Mit The Backrooms 1998 – Found Footage liefert das Ein-Mann-Studio Steelkrill einen Titel ab, der sich eindeutig an Spieler richtet, die ein Faible für klassischen Found Footage-Horror und urbane Legenden haben. Der Titel greift das Internet-Phänomen der „Backrooms“ auf – jene endlosen, gelbgetapezierte Büroräume, in die man angeblich durch „No-Clipping“ aus der Realität gelangen kann. Was als einfacher Creepypasta begann, wurde hier zu einem spielbaren VHS-Horror-Alptraum der 90er Jahre.
Von Beginn an wird deutlich, dass hier jemand am Werk war, der versteht, was Found Footage-Horror ausmacht. Das körnige VHS-Bild, die verwackelten Kamerafahrten und die authentische 90er-Camcorder-Ästhetik treffen direkt ins Schwarze. Wir schlüpfen in die Rolle eines Teenagers, der 1998 versehentlich in die Backrooms gefallen ist und nun verzweifelt versucht, einen Ausweg aus diesem endlosen Labyrinth zu finden.
Story und Atmosphäre
Die Geschichte von The Backrooms 1998 ist bewusst simpel gehalten, aber genau das macht ihren Reiz aus. Wir erleben die Ereignisse durch die Linse einer alten Camcorder-Aufnahme und folgen dem namenlosen Protagonisten durch die klaustrophobischen Gänge der Backrooms. Was zunächst nur wie ein verzweifelter Fluchtversuch wirkt, entwickelt sich langsam zu einer verstörenden Geschichte über einen entführten Jungen namens Tommy, deren Details wir durch Zeitungsausschnitte, Fotos und Radioaufnahmen zusammenpuzzeln müssen.
Die Backrooms selbst sind hier nicht nur Kulisse, sondern werden zum eigentlichen Charakter des Spiels. Die endlosen, gelbgetapezierte Gänge mit dem surrenden Neonlicht und dem muffigen Geruch – den man förmlich durch den Bildschirm zu riechen glaubt – erschaffen eine Atmosphäre der Isolation und des langsam wachsenden Wahnsinns. Besonders gelungen ist dabei, wie sich die anfangs noch harmlosen Räume langsam in ein Horrorkabinett verwandeln, komplett mit blutverschmierten Wänden, Mannequins und anderem typischen Horror-Inventar.
Gameplay und Mechaniken
The Backrooms 1998 ist im Kern ein Escape Room-Spiel mit Survival-Elementen. Bewaffnet mit einer Taschenlampe (Batterien nicht vergessen!) und einer Sprühpistole zum Markieren der Wege müssen wir Hinweise sammeln, Gegenstände finden und vor allem – überleben. Die Navigation durch das Labyrinth ist dabei bewusst verwirrend, da sich Räume scheinbar ändern und wiederholen. Die Sprühpistole wird dabei zum überlebenswichtigen Werkzeug, um bereits besuchte Bereiche zu markieren.
Eine der interessantesten Mechaniken ist das Mikrofon-Feature: Das Spiel hört tatsächlich über euer Mikrofon mit und die Kreatur, die durch die Gänge wandelt, kann euch hören, wenn ihr zu laut seid. Das sorgt für eine zusätzliche Immersion, die bei anderen Horror-Spielen so nicht zu finden ist. Wer schon einmal versucht hat, in einem wirklich gruseligen Moment die Luft anzuhalten, wird diese Mechanik zu schätzen wissen – oder verfluchen, je nach Perspektive.
Das Speichersystem ist bewusst brutal gehalten: Speichern könnt ihr nur an bestimmten Fernsehern, und jeder kann nur einmal benutzt werden. Sind alle Speicherpunkte aufgebraucht und ihr sterbt, seid ihr für immer in den Backrooms gefangen. Das mag frustrierend klingen, erhöht aber den Spannungsfaktor erheblich und passt perfekt zur hoffnungslosen Atmosphäre des Spiels.
Grafik und Sound
Optisch setzt The Backrooms 1998 voll auf die VHS-Nostalgie der 90er Jahre. Das körnige Bild, die leicht verzerrten Farben und die typischen Camcorder-Overlays sind nicht nur stilistisches Mittel, sondern essentiell für die Immersion. Man hat wirklich das Gefühl, Found Footage aus dem Jahr 1998 zu betrachten. Die Backrooms selbst sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet – jeder Gang, jeder Raum strahlt diese bedrückende Monotonie aus, die das Original-Creepypasta so berühmt gemacht hat.
Bei der Soundkulisse zeigt sich die wahre Stärke des Spiels. Das permanente Summen der Neonröhren, die hallenden Schritte, das schwere Atmen des Protagonisten – alles trägt zur klaustrophobischen Atmosphäre bei. Besonders beeindruckend ist, wie sich die Geräuschkulisse verändert, wenn sich die unsichtbare Bedrohung nähert. Das Echo in den Gängen sorgt dafür, dass man nie genau weiß, aus welcher Richtung die Gefahr kommt.
Die fehlende deutsche Lokalisierung fällt hier nicht negativ ins Gewicht, da das Spiel größtenteils durch visuelle Eindrücke und Atmosphäre funktioniert. Die spärlichen englischen Dialoge und Texte sind ohnehin meist in Form von Dokumenten oder Radioaufnahmen eingebaut.
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Solo-Entwicklung mit Ecken und Kanten
Man merkt The Backrooms 1998 deutlich an, dass es von einem einzelnen Entwickler stammt. Das ist aber keineswegs negativ gemeint – im Gegenteil. Die Leidenschaft und Vision, die in diesem Projekt steckt, ist spürbar. Sicher gibt es hier und da kleinere technische Unzulänglichkeiten oder Momente, in denen die Wiederholung der Räume etwas zu offensichtlich wird. Aber genau diese kleinen Imperfektionen verleihen dem Spiel einen authentischen Indie-Charme, der perfekt zur Found Footage-Ästhetik passt.
Mit einer Spielzeit von etwa 1-1,5 Stunden ist The Backrooms 1998 kein abendfüllendes Epos, aber das muss es auch nicht sein. Es ist ein konzentrierter Horror-Shot, der genau weiß, was er will und das auch umsetzt. Der Preis von knapp 8-9 Euro ist für das Gebotene absolut fair, zumal das Spiel noch im Early Access ist und der Entwickler regelmäßig Updates nachschiebt.
Fazit zu The Backrooms 1998 – Found Footage
The Backrooms 1998 ist ein kleines Horror-Juwel, das zeigt, wie viel Atmosphäre ein einzelner Entwickler mit der richtigen Vision erschaffen kann. Es ist kein perfektes Spiel und will das auch gar nicht sein – es ist authentisches Found Footage-Horror-Gaming, das die Nostalgie der 90er und die Faszination der Backrooms-Legende perfekt einfängt.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie es sich anfühlt, in einem Creepypasta gefangen zu sein, oder wer einfach eine Stunde lang richtig guten atmosphärischen Horror erleben möchte, liegt hier goldrichtig. Die innovative Mikrofon-Mechanik, die authentische VHS-Ästhetik und die bedrückende Atmosphäre machen The Backrooms 1998 zu einem Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.
Für Horror-Fans und alle, die sich für die Backrooms-Mythologie interessieren, ist das hier ein absoluter Geheimtipp. Nur bitte – wirklich nur – spielt es mit Kopfhörern und im Dunkeln. Ihr werdet es nicht bereuen. Oder vielleicht doch, je nachdem, wie gut eure Nerven sind.
Steelkrill Studio hat hier bewiesen, dass man für wirklich gruseligen Horror keine Millionen-Budgets braucht – manchmal reichen eine gute Idee, viel Leidenschaft und das Verständnis dafür, was Found Footage-Horror wirklich ausmacht. Ich bin gespannt, was als nächstes aus diesem Studio kommt, denn wenn das hier nur der Anfang ist, dann dürfen wir uns auf einiges freuen.