The Callisto Protocol

[Review] The Callisto Protocol

Mit The Callisto Protocol macht Glen Schofield dort weiter, wo er 2008 mit Dead Space aufgehört hat. Der Schöpfer des Weltraum-Horror-Klassikers hat zusammen mit seinem Team bei Striking Distance Studios einen spirituellen Nachfolger geschaffen, der uns ins Jahr 2320 auf den Jupitermond Callisto führt. Nachdem EA mit Dead Space 3 die Serie gegen die Wand gefahren hatte und Schofield das Unternehmen verließ, war die Vorfreude auf sein neues Projekt entsprechend groß. Die Frage war nur: Kann The Callisto Protocol da anknüpfen, wo Dead Space damals aufgehört hatte, oder bleibt es nur beim nostalgischen Gefühl?

Die Story von The Callisto Protocol

Jacob Lee (Josh Duhamel, bekannt aus Transformers und Las Vegas) ist Pilot eines Frachttransporters und gerät durch unglückliche Umstände in eine Verschwörung, die ihn direkt ins Black Iron Gefängnis auf dem Jupitermond Callisto befördert. Was als Routinejob beginnt, wird schnell zum Überlebenskampf, als ein mysteriöser Ausbruch das Gefängnis in die Hölle verwandelt. Die Insassen mutieren zu grauenhaften Kreaturen, und Jacob muss sich nicht nur durch Horden von Monstern kämpfen, sondern auch herausfinden, was wirklich in den Tiefen von Black Iron vor sich geht.

Karen Fukuhara (The Boys, Suicide Squad) spielt Dani, eine Insassin, die Jacob zur Seite steht, während der ikonische James Marsden (X-Men, Westworld) als Captain Leon Ferris auftritt. Die Besetzung ist durchweg hochwertig und trägt viel zur Atmosphäre bei. Besonders Josh Duhamel liefert eine überzeugende Performance als Mann ab, der von den Umständen überfordert wird, aber trotzdem kämpft.

Die Geschichte ist solide erzählt und bietet einige interessante Wendungen, auch wenn sie nicht ganz an die narrative Tiefe von Dead Space heranreicht. Themen wie Konzernmacht, Gefangenenrechte und die Grenzen der Wissenschaft werden angeschnitten, hätten aber durchaus etwas mehr Tiefe vertragen können. Trotzdem funktioniert die Story als Rahmen für das Horror-Spektakel sehr gut.

Grafik und Atmosphäre – Ein visuelles Fest des Grauens

Hier kann The Callisto Protocol definitiv punkten. Die Unreal Engine 4 wurde bis aufs Äußerste ausgereizt, und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Gefängnisumgebung wirkt beklemmend authentisch, die Beleuchtung ist meisterhaft eingesetzt und jeder Schatten könnte eine Bedrohung bergen. Besonders beeindruckend sind die Charaktermodelle und Animationen – Jacob sieht im Laufe des Spiels immer mitgenommener aus, Blut und Schmutz sammeln sich realistisch an seiner Kleidung.

Die Mutanten, die sogenannten „Biophagen“, sind wahre Meisterwerke des Body-Horrors. Jede Kreatur ist detailliert modelliert und animiert, ihre Bewegungen wirken unheimlich organisch und unberechenbar. Wenn sich ein Feind langsam verwandelt oder aus einem vermeintlichen Leichenboot erhebt, stockt einem wirklich der Atem. Die Umgebungen variieren geschickt zwischen sterilen Gefängnisbereichen und komplett von der Seuche übernommenen Sektionen.

Die Partikeleffekte bei Kämpfen und die realistischen Physik-Simulationen tragen zusätzlich zur Immersion bei. Wenn Jacob mit einem Schlagstock auf einen Gegner einprügelt, spritzt das Blut authentisch durch die Gegend – das ist definitiv nichts für schwache Nerven.

Sound – Horror für die Ohren

Audiovisuell ist The Callisto Protocol eine Wucht. Die Soundkulisse ist absolut erstklassig und trägt maßgeblich zur Horror-Atmosphäre bei. Das Knarren der Gefängnisstruktur, die verstörenden Geräusche der Mutanten und die subtilen Umgebungssounds sorgen für konstante Anspannung. Besonders mit einem guten Headset wird das Spiel zu einer wahren Tortur für die Nerven – im positiven Sinne.

Der Soundtrack, komponiert von Mark Korven (bekannt für The Witch und The Lighthouse), untermalt das Geschehen perfekt. Er hält sich oft zurück und lässt die Umgebungsgeräusche wirken, setzt aber in den richtigen Momenten dramatische Akzente. Die deutsche Synchronisation ist ebenfalls gelungen, auch wenn die englische Originalversion durchaus ihre Berechtigung hat.

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Gameplay – Zurück zu den Wurzeln mit modernen Anpassungen

Das Gameplay orientiert sich stark an Dead Space, bringt aber einige moderne Elemente mit. Jacob bewegt sich bewusst schwerfällig durch die Korridore – das ist kein Bug, sondern gewolltes Design, um das Gefühl der Hilflosigkeit zu verstärken. Die Kamera ist nah am Charakter, was die Klaustrophobie verstärkt und Jump Scares effektiver macht.

Das Kampfsystem setzt stark auf Nahkampf. Jacob kann Schlagwaffen aufheben und damit auf die Mutanten einprügeln. Das fühlt sich brutal und zufriedenstellend an, besonders wenn man die Umgebung zu seinem Vorteil nutzt – Gegner können in Ventilatoren, gegen Stacheln oder in Abgründe befördert werden. Die „Stomp“-Mechanik aus Dead Space ist ebenfalls zurück und genauso befriedigend wie früher.

Fernkampfwaffen gibt es auch, sind aber deutlich seltener und die Munition knapp bemessen. Das zwingt zu strategischem Denken: Wann setze ich die kostbare Schrotflinte ein, wann versuche ich es mit dem Schlagstock? Die Balance ist gelungen und sorgt für konstante Spannung.

Ein neues Element ist das „GRP“ (Gravity Manipulation Device), mit dem Gegner durch die Luft geschleudert werden können. Das macht nicht nur Spaß, sondern ist oft auch taktisch sinnvoll. Allerdings hätte dieses System noch etwas mehr Tiefe vertragen können.

Die Rätsel halten sich in Grenzen und sind meist auf das Finden von Keycards oder das Umleiten von Energie beschränkt. Hier hätte man sich etwas mehr Kreativität gewünscht, besonders da Dead Space in diesem Bereich deutlich mehr geboten hatte.

Level-Design und Pacing – Klassisch linear mit kleinen Problemen

The Callisto Protocol setzt auf klassisches, lineares Level-Design. Die Gefängnisgänge, Krankenstationen und Außenbereiche sind geschickt miteinander verbunden und sorgen für eine gute Abwechslung. Besonders gelungen sind die Außensequenzen auf der Mondoberfläche, die einen beeindruckenden Blick auf Jupiter gewähren.

Allerdings hat das Pacing leichte Schwächen. Manchmal häufen sich die Kämpfe zu sehr, sodass der Horror-Aspekt etwas verloren geht. Andere Passagen ziehen sich wiederum etwas, besonders wenn man zum dritten Mal durch ähnlich aussehende Korridore läuft. Hier hätte eine etwas bessere Balance gut getan.

Die Ladezeiten sind auf PS5 und Xbox Series X praktisch nicht vorhanden, was die Immersion nicht unterbricht. Auf PC kann die Performance je nach System variieren, aber mit entsprechender Hardware läuft das Spiel sehr flüssig.

The Callisto Protocol

Schwierigkeitsgrad und Wiederspielwert – Hardcore für Horrorfans

The Callisto Protocol ist definitiv nichts für Gelegenheitsspieler. Schon im normalen Schwierigkeitsgrad kann das Spiel brutal fordernd sein. Munition ist knapp, Health-Stims sind rar und die Gegner teilen ordentlich aus. Das ist durchaus gewollt und verstärkt die Horror-Atmosphäre, kann aber auch frustrierend werden.

Besonders ärgerlich ist das Checkpoint-System. Manchmal liegen die Speicherpunkte relativ weit auseinander, sodass man nach einem Tod längere Passagen wiederholen muss. Das bricht leider oft die Immersion und führt zu unnötigem Frust.

Für Wiederspieler gibt es ein New Game Plus-Modus, in dem man mit allen gesammelten Upgrades starten kann. Zusätzlich gibt es verschiedene Kostüme für Jacob zu freischalten und einige versteckte Audio-Logs zu finden. Das ist nett, aber nicht unbedingt ein Grund für mehrere Durchgänge.

Die Technik – Meistens beeindruckend, manchmal problematisch

Technisch ist The Callisto Protocol größtenteils sehr solide. Die Grafik ist beeindruckend, die Animationen flüssig und die Physik funktioniert zuverlässig. Allerdings gab es zum Release einige Performance-Probleme, besonders auf PC. Stutter und Frame-Drops trübten leider das Erlebnis.

Auf PS5 und Xbox Series X läuft das Spiel deutlich stabiler, wobei man zwischen einem Performance-Modus (60 FPS) und einem Quality-Modus (4K, 30 FPS) wählen kann. Der Performance-Modus ist definitiv zu empfehlen, da die flüssige Darstellung bei den hektischen Kämpfen wichtig ist.

Die Ladezeiten sind, wie bereits erwähnt, auf den neuen Konsolen praktisch nicht vorhanden. Das DualSense-Feedback auf PS5 ist gelungen und verstärkt das taktile Gefühl beim Kämpfen.

The Callisto Protocol

Fazit zu The Callisto Protocol

The Callisto Protocol ist ein solider Survival-Horror-Titel, der vieles richtig macht, aber nicht ganz an die Brillanz von Dead Space heranreicht. Glen Schofield und sein Team haben definitiv verstanden, was einen guten Horror-Titel ausmacht: beklemmende Atmosphäre, brutale Kämpfe und konstante Anspannung. Die technische Umsetzung ist größtenteils beeindruckend, und die Audio-Arbeit ist schlichtweg exzellent.

Allerdings merkt man dem Spiel an, dass es in manchen Bereichen etwas zu sehr auf der Dead Space-Formel ruht, ohne genug eigene Ideen einzubringen. Das GRP-System hätte mehr Potenzial gehabt, die Rätsel sind zu simpel und das Pacing könnte stellenweise besser sein. Auch die Performance-Probleme zum Launch haben etwas den Glanz getrübt.

Trotzdem: Wer sich nach klassischem Survival-Horror sehnt und mit brutaler Action nichts falsch machen kann, wird bei The Callisto Protocol definitiv auf seine Kosten kommen. Es ist zwar nicht der erhoffte Dead Space-Killer geworden, aber es ist ein würdiger spiritueller Nachfolger, der Lust auf mehr macht. Vielleicht kann ein eventueller Nachfolger dann die Schwächen ausmerzen und das volle Potenzial ausschöpfen.

Für Horror-Fans definitiv einen Blick wert, für alle anderen eher etwas für mutige Momente. Glen Schofield hat bewiesen, dass er es noch drauf hat – jetzt muss er nur noch den letzten Feinschliff hinbekommen.

Bewertung: 7,8/10

Spielzeit: Ca. 12-15 Stunden (je nach Spielstil und Schwierigkeitsgrad)

Verfügbar für: PlayStation 5, Xbox Series X/S, PC (Steam, Epic Games Store)

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