Mit Stay Still wagt sich der kleine Indie-Entwickler Galactic Crows an ein ambitioniertes Projekt, das ursprünglich unter dem Namen „The Horrors: Lost Tape“ lief und 2023 auf Steam erschien. Das First-Person-Survival-Horror-Spiel verspricht psychologischen Grusel auf Basis vietnamesischer Kultur und Legenden. Die Prämisse klingt verlockend: Nam sucht eine günstige Unterkunft für eine Nacht und landet ausgerechnet in einem Haus, in dem 2008 ein grausamer Mord geschah. Was als Schnäppchen beginnt, entwickelt sich schnell zu einem Alptraum, aus dem es kein leichtes Entkommen gibt.
Eine Nacht im Horrorhaus – wenn der Preis zu gut ist
Die Geschichte von Stay Still ist bewusst schlicht gehalten. Nam ignoriert die Warnungen seiner Familie und bezieht das verdächtig günstige Haus. Dass hier etwas nicht stimmt, wird schnell klar. Die atmosphärische Dichte, mit der das Spiel die ersten Minuten inszeniert, ist durchaus beeindruckend. Dunkle Flure, knarrende Dielen und eine beklemmende Stille schaffen eine Grundstimmung, die Genre-Fans sofort abholt. Doch während die Prämisse funktioniert, bleibt die eigentliche Handlung recht oberflächlich. Details zur Hintergrundgeschichte werden nur spärlich kommuniziert, was einerseits Raum für eigene Interpretation lässt, andererseits aber auch unbefriedigend wirken kann.
Im Vergleich zu großen Genre-Vertretern wie Resident Evil oder Silent Hill fehlt Stay Still die narrative Tiefe. Wer hier eine komplexe Story mit überraschenden Wendungen erwartet, wird enttäuscht. Das Spiel konzentriert sich vielmehr auf seine Kernmechanik: überleben, Rätsel lösen und der unheimlichen Präsenz im Haus entkommen. Für manche mag das ausreichen, anderen wird dieses minimalistische Storytelling zu wenig sein.
Rätsel über Rätsel – Innovation sieht anders aus
Das Gameplay von Stay Still folgt klassischen Survival-Horror-Mustern. Es gibt keine Kampfmöglichkeiten, stattdessen müssen Spieler sich verstecken, leise sein und vor allem: Rätsel lösen. Und genau hier offenbart das Spiel eine seiner größten Schwächen. Die Rätselgestaltung erschöpft sich allzu oft im altbekannten „Finde-den-Schlüssel“-Prinzip. Man öffnet einen Schrank, findet einen Schlüssel für einen anderen Schrank, der wiederum einen Code enthält, der zu einem weiteren Schlüssel führt. Diese monotone Abfolge wiederholt sich derart häufig, dass selbst geduldige Spieler irgendwann die Motivation verlieren.
Dabei hat Stay Still durchaus Momente, in denen es zeigt, was möglich wäre. Wenn man durch dunkle Räume schleicht, das Herz bis zum Hals schlägt und man nicht weiß, ob hinter der nächsten Tür der Tod lauert – das funktioniert. Das Spiel nutzt gezielt Jumpscares und atmosphärische Angstmomente. Die namensgebende Prämisse, stillzustehen wenn Gefahr droht, wird immer wieder thematisiert und sorgt für nervenaufreibende Augenblicke. Allerdings nutzt sich dieser Effekt mit der Zeit ab, zumal die Variation der Bedrohungen überschaubar bleibt. Wer mit Titeln wie Outlast oder Amnesia vertraut ist, wird hier wenig Neues entdecken.
Die Steuerung ist grundsolide, ohne besondere Höhepunkte zu setzen. Die Bewegung durch das Haus funktioniert problemlos, auch wenn die Kameraführung beim Laufen etwas wackelig geraten ist. Das mag realistisch wirken sollen, wirkt aber auf Dauer eher störend. Immerhin lassen sich die Grafikeinstellungen vernünftig anpassen, was für ein Indie-Spiel dieser Größenordnung nicht selbstverständlich ist.
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Technische Schwankungen trüben die Erfahrung
Optisch bewegt sich Stay Still im soliden Mittelfeld für ein Indie-Projekt. Die Beleuchtung ist gelungen und trägt wesentlich zur Atmosphäre bei. Schatten tanzen bedrohlich an den Wänden, und die Entwickler verstehen es, mit Licht und Dunkelheit zu spielen. Die Texturen und Umgebungen sehen anständig aus, erreichen aber natürlich nicht AAA-Standard. Für den Preis und das kleine Team geht das aber völlig in Ordnung.
Weniger erfreulich sind die technischen Probleme, die das Spielerlebnis immer wieder beeinträchtigen. Gelegentlich stockt die Framerate, und einige Animationen wirken hölzern. Schwerwiegender sind jedoch die Bugs, die bei manchen Spielern auftreten. Trigger für wichtige Ereignisse lösen nicht aus, Objekte verschwinden oder erscheinen zur falschen Zeit. Solche Fehler können in einem rätselbasierten Horror-Spiel fatal sein und den Spielfluss komplett unterbrechen. Ein Neustart des Spiels hilft meist, aber das sollte im fertigen Produkt nicht notwendig sein.
Sounddesign als tragende Säule
Was Stay Still wirklich gut macht, ist das Sounddesign. Jedes Knarren, jedes Flüstern und jede bedrohliche Stille ist präzise inszeniert. Die akustische Ebene ist vielleicht sogar das stärkste Element des Spiels. Wer mit Kopfhörern spielt, bekommt eine intensive akustische Erfahrung geboten, die das Gruselpotenzial deutlich erhöht. Die Entwickler haben verstanden, dass Horror oft nicht das zeigt, was man sieht, sondern das, was man hört – oder eben gerade nicht hört.
Die vietnamesische Kulturprägung spiegelt sich sowohl visuell als auch akustisch wider, was dem Spiel eine gewisse Authentizität verleiht. Dieser kulturelle Hintergrund hebt Stay Still von vielen westlich geprägten Horror-Spielen ab und bietet Genre-Kennern eine willkommene Abwechslung. Es ist spürbar, dass sich die Entwickler mit vietnamesischen Legenden und urbanen Mythen auseinandergesetzt haben, auch wenn diese nicht immer optimal in die Spielmechanik integriert wurden.
Kurze Spielzeit mit wenig Tiefgang
Mit einer Spielzeit von etwa zwei Stunden ist Stay Still ein vergleichsweise kurzes Erlebnis. Für den Preis von rund 8 bis 10 Euro ist das durchaus vertretbar, allerdings fehlt dem Spiel jeglicher Wiederspielwert. Es gibt keine alternativen Enden oder versteckten Geheimnisse, die einen zweiten Durchgang rechtfertigen würden. Wer das Spiel einmal durchgespielt hat, hat alles gesehen – und wird vermutlich auch kein Bedürfnis verspüren, noch einmal zurückzukehren.
Für Spieler, die gezielt nach einem kompakten Horror-Erlebnis für einen Abend suchen, mag das ausreichen. Wer jedoch mehr Substanz erwartet, wird hier enttäuscht. Im Vergleich zu länger angelegten Horror-Titeln wie den bereits erwähnten Genre-Größen fehlt Stay Still einfach die Ausdauer. Auch Sammelgegenstände oder optionale Herausforderungen, die zum Erkunden motivieren würden, sucht man vergebens.
Ein Lernprojekt mit sichtbaren Ambitionen
Die Entwickler beschreiben Stay Still selbst als Experiment – ein junger Entwickler, der von einem erfahrenen Kollegen lernt. Diese Ehrlichkeit ist sympathisch und erklärt einige der Schwächen. Man merkt, dass hier Menschen am Werk waren, die Horror-Spiele lieben und etwas Eigenes schaffen wollten. Das Resultat ist ungleichmäßig, aber nicht ohne Reiz.
Besonders hervorzuheben ist die Verfügbarkeit des Spiels über Xbox Play Anywhere, wodurch man nahtlos zwischen Xbox Series X|S und PC wechseln kann. Diese Flexibilität ist ein nettes Feature für diejenigen, die in beiden Ökosystemen unterwegs sind. Der Spielfortschritt wird über die Cloud synchronisiert, was in der Praxis gut funktioniert.
Fazit zu Stay Still
Stay Still ist ein ambitioniertes Indie-Horror-Projekt, das in einigen Bereichen überzeugt, in anderen jedoch deutliche Schwächen offenbart. Die atmosphärische Grundstimmung und das exzellente Sounddesign schaffen echte Gruselmomente. Wer auf psychologischen Horror ohne Kampfmechaniken steht und zwei Stunden düsteres Vergnügen sucht, findet hier durchaus Unterhaltung.
Allerdings wird dieser Genuss durch repetitive Rätselstrukturen, technische Bugs und fehlende narrative Tiefe getrübt. Die gemischten Steam-Bewertungen sprechen eine deutliche Sprache – Stay Still ist ein polarisierendes Spiel, das nicht jeden Horror-Fan zufriedenstellen wird. Wer Wert auf Abwechslung, ausgefeilte Mechaniken und eine packende Geschichte legt, wird hier nur bedingt fündig.
Für Genre-Enthusiasten, die bereit sind über einige Macken hinwegzusehen und neugierig auf vietnamesisch inspirierte Gruselgeschichten sind, lohnt sich ein Blick. Allen anderen sei geraten, erst einige Patches abzuwarten oder im Sale zuzuschlagen.
Stay Still hat Potenzial, das noch nicht vollständig ausgeschöpft wurde. Mit etwas mehr Feinschliff, abwechslungsreicheren Rätseln und einer etwas tiefgründigeren Story könnte eine mögliche Fortsetzung zeigen, was in diesem kleinen Entwicklerteam wirklich steckt. Die Basis ist vorhanden – jetzt muss sie nur noch konsequent ausgebaut werden.

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