Super Mario Odyssey

[Review] Super Mario Odyssey

Mit Super Mario Odyssey kehrt Nintendo zurück zu den Wurzeln des 3D-Mario-Jump’n’Runs und liefert dabei gleichzeitig etwas völlig Neues ab. Seit Super Mario Sunshine aus dem Jahr 2002 auf dem GameCube haben wir kein richtiges Sandbox-Mario mehr bekommen – wenn man mal von den exzellenten, aber doch deutlich lineareren Galaxy-Titeln auf der Wii absieht. Super Mario 3D World auf der Wii U war zwar großartig, aber eben auch eher ein Level-basierter Plattformer. Nun, im ersten Jahr der Nintendo Switch, schickt uns Nintendo auf eine globale Odyssee, die uns an Orte führt, die wir so in einem Mario-Spiel noch nie gesehen haben. Und das Beste daran? Mario hat einen neuen Begleiter dabei, der das gesamte Gameplay auf den Kopf stellt.

Bowser will heiraten – und zwar sofort!

Die Story von Super Mario Odyssey beginnt wie so oft mit einer Prinzessinnen-Entführung. Aber diesmal hat Bowser Großes vor: Er plant eine pompöse Hochzeit mit Prinzessin Peach und reist dafür mit seinem Luftschiff von Königreich zu Königreich, um die perfekten Hochzeitsutensilien zu sammeln. Ein Kleid hier, eine Torte da, Blumen dort – Bowser gibt sich wirklich Mühe. Mario versucht natürlich wie immer, die Entführung zu verhindern, wird aber zu Beginn des Spiels von Bowser besiegt und ins Nirgendwo geschleudert. Dort landet er im sogenannten Hutland, einem mysteriösen Königreich, das von Geistern bewohnt wird, die aussehen wie Zylinder.

Hier begegnet Mario dem Hutgeist Cappy, dessen Schwester Tiara ebenfalls von Bowser entführt wurde, um als Brautkrone bei der Hochzeit zu dienen. Die beiden beschließen zusammenzuarbeiten: Cappy verwandelt sich in Marios ikonische rote Mütze und verleiht ihm dadurch völlig neue Fähigkeiten. Gemeinsam machen sie sich auf die Jagd nach Bowser, reisen mit ihrem eigenen Luftschiff, der Odyssee, von Königreich zu Königreich und sammeln Power-Monde ein, um das Luftschiff anzutreiben.

Die Geschichte ist charmant und humorvoll erzählt, ohne sich zu ernst zu nehmen. Es gibt einige wirklich witzige Momente und unerwartete Wendungen, die für Mario-Verhältnisse durchaus überraschend sind. Das Ende möchte ich natürlich nicht spoilern, aber lasst euch gesagt sein: Es ist großartig und gleichzeitig typisch Mario.

Cappy macht den Unterschied

Das absolute Herzstück von Super Mario Odyssey ist Cappy und die damit verbundene „Capture“-Mechanik. Mario kann seinen neuen Hutfreund auf Gegner, Objekte und sogar neutrale Kreaturen werfen und diese dann übernehmen – oder wie das Spiel es nennt: „capern“. Das klingt zunächst wie ein nettes Gimmick, ist aber tatsächlich das genialste Gameplay-Feature, das Nintendo seit Jahren in ein Mario-Spiel eingebaut hat.

Die Möglichkeiten sind schier endlos: Mario kann einen Frosch capern und damit unglaublich hoch und weit springen. Er kann einen T-Rex übernehmen und damit alles in Schutt und Asche legen. Er kann sich in einen Kugel-Willi verwandeln und damit durch die Luft fliegen. Er kann eine Stromleitung capern und sich damit als Elektrizität durch Kabel bewegen. Sogar leblose Objekte wie Reißverschlüsse, Felsbrocken oder Gabelstapler lassen sich übernehmen. Jedes dieser übernehmbaren Objekte spielt sich völlig anders und hat seine eigenen Fähigkeiten und Eigenheiten.

Das Geniale daran ist, dass Nintendo diese Mechanik nicht nur als Spielerei einbaut, sondern konsequent ins Level-Design integriert. Manche Power-Monde sind nur mit bestimmten Captures zu erreichen, andere Rätsel erfordern kreatives Denken und wieder andere Passagen sind nur mit der richtigen Kombination aus Captures und Marios eigenen Fähigkeiten zu meistern. Die Capture-Mechanik fühlt sich niemals aufgesetzt an, sondern wie eine natürliche Erweiterung von Marios Moveset.

Apropos Moveset: Mario selbst hat natürlich auch noch alle seine klassischen Moves drauf. Dreifachsprung, Weitsprung, Rückwärtssalto, Hechtsprung, Wandsprung – alles ist mit dabei. Dazu kommen neue Moves wie der Stampfattackensprung, bei dem Mario nach einer Stampfattacke in die Luft katapultiert wird, oder der Mützensprung, bei dem Mario Cappy wirft und dann auf ihm abspringt. Die Steuerung ist präzise, reaktionsschnell und nach einer kurzen Eingewöhnungszeit absolut intuitiv. Besonders die Bewegungssteuerung mit den Joy-Cons für spezielle Wurf-Varianten von Cappy fühlt sich gut an, auch wenn man sie nicht zwingend braucht, um das Spiel zu meistern.

Königreiche voller Wunder

Super Mario Odyssey schickt uns durch über ein Dutzend verschiedene Königreiche, und jedes einzelne davon ist einzigartig gestaltet. Das beginnt schon beim Hutland mit seinen gespenstischen Bewohnern und geht über das Kaskadenland mit seinem prähistorischen Dschungel, das Wüstenland mit seiner mexikanisch anmutenden Stadt und fliegenden Taxis bis hin zum absoluten Highlight: New Donk City im Großstadtland.

New Donk City ist eine moderne Metropole mit Menschen (echten Menschen, keine Comic-Figuren!) als Bewohnern, Bürgermeisterin Pauline – Marios ursprüngliche Liebe aus dem allerersten Donkey Kong – und Straßenzügen, die aussehen, als wären sie direkt aus einer amerikanischen Großstadt. Hier kann Mario über Hochhausdächer springen, Stromleitungen capern und an einem Festival teilnehmen, das mit einem absolut fantastischen Musical-Moment aufwartet, der zu den besten Szenen gehört, die Nintendo je in einem Spiel geschaffen hat.

Aber auch die anderen Königreiche haben ihren ganz eigenen Charme. Das Schnee-Königreich mit seinen Eisskulpturen und Rennen, das Forstland mit seinen mechanischen Robotern und lebenden Bäumen, das Küstenland mit seiner traumhaften Unterwasserwelt oder das Schlemmerland, das komplett aus Essen besteht – jedes Königreich fühlt sich völlig anders an und bietet neue Überraschungen. Nintendo hat sich hier wirklich ausgetobt und zeigt, wie vielfältig die Mario-Welt sein kann, wenn man sich traut, über den Tellerrand des Pilz-Königreichs hinauszuschauen.

Dabei ist jedes Königreich vollgepackt mit Geheimnissen, versteckten Bereichen und vor allem: Power-Monden. Diese ersetzen die klassischen Power-Sterne und sind die Hauptsammelobjekte des Spiels. Anders als bei Super Mario 64 oder Super Mario Galaxy, wo es pro Level etwa zehn Sterne gab, gibt es in Odyssey teilweise über 100 Power-Monde pro Königreich. Das klingt zunächst überwältigend, funktioniert aber erstaunlich gut, weil viele Monde relativ einfach zu finden sind, während andere echte Knobelarbeit erfordern.

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Sammeln bis der Arzt kommt

Die Struktur von Super Mario Odyssey ist herrlich altmodisch: Man erkundet die Königreiche, sammelt Power-Monde, schaltet damit neue Bereiche frei und jagt Bowser hinterher. Um die Story durchzuspielen, braucht man etwa 120 der insgesamt über 880 Power-Monde – danach ist aber noch lange nicht Schluss. Denn die wahre Magie des Spiels entfaltet sich erst, wenn man nach dem Abspann weiterspielt.

Plötzlich öffnen sich in allen Königreichen neue Bereiche, zusätzliche Herausforderungen tauchen auf und manche Monde, die vorher unerreichbar schienen, werden plötzlich zugänglich. Hier zeigt sich, dass Nintendo an die verschiedensten Spielertypen gedacht hat. Casual-Spieler können die Story entspannt durchspielen, während Hardcore-Sammler hunderte Stunden damit verbringen können, jeden einzelnen Mond aufzuspüren. Einige dieser Post-Game-Herausforderungen sind übrigens richtig knackig und verlangen selbst erfahrenen Jump’n’Run-Veteranen einiges ab.

Besonders clever ist das Leben-System – oder besser gesagt: das Fehlen eines solchen. Super Mario Odyssey verzichtet komplett auf das klassische Leben-System. Stirbt Mario, verliert er lediglich zehn Münzen und respawnt in der Nähe. Das klingt zunächst nach „zu einfach“, nimmt aber den Frust aus schwierigen Passagen und ermutigt zum Experimentieren. Game Over gibt es nicht mehr, was dem Spielfluss enorm zugutekommt.

Neben den Power-Monden gibt es natürlich auch noch Münzen – normale goldene Münzen und regionale lila Münzen, die in jedem Königreich anders aussehen. Mit diesen kann man in den Crazy-Cap-Läden einkaufen und Mario mit verschiedenen Outfits ausstatten. Von der klassischen Klempner-Kluft über einen Anzug bis hin zu verrückten Kostümen wie einem Cowboy-Outfit oder einem Skelett-Anzug ist alles dabei. Manche Bereiche sind sogar nur mit bestimmten Kostümen zugänglich – ein netter Anreiz zum Sammeln.

Technisch auf der Höhe

Grafisch ist Super Mario Odyssey eine wahre Augenweide. Nintendo zeigt hier eindrucksvoll, was in der Switch steckt, und liefert ein Spiel ab, das durchgehend farbenfroh, detailreich und mit stabiler Framerate läuft. Im TV-Modus läuft das Spiel in 900p mit 60 Frames pro Sekunde, im Handheld-Modus in 720p ebenfalls mit 60 FPS. Und diese 60 FPS machen sich bemerkbar – die Steuerung fühlt sich butterweich an und jede Bewegung von Mario ist präzise und reaktionsschnell.

Das Art-Design ist fantastisch. Die verschiedenen Königreiche haben alle ihren eigenen Look und ihre eigene Atmosphäre. Besonders beeindruckend ist die Darstellung von New Donk City mit seinen realistischen Menschen neben dem cartoonigen Mario – eine Stilmischung, die eigentlich nicht funktionieren sollte, aber perfekt harmoniert. Die Animationen sind flüssig und ausdrucksstark, die Beleuchtung ist stimmig und die vielen kleinen Details in den Leveln zeigen, wie viel Liebe Nintendo in jede Ecke des Spiels gesteckt hat.

Der Soundtrack verdient ein besonderes Lob. Komponist Koji Kondo und sein Team haben sich hier selbst übertroffen. Von orchestralen Stücken über Jazz-Nummern bis hin zu elektronischen Beats ist alles vertreten. Das absolute Highlight ist aber der Song „Jump Up, Super Star!“ mit Pauline als Sängerin, der in New Donk City zum Einsatz kommt. Dieser Song ist nicht nur eingängig, sondern wird auch in einer unvergesslichen Sequenz im Spiel zelebriert, die einfach nur Gänsehaut verursacht. Daneben gibt es viele weitere tolle Musikstücke, die perfekt zur jeweiligen Atmosphäre der Königreiche passen.

Die Soundeffekte sind klassisch Mario – vertraute Geräusche beim Münzensammeln, Marios „Wahoo!“-Rufe und die vielen verschiedenen Sounds der gecaperten Objekte und Gegner. Technisch gibt es hier absolut nichts zu meckern. Das Spiel läuft stabil, sieht großartig aus und klingt fantastisch.

Koop und Amiibo-Support

Super Mario Odyssey bietet auch einen Koop-Modus, bei dem ein zweiter Spieler mit einem einzelnen Joy-Con Cappy steuert. Spieler 1 kontrolliert dabei Mario, während Spieler 2 Cappy unabhängig bewegen und Gegner angreifen kann. Das ist eine nette Ergänzung, besonders für Familien, aber nicht ganz so ausgereift wie man es sich vielleicht wünschen würde. Der zweite Spieler hat eher eine Unterstützer-Rolle und das Spiel ist eindeutig für Single-Player konzipiert. Trotzdem ist es schön, dass Nintendo diese Option eingebaut hat.

Zusätzlich unterstützt das Spiel verschiedene Amiibo-Figuren. Die speziellen Hochzeits-Amiibos von Mario, Peach und Bowser schalten besondere Outfits frei, während andere Amiibos Hinweise auf versteckte Power-Monde geben. Die Amiibo-Unterstützung ist aber rein optional und man verpasst nichts Essentielles, wenn man keine Figuren besitzt.

Kleinigkeiten zum Meckern

Wenn man wirklich Kritikpunkte suchen möchte – und das muss man bei diesem Spiel wirklich –, dann findet man vielleicht in der schieren Anzahl der Power-Monde einen Ansatzpunkt. Manche Monde liegen buchstäblich einfach so herum und fühlen sich nicht besonders befriedigend an, wenn man sie einsammelt. Während bei Super Mario 64 jeder einzelne Stern eine kleine Belohnung war, gibt es in Odyssey so viele Monde, dass einige davon eher wie Münzen wirken. Das ist aber Meckern auf sehr hohem Niveau, denn die wirklich kreativen und herausfordernden Monde überwiegen bei Weitem.

Ebenfalls könnte man anmerken, dass der Schwierigkeitsgrad in der Hauptstory relativ moderat ausfällt. Erfahrene Jump’n’Run-Spieler werden die ersten 120 Monde ohne größere Probleme einsammeln können. Die richtige Herausforderung wartet erst im Post-Game, was manchen Spielern vielleicht zu spät kommt. Aber auch hier muss man sagen: Nintendo wollte offensichtlich ein Spiel schaffen, das für alle zugänglich ist, und das ist definitiv gelungen.

Manche der Bewegungssteuerungs-Moves mit den Joy-Cons sind zwar cool, aber nicht immer praktisch, besonders im Handheld-Modus. Hier hätte man sich vielleicht alternative Eingabemethoden gewünscht, auch wenn die grundlegende Steuerung auch ohne Bewegungen einwandfrei funktioniert.

Das Fazit zu Super Mario Odyssey

Super Mario Odyssey ist nicht nur ein tolles Mario-Spiel, es ist ein absolutes Meisterwerk und eines der besten Jump’n’Runs, die je erschaffen wurden. Nintendo hat hier alles richtig gemacht: Die Capture-Mechanik ist innovativ und perfekt ins Gameplay integriert, die Königreiche sind kreativ und voller Geheimnisse, die Steuerung ist präzise, die Präsentation ist erstklassig und der Umfang ist gigantisch.

Das Spiel schafft den perfekten Spagat zwischen Zugänglichkeit für Einsteiger und Tiefgang für Hardcore-Fans. Jeder kann die Story durchspielen und Spaß haben, aber nur die Besten werden wirklich alle 880+ Power-Monde finden. Diese Vielfalt macht Super Mario Odyssey zu einem Spiel, das man über Monate hinweg immer wieder gerne in die Hand nimmt.

Nach dem fulminanten Start der Switch mit The Legend of Zelda: Breath of the Wild im Frühjahr 2017 hat Nintendo nun zum Jahresende mit Super Mario Odyssey den zweiten absoluten Pflichttitel für die neue Konsole abgeliefert. Wer eine Switch besitzt und auch nur ein bisschen etwas für Jump’n’Runs übrig hat, kommt an diesem Spiel nicht vorbei. Es ist kreativ, charmant, umfangreich und macht vom ersten bis zum letzten Moment einfach nur unglaublich viel Spaß.

Mario beweist mit seiner Odyssee eindrucksvoll, dass er auch nach über 30 Jahren immer noch der unangefochtene König der Plattformer ist. Dieses Spiel gehört in jede Switch-Sammlung – ohne Wenn und Aber!

Lasst die Mützen fliegen und ab auf die Reise!

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