Starfield

[Review] Starfield

Nach jahrelanger Vorfreude und unzähligen Spekulationen ist es endlich soweit: Starfield, Bethesdas erstes neues Universum seit 25 Jahren, entführt uns in die Weiten des Weltraums. Das Studio, das uns bereits mit The Elder Scrolls und Fallout begeisterte, wagt sich mit diesem Science-Fiction-Rollenspiel in völlig neue Gefilde vor. Doch kann Starfield die hochgesteckten Erwartungen erfüllen und sich als würdiger Nachfolger der Bethesda-Klassiker etablieren?

Die Entstehungsgeschichte von Starfield

Bereits 2013 begann Todd Howard mit seinem Team die Arbeit an Starfield, zunächst nur als Konzept und Vision. Das Spiel sollte das werden, was viele Fans sich schon lange gewünscht hatten: ein „Skyrim im Weltall“. Nach dem Erfolg von Fallout 4 und The Elder Scrolls V: Skyrim konzentrierte sich Bethesda Game Studios vollständig auf dieses Mammutprojekt. Die Entwicklung wurde von zahlreichen Verzögerungen geprägt – ursprünglich für 2021 geplant, erschien Starfield schließlich im September 2023. Diese zusätzliche Entwicklungszeit sollte sich als notwendig erweisen, denn Starfield präsentiert sich als das bisher umfangreichste und technisch anspruchsvollste Projekt des Studios.

Die Creation Engine 2, eine komplett überarbeitete Version der bekannten Bethesda-Engine, bildet das technische Fundament. Diese ermöglicht es erstmals, nahtlos zwischen planetaren Oberflächen und dem Weltraum zu wechseln – eine technische Meisterleistung, die das Spielerlebnis grundlegend prägt.

Story: Eine Reise zu den Sternen

Starfield versetzt uns in das Jahr 2330, etwa 300 Jahre in der Zukunft. Die Menschheit hat das Sonnensystem verlassen und sich in der „Settled Systems“ genannten Region niedergelassen – einem Gebiet mit über 1000 Planeten in etwa 100 Sternensystemen. Als Mitglied der Forschungsorganisation „Constellation“ begibt sich der Spieler auf die Suche nach rätselhaften Artefakten, die möglicherweise den Schlüssel zu den größten Geheimnissen des Universums bergen.

Die Haupthandlung beginnt relativ unspektakulär: Als Bergarbeiter auf dem Mond Kreet entdeckt der Protagonist ein mysteriöses Artefakt, das Visionen und ungewöhnliche Reaktionen auslöst. Schnell wird klar, dass diese Entdeckung weitreichende Konsequenzen haben wird. Die Geschichte entwickelt sich langsam, aber stetig zu einem epischen Abenteuer, das Fragen nach dem Ursprung des Universums, der Rolle der Menschheit und der Natur der Realität selbst aufwirft.

Besonders gelungen ist die Art, wie Bethesda die verschiedenen Fraktionen und ihre Konflikte in die Handlung einwebt. Die United Colonies und das Freestar Collective stehen sich als die beiden großen politischen Mächte gegenüber, während Piraten, Händler und religiöse Gruppierungen ihre eigenen Agenden verfolgen. Diese komplexe politische Landschaft sorgt für Tiefe und bietet zahlreiche Möglichkeiten für moralisch ambivalente Entscheidungen.

Die Charakterentwicklung der Begleiter verdient besondere Erwähnung. Figuren wie Sarah Morgan, Barrett, Sam Coe und Andreja sind keine bloßen Questgeber, sondern entwickeln im Laufe der Geschichte eigene Persönlichkeiten mit individuellen Hintergrundgeschichten, Ängsten und Hoffnungen.

Grafik: Ein visuelles Weltraumspektakel

Visuell präsentiert sich Starfield als beeindruckendes Spektakel, das die Schönheit und Einsamkeit des Weltalls einfängt. Die Creation Engine 2 zeigt hier ihre Stärken: Planetenoberflächen erstrecken sich bis zum Horizont, Sterne funkeln in der Ferne, und die verschiedenen Biome von eisigen Welten bis hin zu üppigen Dschungelplaneten bieten eine erstaunliche Vielfalt.

Die Raumschiffe sind mit enormer Detailgenauigkeit gestaltet. Jede Niete, jeder Schaltkasten und jede Leuchte trägt zur Atmosphäre bei. Besonders beeindruckend sind die Innenräume der Schiffe, die sich je nach Bauart und Hersteller deutlich unterscheiden. Das Starship-Design-System ermöglicht es Spielern, ihre eigenen Raumschiffe zu konstruieren, und die grafische Umsetzung dieser Kreationen ist durchweg beeindruckend.

Die Charaktermodelle haben einen deutlichen Sprung gegenüber früheren Bethesda-Spielen gemacht. Gesichtsanimationen wirken natürlicher, und die Mimik der NPCs trägt erheblich zur Glaubwürdigkeit der Dialoge bei. Allerdings fallen gelegentlich noch die typischen Bethesda-Eigenarten auf: Charaktere die durch Wände schauen, merkwürdige Laufanimationen oder Gegenstände, die scheinbar der Schwerkraft trotzen.

Die Lichtstimmung verdient besondere Erwähnung. Ob es der orangefarbene Schein eines Sterns ist, der eine Raumstation beleuchtet, oder das kalte, bläuliche Licht auf einem Eismond – Starfield schafft es immer wieder, atmosphärische Momente zu kreieren, die zum Verweilen und Beobachten einladen.

Starfield Screenshot

Sound: Musik der Sphären

Der Soundtrack von Inon Zur ist zweifellos einer der größten Stärken von Starfield. Die orchestralen Kompositionen fangen perfekt die Erhabenheit und Einsamkeit des Weltraums ein. Von epischen, schwermütigen Melodien bei der Erkundung verlassener Raumstationen bis hin zu triumphalen Fanfaren bei großen Entdeckungen – die Musik trägt erheblich zur emotionalen Wirkung des Spiels bei.

Die Sprachausgabe ist durchweg hochwertig. Bekannte Synchronsprecher wie Kristen Schaal (Barrett) und Elias Toufexis (Sam Coe) hauchen den Charakteren Leben ein. Die deutschen Untertitel sind präzise übersetzt und fangen die Nuancen der englischen Dialoge gut ein, auch wenn eine deutsche Sprachausgabe fehlt.

Besonders gelungen sind die Umgebungsgeräusche. Das dumpfe Brummen von Raumschiffmotoren, das Knistern von Energieschilden, das Echo der eigenen Schritte in verlassenen Forschungsstationen – all diese Details tragen zur Immersion bei. In den Städten herrscht reges Treiben: Händler preisen ihre Waren an, Schiffe starten und landen, und im Hintergrund sorgen die Geräusche einer lebendigen Zivilisation für Atmosphäre.

Gameplay: Unendliche Weiten, endlose Möglichkeiten

Das Gameplay von Starfield basiert auf bewährten Bethesda-Mechaniken, erweitert diese aber um einige innovative Elemente. Das Erkundungssystem steht im Mittelpunkt: Mit über 1000 besuchbaren Planeten bietet das Spiel schier endlose Möglichkeiten zur Exploration. Allerdings sind nicht alle diese Welten gleich interessant – während handgefertigte Locations wie New Atlantis, Akila City oder Neon vor Details strotzen, können prozedural generierte Planetenoberflächen mitunter eintönig wirken.

Die Raumschiffsteuerung fühlt sich authentisch und befriedigend an. Ob es das vorsichtige Andocken an eine Raumstation ist oder ein hektisches Dogfight mit Piraten – die Physik der Schiffe vermittelt ein glaubwürdiges Gefühl vom Fliegen im Weltall. Das Schiffsbau-System ist überraschend tiefgreifend und ermöglicht es, sowohl funktionale als auch ästhetisch ansprechende Raumschiffe zu konstruieren.

Das Kampfsystem kombiniert klassische First-Person-Shooter-Mechaniken mit RPG-Elementen. Die verschiedenen Waffentypen – von Energiegewehren bis hin zu kinetischen Waffen – fühlen sich unterschiedlich an und erfordern verschiedene Taktiken. Das Sauerstoffsystem fügt eine zusätzliche strategische Ebene hinzu: Auf Planeten ohne Atmosphäre oder in beschädigten Raumanzügen muss der Spieler seinen Sauerstoffvorrat im Auge behalten.

Die Skillbäume sind umfangreich und bieten echte Spezialisierungsmöglichkeiten. Ob als diplomatenäherer Forscher, als kampferprobter Sicherheitsoffizier oder als listiger Pilot – verschiedene Spielstile werden gleichermaßen unterstützt. Besonders das Überredungssystem wurde gegenüber früheren Bethesda-Spielen deutlich verbessert und bietet mehr als nur simple Erfolg-oder-Misserfolg-Checks.

Base-Building und Ressourcenmanagement

Das Außenposten-System erlaubt es Spielern, eigene Basen auf Planeten zu errichten. Diese können als Produktionsstätten für seltene Materialien, als Forschungseinrichtungen oder einfach als persönliche Rückzugsorte dienen. Das System ist komplex genug, um langfristig zu motivieren, aber nicht so überwältigend, dass Gelegenheitsspieler abgeschreckt werden.

Die Ressourcenwirtschaft spielt eine wichtige Rolle, besonders beim Schiffsbau und der Ausrüstungsherstellung. Verschiedene Planeten bieten unterschiedliche Materialien, was Anreize schafft, auch scheinbar uninteressante Welten zu besuchen.

Die Fraktionen und ihre Geschichten

Starfield lebt von seinen facettenreichen Fraktionen, die jeweils eigene Questlinien und Philosophien bieten:

Constellation fungiert als die Forscherorganisation im Zentrum der Haupthandlung. Diese „NASA der Zukunft“ verkörpert den menschlichen Drang nach Wissen und Entdeckung.

Die United Colonies repräsentieren Ordnung und Stabilität, aber auch Bürokratie und Kontrolle. Ihre Hauptstadt New Atlantis ist ein Meisterwerk des Stadtdesigns – eine glitzernde Metropole, die sowohl beeindruckt als auch einschüchtert.

Das Freestar Collective steht für Freiheit und Individualismus, bringt aber auch Gesetzlosigkeit und Chaos mit sich. Die Stadt Akila City mit ihrer Westernästhetik bietet einen interessanten Kontrast zu den sterilen Korridoren von New Atlantis.

Die Crimson Fleet als Piratenfraktion ermöglicht es Spielern, ihre dunkle Seite zu erkunden, während die Ryujin Industries Einblicke in Wirtschaftsintrigen und Konzernpolitik bietet.

Technische Performance und Stabilität

Zum Launch zeigte Starfield die typischen Bethesda-Kinderkrankheiten: gelegentliche Abstürze, kleinere Grafikfehler und merkwürdiges NPC-Verhalten. Mittlerweile haben Updates viele dieser Probleme behoben, doch perfekt ist das Spiel noch nicht.

Die Ladezeiten sind je nach Hardware spürbar, besonders beim Wechseln zwischen Planeten. Auf einer SSD sind diese jedoch verkraftbar. Die Framerate ist auf aktueller Hardware größtenteils stabil, kann aber in dicht bevölkerten Bereichen wie New Atlantis gelegentlich einbrechen.

Positiv hervorzuheben ist die Mod-Unterstützung. Bethesda hat früh klargestellt, dass Starfield umfangreiche Modding-Möglichkeiten bieten wird, und die Community hat bereits beeindruckende Kreationen veröffentlicht.

Langzeitmotivation und Wiederspielwert

Starfield bietet enormen Wiederspielwert. Verschiedene Charakterbuilds führen zu unterschiedlichen Spielerfahrungen, die verzweigten Questlinien der Fraktionen bieten mehrere Durchläufe wert, und das New Game Plus-System fügt eine interessante narrative Wendung hinzu, die hier nicht gespoilert werden soll.

Die schiere Größe der Spielwelt kann jedoch auch überwältigend wirken. Manche Spieler könnten sich verloren fühlen in den endlosen Weiten des Weltraums. Bethesda hat versucht, diesem Problem mit einem verbesserten Quest-Journal und besserer Wegfindung zu begegnen, doch gelegentlich ist es immer noch unklar, was als nächstes zu tun ist.

Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge

Trotz aller Stärken hat Starfield auch Schwächen. Die prozedural generierten Planeten können repetitiv werden. Nach dem zehnten öden Felsplaneten mit identischen Außenposten der Spacer-Piraten wünscht man sich mehr handgefertigte Inhalte.

Das Kampfsystem, obwohl solide, erreicht nicht die Präzision spezialisierter Shooter. Die KI der Gegner ist vorhersehbar, und Kämpfe werden selten so herausfordernd oder taktisch wie in dedizierten Action-Spielen.

Die Raumkämpfe, obwohl spektakulär, könnten mehr Tiefe vertragen. Nach einer Weile fühlen sie sich repetitiv an, da die taktischen Möglichkeiten begrenzt sind.

Vergleich zu anderen Weltraum-Spielen

Starfield muss sich unweigerlich mit anderen Weltraum-Epics messen lassen. Verglichen mit No Man’s Sky bietet Starfield weniger nahtlose Exploration, aber deutlich mehr narrative Tiefe. Gegenüber Elite Dangerous ist die Simulation weniger komplex, aber dafür deutlich zugänglicher. Mass Effect bleibt in puncto Character-Entwicklung und emotionaler Bindung überlegen, aber Starfield bietet mehr Freiheit in der Weltgestaltung.

Starfield Screenshot

Fazit: Ein Universum voller Möglichkeiten

Starfield ist zweifellos ein ambitioniertes Projekt, das nicht in allen Bereichen perfekt gelingt, aber dennoch ein faszinierendes Spielerlebnis bietet. Es ist das typische Bethesda-Spiel – voller technischer Eigenarten, aber auch voller Magie und unerwarteter Momente.

Die größte Stärke liegt in der Atmosphäre. Wenn man zum ersten Mal eine fremde Welt betritt, den Blick über eine endlose Landschaft schweifen lässt und dabei die erhabene Musik von Inon Zur erklingt, dann funktioniert Starfield perfekt. Diese Momente der Ehrfurcht und des Staunens machen die kleineren Schwächen wett.

Starfield ist kein perfektes Spiel, aber es ist ein wichtiges Spiel. Es zeigt, dass auch im Jahr 2023 noch Platz für klassische, umfangreiche Single-Player-RPGs ist. Fans von Bethesda-Spielen werden sich sofort zu Hause fühlen, während Newcomer möglicherweise eine Eingewöhnungszeit benötigen.

Für wen eignet sich Starfield? Für Spieler, die gerne in virtuellen Welten versinken, die ihre Zeit gerne mit Erkundung und Charakterentwicklung verbringen, und die keine Angst vor komplexen Systemen haben. Wer schnelle Action oder lineare Handlung bevorzugt, wird möglicherweise enttäuscht.

Bewertung: 8/10

Starfield erfüllt nicht alle überhöhten Erwartungen, liefert aber dennoch ein hervorragendes Weltraum-RPG ab, das stundenlange Unterhaltung garantiert und mit Updates und Mods noch besser werden wird. Ein würdiger Einstieg in Bethesdas neues Universum, der Lust auf zukünftige Abenteuer in den weiten des Alls macht.

Für Fans von: The Elder Scrolls, Fallout, Mass Effect, No Man’s Sky
Altersfreigabe: USK 12
Plattformen: PC, Xbox Series X/S
Spielzeit: 60+ Stunden für die Hauptstory, 200+ Stunden für Completionists

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