesen wäre. Die Rückkehr nach Raccoon City ist ein aufregendes Abenteuer und ein tolles Fresh-Up für eine Reihe von Horrorspielen, die eine ganze Generation von Spielern geprägt hat. Aber greifen wie nicht so weit vor, sondern beäugen das Spiel etwas ausführlicher.
Es ist was los in der Stadt
Resident Evil 3 spielt wenige Stunden vor und nach Resident Evil 2. Es ist also zugleich Prequel und Sequel. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Jill Valentine, die viele bereits aus dem ersten Resident Evil kennen. Jill ist Mitglied von S.T.A.R.S., dem „Special Tactics and Rescue Service“, einer Spezialeinheit des Raccoon Police Departments, die zur Bekämpfung von Notfällen und terroristischen Bedrohungen geschaffen wurde. Das Spiel setzt etwa einen Tag nach den Geschehnissen im alten Herrenhaus, der Spencer-Villa im Raccoon Forest, ein. Die Stadt wird von Zombies überrannt und Jill trifft auf ihrer Flucht auf einen Einsatztrupp, dem Umbrella Biological Containment Service (UBCS). Dort begegnet Jill dem etwas rauen, aber gutherzigen Carlos Olivera, der dank einer riesigen Horde von Zombies, die darauf warten, ihn und alle anderen zu verschlingen, von seiner Einheit abgeschnitten ist.
Carlos und Jill arbeiten von nun an zusammen und so nimmt die Geschichte ihren Lauf und schließt dabei sogar ein paar Lücken die das ursprüngliche Skript des Originalspiels hinterließ. Carlos hat im Remake um einiges mehr an Screentime und das Ergebnis ist eine völlig neue Sicht auf eine der am meisten unterschätzten Paarungen im gesamten Resident Evil-Mythos. Jill die bereits mit den Machenschaften von Umbrella vertraut ist und Carlos, der eigentlich auf deren Seite steht und gerade erst damit konfrontiert wird, arbeiten gemeinsam an einer Problemlösung.
Während es sich bei dem Remake zu Resident Evil 2 tatsächlich um einen geschickten Neustart mit erweiterten Sequenzen handelte, fühlt sich Resident Evil 3 eher mehr wie eine Neuinterpretation an, bei der in einigen Fällen Inhalte gekürzt und in anderen ergänzt wurden. Dies ist in soweit auch in Ordnung, da man nicht vergessen sollte das allein die Hauptreihe der Serie sich bereits über neun Spiele (ohne die Remakes) und einen Zeitraum von sage und schreibe 24 Jahren erstreckt. Da kann man dann bei einem Remake auch das eine oder andere ein wenig gerade ziehen. Aber was auffällt, ist der etwas linearere Spielablauf und der Mangel an Rätseln, im Vergleich zum Vorgänger. Das ursprüngliche Resident Evil 3: Nemesis war der erste Teil der Reihe, bei dem man nicht mit zwei verschiedenen Charakteren die Hauptstory aus den unterschiedlichen Perspektiven erleben konnte, sondern nur in speziellen Passagen die Rollen wechselte. Für das Remake wurde das so übernommen und auch wenn Carlos, wie bereits erwähnt, mehr Spielanteile hat, spürt man den Unterschied enorm. Zum einen ist der Umfang, also die Spielzeit geringer, aber es „fühlt“ sich eben auch anders an. Ein wenig hat es den Charakter eines „Spin-offs“ in Form einer Zusatzepisode.
Technisch absolute Oberklasse
Damit das Ganze aber nun nicht zu negativ klingt und der Eindruck entsteht, das Remake von Resident Evil 3 sei kein gutes Spiel, wollen wir nun mal ein paar positive Dinge hervorheben. Resident Evil 3 setzt, wie bereits der Vorgänger auf Capcoms neue RE Engine. Wie man anhand der Namensgebung schon erahnen kann, wurde diese speziell für die Arbeit an einem Titel Resident Evil – Reihe entwickelt, nämlich Resident Evil 7, kam aber dann auch für den Reboot von Devil May Cry zum Einsatz. Daraus resultierend bekommen wir auch bei Resident Evil 3 sehr detaillierte Umgebungen, tolle Effekte, eine sehr atmosphärische Lichtstimmung und eine gute Performance. Durch die HDR-Unterstützung kommen viele Passagen besonders eindrucksvoll zur Geltung.
Beim Sound hat mir aber auch hervorragende Arbeit geleistet und nutzt in diesem Bereich die Technik voll aus. Stimmungsvolle Umgebungsgeräusche sorgen für eine jederzeit spannungsgeladene Atmosphäre und der Surround-Sound ist gut abgemischt. Der Soundtrack hält sich dezent im Hintergrund und untermalt sanft das Geschehen, um dann in bestimmten Passagen so richtig aufzudrehen, und die Dramatik enorm steigert. Capcom hat dem Remake auch eine deutsche Synchronisation spendiert, die insgesamt als gelungen bezeichnet werden kann. Für die PS4-Fassung bietet der Titel noch die Funktion Funksprüche über den Controller auszugeben.
Mehr Muskeln, weniger Köpfchen
Kommen wir zurück zum Gameplay, das sich insgesamt etwas actionreicher und dynamischer präsentiert als beim Vorgänger. Die ist aber aufgrund des Settings auch nachvollziehbar, denn während man sich in Resident Evil 2 durch das Polizeirevier arbeiten musste und auch im Nachgang in eher geschlossenen Bereichen unterwegs war, so schmeißt Resident Evil 3 den Spieler in eine Stadt, deren Straßen von Zombies überschwemmt sind. Darum ist auch die Ausweich-Funktion, die bereits im Original ihre Premiere feierte, mit an Bord. Jill weicht dabei in der Tat nahen Zombies und anderen Gegnern aus, während der neu gestaltete Carlos Gegner gnadenlos wegrempelt. Darüber wollen wir nicht den einen Gegner vergessen, dem das Original seinen Untertitel verdankte – Nemesis. Der hält uns immer wieder mal auf Trab und genau diese Einlagen sind es, die letztendlich dazu beitragen das wir von einem gelungenen und spannenden Abenteuer sprechen können. Es gibt auch Abseits davon genug Horror-Einlagen und es gibt immer wieder kleine Szenen wo mal eine besonders dramatisch platzierte und übel zugerichtete Leiche auftaucht. Doch was uns vor 20 Jahren noch irgendwie geflasht hat (und bei einigen Jugendlichen vielleicht sogar wahre Jubelstürme auslöste), ist natürlich heute nur eine kleine Randnotiz. Vergessen sind die Zeiten von massiver Entschärfung oder Indizierung.
Etwas schade sind die relativ anspruchslosen und einfachen Boss-Kämpfe. Im Standard-Schwierigkeitsgrad ist das Spiel schon recht einfach und irgendwie der erste Resident Evil-Titel bei dem am Ende noch ein Erste-Hilfe-Spray in der Gürteltasche steckte und in der Kiste noch zwei Portionen gemischte (rot-grüne) Kräuter lagerten. Ebenso war noch haufenweise Munition übrig und dabei ist nicht nur die Pistole gemeint, sondern von der Schrotflinte bis zum Granatwerfer war noch genug Munition für einen Kleinkrieg verfügbar. Auch Speichermöglichkeiten gibt es recht viele, einige sogar in ziemlich kurzen Abständen, dazu gibt es noch Autosave-Punkte. Das mag nicht gezwungenermaßen als negativ betrachtet werden, erzeugt aber eben zusätzlich zu den fehlenden Rätseln ein völlig anderes Spielgefühl als bei Resident Evil 2.
Fazit
Ja, Resident Evil 3 kam relativ zügig nach Resident Evil 2 auf den Markt und ja es wurde sicher auch ein bisschen recycelt. Was aber auch nicht tragisch ist, denn warum sollte eine Transportkiste oder ein Chemiebehälter von Umbrella anders aussehen als in Resident Evil 2 oder sollten Fahrzeuge und Ausrüstung anders gestaltet sein, das wäre unnötig. Hier kann man also schon erahnen das sich dadurch einiges an Zeitersparnis ergeben hat. Lediglich bei der Gestaltung der Zombies wäre ein wenig mehr Abwechslung wünschenswert gewesen. Trotzdem hat sich Capcom technisch nichts vorwerfen zu lassen, weder optisch noch akustisch. Etwas mehr Rätsel und etwas mehr Spielzeit, ja das wäre schon fein gewesen. Trotzdem ist das Remake von Resident Evil 3 ein gelungener Titel den wir nicht nur Fans der Reihe ans Herz legen können. Wir hatten ordentlich Spaß in Raccoon City!