Knapp neunzehn Jahre nach seinem ursprünglichen Release kehrt einer der prägendsten Open-World-Titel der Gaming-Geschichte zurück auf unsere Bildschirme. Bethesda Game Studios hat mit The Elder Scrolls IV: Oblivion Remastered nicht nur eine nostalgische Auffrischung geschaffen, sondern dem zeitlosen Klassiker eine vollständige technische Verjüngungskur spendiert. Als ich zum ersten Mal wieder die Gefängniszelle des Kaiserlichen Palastes verließ und in die weiten Ebenen von Cyrodiil hinausblickte, war ich sofort wieder gefangen in diesem magischen Universum, das 2006 die RPG-Landschaft für immer veränderte.
Die Remastered-Version erschien am 22. April 2025 für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S und bringt nicht nur eine grundlegend überarbeitete Grafik mit sich, sondern auch alle DLCs der ursprünglichen Version. Ein besonderes Geschenk für alle Fans, die damals Shivering Isles und Knights of the Nine verschlungen haben – und für Neulinge eine perfekte Gelegenheit, diese legendären Erweiterungen zum ersten Mal zu erleben.
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Story
Die Geschichte um die Oblivion-Krise hat nichts von ihrer epischen Wucht verloren. Als namhafter Gefangener wird man unvermittelt in eine Verschwörung hineingezogen, die das gesamte Kaiserreich bedroht. Der ermordete Kaiser Uriel Septim VII und seine Söhne sind tot, der Thron ist verwaist und die Pforten zur dämonischen Ebene Oblivion öffnen sich überall in Tamriel.
Was Oblivion schon damals von anderen Fantasy-Rollenspielen unterschied, war die Art, wie es seine Geschichte erzählt. Die Hauptquest ist zwar packend und führt einen von spektakulärer Szene zu spektakulärer Szene, aber die wahre Magie entfaltet sich in den unzähligen Nebensträngen. Ob man nun den Diebstahl der berühmten Gemälde für die Diebesgilde plant, sich als Gladiator in der Arena von Kvatch beweist oder die düsteren Geheimnisse der Dunklen Bruderschaft erforscht – jede Quest fühlt sich wie eine eigene kleine Geschichte an.
Besonders die Charaktere sind auch nach all den Jahren noch eindrucksvoll. Sean Bean als Kaiser Uriel Septim verleiht dem Prolog eine filmreife Intensität, und wer könnte Martin Septim vergessen, dessen Entwicklung vom simplen Mönch zum würdigen Thronfolger eine der bewegendsten Erzählungen des gesamten Elder Scrolls-Universums darstellt? Das Spiel nimmt sich Zeit für seine Figuren, lässt sie atmen und wachsen – ein Luxus, den sich heutige Titel leider oft nicht mehr gönnen.
Grafik
Hier zeigt sich der wahre Wert des Remaster-Prozesses. Wo die ursprüngliche Version 2006 bereits beeindruckte, aber heute doch arg in die Jahre gekommen wirkt, erstrahlt Cyrodiil nun in völlig neuem Glanz. Die Texturen wurden vollständig überarbeitet und in 4K-Auflösung neu erstellt. Gras- und Baumtexturen, die früher eher an Tapetenmuster erinnerten, zeigen jetzt feine Details, die zum stundenlangen Betrachten einladen.
Besonders beeindruckend ist das überarbeitete Beleuchtungssystem. Sonnenstrahlen brechen sich realistisch durch das dichte Blätterdach der Wälder, und die berühmten Sonnenuntergänge über den Ebenen von Cyrodiil sind schlichtweg atemberaubend. Die Charaktermodelle haben ebenfalls eine deutliche Verbesserung erfahren – die etwas kartoffeligen Gesichter der Originalversion gehören der Vergangenheit an, auch wenn sie natürlich ihren ganz eigenen Charme hatten.
Ein weiterer großer Pluspunkt ist die erweiterte Sichtweite. Wo früher nach wenigen hundert Metern der berüchtigte Nebel alles verschluckte, kann man jetzt kilometerweit in die Ferne blicken und die Weiße-Gold-Turm der Kaiserstadt bereits von Bruma aus erkennen. Das trägt enorm zum Gefühl bei, sich in einer lebendigen, zusammenhängenden Welt zu bewegen.
Dennoch merkt man dem Spiel sein Alter an bestimmten Stellen noch an. Die Animationen, besonders bei Gesprächen, wirken heute etwas steif, und auch das berühmte „Oblivion-Gesicht“ – diese etwas unnatürliche Mimik während Dialogen – ist geblieben. Aber gerade das ist auch Teil des Charmes, der Oblivion zu dem macht, was es ist.
Sound
Audiovisuell war Oblivion schon 2006 ein Meisterwerk, und die Remastered-Version poliert diesen Aspekt noch weiter auf. Jeremy Soules Soundtrack gehört nach wie vor zu den besten, die jemals für ein Videospiel komponiert wurden. Die majestätische Titelmelodie, die friedlichen Melodien beim Durchstreifen der Landschaft, die bedrohlichen Klänge in den Oblivion-Toren – jeder Ton sitzt perfekt.
Die Sprachausgabe ist ebenfalls hervorragend gealtert. Patrick Stewart als Kaiser, Sean Bean als Jauffre, und nicht zu vergessen Terence Stamp als Mannimarco – die Besetzung liest sich wie ein Who’s Who der britischen Schauspielkunst. Auch die deutschen Sprecher leisten gute Arbeit, auch wenn man hier und da die etwas altmodische Synchronisation der frühen 2000er Jahre heraushört.
Umgebungsgeräusche tragen erheblich zur Atmosphäre bei. Das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln, das Plätschern der Bäche, das ferne Heulen der Wölfe – all das wurde in der Remastered-Version in höherer Qualität neu abgemischt und klingt satter und räumlicher als je zuvor. Mit einem guten Headset wird das Eintauchen in die Welt von Cyrodiil zu einem wahren Klangerlebnis.
Gameplay
Das Herzstück von Oblivion war und ist seine unglaubliche Spielfreiheit. Nach dem Tutorial kann man buchstäblich in jede beliebige Richtung laufen und wird garantiert auf Abenteuer stoßen. Diese Philosophie des „geh einfach los und schau, was passiert“ funktioniert auch heute noch perfekt und fühlt sich erfrischend ungezwungen an.
Die Charakterentwicklung durch das Fertigkeitssystem ist nach wie vor faszinierend. Anstatt Erfahrungspunkte zu sammeln, verbessern sich die Fähigkeiten durch ihre Anwendung. Wer viel schleicht, wird besser im Schleichen. Wer Zaubersprüche wirkt, steigert seine Magie-Schulen. Das System belohnt experimentelles Spielen und macht jeden Charakter zu einem Unikat.
Die Gilden-Questlines sind und bleiben ein Highlight. Ob man sich als Erzmagier der Magiergilde beweist, als Großmeister der Kämpfergilde Ruhm erntet oder in den Schatten für die Diebesgilde agiert – jede Gilde erzählt ihre eigene Geschichte und bietet einzigartige Belohnungen. Die Dunkle Bruderschaft mit ihrer düsteren Atmosphäre und den moralisch fragwürdigen Aufträgen sticht dabei besonders hervor.
Ein kleiner Kritikpunkt, der auch im Remaster bestehen bleibt, ist das Level-Scaling-System. Gegner passen sich der Spielerstärke an, was einerseits verhindert, dass man zu schwache oder zu starke Feinde antrifft, andererseits aber das Gefühl des Fortschritts etwas schmälert. Es kann frustrierend sein, wenn selbst einfache Banditen auf hohem Level in Glas- oder Daedra-Rüstungen herumlaufen.
Die Steuerung wurde für moderne Standards optimiert, fühlt sich aber immer noch wie das vertraute Oblivion an. Die Menüs sind übersichtlicher gestaltet und laden schneller, was besonders bei der Inventarverwaltung spürbar wird – ein Segen für alle, die sich an die teilweise trägen Ladezeiten der Originalversion erinnern.
Fazit
The Elder Scrolls IV: Oblivion Remastered ist weit mehr als nur ein nostalgischer Rückblick. Es ist die definitive Version eines zeitlosen Klassikers, der auch nach fast zwei Jahrzehnten noch zu fesseln weiß. Die technischen Verbesserungen sind durchweg gelungen und hauchen dem Spiel neues Leben ein, ohne seinen ursprünglichen Charme zu zerstören.
Zugegeben, manche Gameplay-Elemente fühlen sich aus heutiger Sicht etwas angestaubt an, und die Level-Skalierung wird auch 2025 noch kontrovers diskutiert werden. Aber das sind Kleinigkeiten angesichts der schieren Menge an Inhalten und der nach wie vor unübertroffenen Atmosphäre.
Für Veteranen ist dieses Remaster eine wunderbare Gelegenheit, alte Erinnerungen in neuem Gewand zu erleben. Für Neulinge bietet es den perfekten Einstieg in eines der einflussreichsten RPGs aller Zeiten. Bethesda hat hier wirklich alles richtig gemacht und zeigt, wie ein Remaster aussehen sollte: respektvoll gegenüber dem Original, aber mutig genug, echte Verbesserungen zu implementieren.
Oblivion Remastered ist nicht nur ein Spiel, es ist eine Einladung, sich wieder wie ein Kind zu fühlen, das zum ersten Mal eine riesige Fantasywelt erkundet. In Zeiten von durchgetakteten Open-World-Spielen mit Sammelmarathons erinnert es daran, wie schön es sein kann, einfach nur zu wandern und zu entdecken. Ein absolutes Muss für jeden Fantasy-Liebhaber und ein würdiges Denkmal für einen der größten Gaming-Klassiker aller Zeiten.
Wertung: 8,4/10
Oblivion Remastered zeigt eindrucksvoll, wie zeitlose Spieldesigns auch nach Jahrzehnten noch begeistern können. Ein technisch aufpolierter Klassiker, der alte Fans verzückt und neue Spieler in seinen Bann zieht.