Mit Final Transmission veröffentlicht Striking Distance Studios das abschließende Story-DLC zu The Callisto Protocol und verspricht damit endlich Antworten auf den Cliffhanger des Hauptspiels. Nach sieben Monaten Wartezeit dürfen wir als Jacob Lee ein letztes Mal durch die verseuchten Korridore des Black Iron Prison stapfen. Die zentrale Frage dabei lautet: Gelingt es dem Studio, dem ambitionierten, aber bei Release durchwachsen aufgenommenen Survival-Horror-Titel einen würdigen Abschluss zu verpassen? Die kurze Antwort vorweg: Jein. Die lange Antwort folgt in diesem Review.
Ein letzter Ausbruchsversuch – oder doch nicht?
Final Transmission setzt unmittelbar nach den Ereignissen des achten Kapitels „Tower“ ein. Jacob Lee erwacht in einem unbekannten Bereich des Black Iron Prison, desorientiert und seiner Erinnerung beraubt. Dr. Catherine Mahler meldet sich über Funk und bietet ihm einen Fluchtweg an – doch irgendetwas stimmt nicht. Seltsame Symbole tauchen auf, Worte verschwimmen vor Jacobs Augen und die Grenzen zwischen Realität und Wahn beginnen zu verschwimmen.
Die Prämisse klingt vielversprechend und bietet theoretisch enormes Potenzial für psychologischen Horror. Das Konzept, einen Protagonisten zu spielen, der nicht mehr zwischen Realität und Halluzination unterscheiden kann, hätte frischen Wind in das eher gradlinige Gameplay des Hauptspiels bringen können. Tatsächlich gibt es einige Momente, in denen Final Transmission genau das liefert – verstörende Halluzinationssequenzen, die einen kurzzeitig aus dem Tritt bringen. Doch diese Passagen kommen viel zu spät und werden nicht konsequent genug eingesetzt. Statt das psychologische Element organisch in die Spielmechanik einzuweben, bleibt es größtenteils oberflächliches Beiwerk.
Die Geschichte selbst wirkt wie ein nachträglich hinzugefügter Epilog, der versucht, lose Enden zusammenzuknüpfen. Während das Hauptspiel trotz aller Schwächen noch eine gewisse narrative Dynamik besaß, fühlt sich Final Transmission eher wie eine verlängerte Zusatzmission an. Die dramatischen Wendungen sind vorhersehbar, die Charakterentwicklung praktisch nicht existent. Man merkt dem DLC an, dass hier versucht wurde, eine Geschichte zu erzählen, für die schlichtweg nicht genügend Substanz vorhanden war.
Mehr vom Gleichen – und das ist nicht unbedingt positiv
Spielerisch bleibt Final Transmission dem Hauptspiel treu, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Wer das Kampfsystem von The Callisto Protocol mochte, bekommt exakt mehr davon. Wer damit nicht warm wurde, findet hier keine Verbesserungen. Die Steuerung fühlt sich nach wie vor schwerfällig an, was durchaus beabsichtigt ist und zur bedrückenden Atmosphäre beitragen soll. Das Ausweichen durch Neigen des linken Sticks, gefolgt von Gegenangriffen, bleibt das zentrale Element jeder Auseinandersetzung.
Als neue Waffe kommt der Kinetic Hammer hinzu, der den Stun Baton ersetzt. Dieser elektrisierte Schlagstock fühlt sich tatsächlich wuchtig und befriedigend an. Jeder Hieb hat Gewicht, und man spürt förmlich, wie die Schläge auf die Biophage-Kreaturen niederprasseln. Gerade im Kampf gegen die neuen Biobot-Gegner – eine Verschmelzung von Sicherheitsrobotern und Biophage-Infektion – macht die Waffe richtig Spaß. Allerdings hätte man sich gewünscht, dass diese Wuchtwaffe bereits im Hauptspiel zur Verfügung gestanden hätte.
Die Biobots selbst sind eine willkommene Ergänzung zum Gegnerrepertoire. Diese biomechanischen Hybrid-Feinde verlangen nach neuen taktischen Ansätzen und sorgen für etwas Abwechslung, wenn auch nur temporär. Leider beschränkt sich die Gegnervielfalt im Wesentlichen auf diesen einen neuen Typ – alle anderen Feinde sind bekannte Gesichter aus dem Hauptspiel. Selbst die Jump-Scares werden recycelt, was für ein DLC, das sieben Monate nach Release erschien, doch überraschend ist.
![[Review] The Callisto Protocol: Final Transmission 2 YouTube player](https://i.ytimg.com/vi/PQzYSI2NVHc/maxresdefault.jpg)
Technisch makellos, inhaltlich dünn
Visuell spielt Final Transmission weiterhin in der absoluten Oberklasse. Die RE Engine von Capcom… Entschuldigung, falsches Franchise. Striking Distance hat für The Callisto Protocol keine externe Engine genutzt, sondern ihre hauseigene Technologie zum Einsatz gebracht, und die zeigt sich von ihrer besten Seite. Die Beleuchtung ist atmosphärisch und stimmungsvoll, die Detailverliebtheit bei Umgebungen und Charaktermodellen beeindruckend. Black Iron Prison sieht so gut aus wie eh und je – vielleicht sogar noch einen Tick besser in einigen der neu gestalteten Bereiche.
Auch akustisch gibt es wenig zu bemängeln. Die Soundkulisse aus ächzenden Metallträgern, fernen Schreien und bedrohlichen Umgebungsgeräuschen trägt maßgeblich zur beklemmenden Atmosphäre bei. Der Soundtrack hält sich dezent im Hintergrund und unterstreicht die Spannung in kritischen Momenten. Die deutsche Synchronisation ist solide, wenngleich nicht ganz auf dem Niveau der großen Genre-Vertreter.
Was jedoch wirklich auffällt, ist der geringe Umfang. Final Transmission lässt sich in etwa drei bis fünf Stunden durchspielen, je nach Spielweise und Schwierigkeitsgrad. Für ein Story-DLC, das mit der Auflösung des Cliffhangers geworben wurde, ist das doch recht mager. Zumal ein Großteil dieser Zeit darauf verwendet wird, durch bereits bekannte Bereiche des Gefängnisses zu laufen und Gegnergruppen zu bekämpfen, die wir schon zur Genüge kennen.
Die Level-Gestaltung ist linear bis auf die Knochen. Zwar gibt es gelegentlich Abzweigungen, um Ressourcen zu sammeln, doch wirkliche Exploration oder Rätsel sucht man vergebens. Die wenigen Puzzle-Elemente beschränken sich auf simple Schlossknacker-Mechaniken, die mehr Zeit kosten als dass sie tatsächlich herausfordernd wären. Hier hätte man sich deutlich mehr zutrauen können, gerade weil das Hauptspiel bereits für seinen Mangel an abwechslungsreichen Spielelementen kritisiert wurde.
Ein Boss-Kampf und eine fragwürdige Entscheidung
Der finale Boss-Kampf in Final Transmission sollte eigentlich ein Highlight sein – eine Demonstration der Macht des Kinetic Hammers und eine echte Herausforderung für die Spieler. Stattdessen entpuppt sich die Auseinandersetzung als frustrierendes Geduldsspiel. Der Boss verfügt über ähnliche Mechaniken wie Jacob selbst und kann nahtlos zwischen Nah- und Fernkampfangriffen wechseln. Das klingt zunächst interessant, führt aber in der Praxis zu einer zähen Angelegenheit, bei der man größtenteils damit beschäftigt ist, Rückschläge zu vermeiden und auf Schadensphasen zu warten.
Die Arena selbst bietet zwar einige Umgebungselemente, die man taktisch nutzen kann, doch die schwerfällige Steuerung macht es oft zur Glückssache, ob man rechtzeitig ausweichen oder effektiv kontern kann. Selbst im einfachsten Schwierigkeitsgrad berichten Spieler von erheblichen Problemen mit diesem Kampf – ein deutliches Zeichen dafür, dass hier das Balancing nicht stimmt.
Doch der eigentliche Knackpunkt von Final Transmission ist nicht das Gameplay, sondern das Ende. Ohne zu viel zu verraten: Das DLC nutzt eines der am meisten verhassten Narrative Devices der Unterhaltungsbranche. Die Auflösung des Cliffhangers, auf die viele Spieler gewartet haben, entpuppt sich als bitter enttäuschend und macht rückwirkend große Teile der Spielzeit bedeutungslos. Es fühlt sich an, als hätte Striking Distance beschlossen, die Geschichte von The Callisto Protocol hier und jetzt zu beenden, ohne Rücksicht auf die Erwartungen der Spieler oder die Zukunft der Franchise.
Fazit zu The Callisto Protocol: Final Transmission
Final Transmission ist ein zwiespältiges Stück zusätzlicher Content. Technisch ist das DLC nach wie vor beeindruckend und zeigt, dass Striking Distance Studios ihr Handwerk in Sachen Präsentation verstehen. Der Kinetic Hammer ist eine gelungene Ergänzung, die Biobots sorgen für ein wenig frischen Wind, und die Halluzinationssequenzen hätten das Potenzial gehabt, dem Spiel eine neue Dimension zu verleihen.
Doch all das wiegt die fundamentalen Schwächen nicht auf. Das DLC ist zu kurz, bietet zu wenig Neues und wiederholt die Fehler des Hauptspiels, statt sie zu beheben. Die lineare Struktur, die mangelnde Gegnervielfalt und das frustrierende Boss-Design hätten sieben Monate nach Release nicht mehr State of the Art sein dürfen. Vor allem aber ist es die narrative Entscheidung am Ende, die Final Transmission zu einer Enttäuschung macht. Das Gefühl, dass die eigene Spielzeit und das Investment in die Geschichte letztendlich bedeutungslos waren, hinterlässt einen faden Beigeschmack.
Für Fans des Hauptspiels, die unbedingt wissen wollen, wie Jacobs Geschichte endet, führt kein Weg an Final Transmission vorbei – allerdings sollte man seine Erwartungen deutlich dämpfen. Alle anderen können getrost auf dieses DLC verzichten und ihre Erinnerungen an The Callisto Protocol beim Ende des Hauptspiels belassen. Es ist schade, denn das Potenzial war durchaus vorhanden. Striking Distance hat mit The Callisto Protocol bewiesen, dass sie atmosphärische Horror-Welten erschaffen können. Final Transmission zeigt jedoch auch, dass technische Brillanz allein nicht ausreicht, wenn Gameplay-Innovation und erzählerische Substanz fehlen.









![[Review] The Callisto Protocol The Callisto Protocol](https://gametainment.net/wp-content/uploads/2025/09/TheCallistoProtocol_KeyArt_1920x1080-270x150.webp)