The Thing: The Boardgame

[Review] The Thing: The Boardgame

John Carpenters „The Thing“ von 1982 gehört definitiv zu den Meilensteinen des Horror-Kinos. Diese klaustrophobische Atmosphäre, das permanente Misstrauen und die Frage „Wer ist noch menschlich?“ haben den Film zum Kultklassiker gemacht. Als ich hörte, dass Pendragon Game Studio diese eiskalte Paranoia aufs Tabletop bringen will, war ich ehrlich gesagt ziemlich gespannt. Kann ein Brettspiel wirklich dieses Gefühl des permanenten Misstrauens einfangen, ohne in generisches „Hidden Role“-Territorium abzudriften? Nach mehreren nervenaufreibenden Spielabenden mit verschiedenen Gruppen kann ich sagen: Ja, größtenteils schon – auch wenn nicht alle Mechaniken so glatt laufen wie das Alien durch die Belüftungsschächte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Genre: Hidden Identity/Social Deduction/Survival Horror
  • Spieleranzahl: 1-8 Spieler
  • Spieldauer: 60-90 Minuten
  • Alter: Ab 14 Jahren
  • Verlag: Pendragon Game Studio
  • Designer: Giuseppe Cicero & Andrea Crespi
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Preis: Circa 60-80 Euro

Meine Bewertung: 7,5/10 Punkte

Willkommen in Outpost 31 – Wo niemand dem anderen traut

Pendragon Game Studio hatte sich wirklich keine leichte Aufgabe vorgenommen. Carpenters Meisterwerk lebt von psychologischer Spannung, Paranoia und diesem permanenten Gefühl der Unsicherheit. Wie überträgt man das in ein Brettspiel, ohne dass am Ende nur ein 08/15-Verräter-Spiel dabei herauskommt?

Das Ergebnis ist ein asymmetrisches Survival-Horror-Spiel, bei dem ein Spieler heimlich das Alien verkörpert, während alle anderen als Menschen ums Überleben kämpfen. Die Menschenspieler müssen nicht nur die Antarktis-Station am Laufen halten, sondern auch versuchen herauszufinden, wer von ihnen bereits assimiliert wurde. Und ich muss sagen: Das funktioniert verdammt gut.

Die Grundmechanik: Überleben zwischen Kälte und Paranoia

Das Herzstück von The Thing sind die verschiedenen Aufgaben, die die menschlichen Spieler erledigen müssen. Ihr müsst den Generator befeuern, das Hundelager versorgen, das Radio reparieren und – ganz wichtig – Bluttests durchführen, um das Alien zu entlarven. Klingt simpel, aber dahinter steckt mehr Spannung, als man denkt.

Was mir besonders gut gefallen hat: Das Spiel zwingt euch zur Kooperation, während gleichzeitig jeder jeden verdächtigt. Ihr braucht einander, um zu überleben, aber jeder könnte der Feind sein. Diese Balance zwischen notwendiger Zusammenarbeit und berechtigtem Misstrauen ist brillant gelöst.

Die verschiedenen Fluchtwege:

  • SOS-Helikopter (niedrigster Verdachtwert entscheidet)
  • Schneemobil (funktioniert nur mit wenigen Spielern)
  • Rettungsteam (langwieriger, aber sicherer Fluchtweg)

The Thing: The Boardgame

Das Alien: Meister der Tarnung und des Chaos

Als Alien-Spieler habt ihr eine völlig andere Herangehensweise. Ihr könnt euch entweder perfekt tarnen und mit den Menschen zusammenarbeiten, um am Ende mit ihnen zu fliehen, oder ihr entscheidet euch dafür, eure wahre Natur zu offenbaren und alle zu assimilieren.

Diese Dualität macht das Alien-Spiel richtig interessant. Manchmal ist es tatsächlich die beste Strategie, den Menschen zu helfen – nur um sie dann im letzten Moment zu verraten. Das sorgt für diese typische Thing-Paranoia: Selbst hilfsreiche Mitspieler bleiben verdächtig.

Alien-Fähigkeiten:

  • Heimliche Sabotage ohne Entdeckungsrisiko
  • Assimilation anderer Charaktere
  • Direkter Kampf als Monster-Form
  • Manipulation der Umgebungstemperatur

Komponenten: Atmosphäre aus der Schachtel

Pendragon Game Studio hat hier wirklich nicht gekleckert, sondern geklotzt. Das modulare Spielbrett bildet die verschiedenen Räume von Outpost 31 detailgetreu nach – vom Hundelager bis zum Funkraum ist alles dabei, was Fans des Films wiedererkennen werden.

Was mich begeistert hat:

  • 8 detaillierte Charakter-Miniaturen der Filmfiguren
  • Modulares Spielbrett mit authentischen Räumen
  • Stimmungsvolles Artwork, das den 80er-Sci-Fi-Horror perfekt einfängt
  • Hochwertige Karten mit thematisch passenden Texten
  • Verdachtskarten für das perfekte Misstrauen-Management

Die kleinen Schwächen: Die Anleitung hätte eine Runde mehr Lektorat vertragen können. Einige Regelsituationen sind nicht hundertprozentig klar formuliert, und gerade in den ersten Partien muss man öfter mal diskutieren, wie etwas genau funktioniert. Das offizielle FAQ hilft, aber es wäre schöner gewesen, wenn das direkt in der Box gestimmt hätte.

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Atmosphäre: Carpenter wäre stolz

Was funktioniert: Das Spiel trifft den typischen Thing-Ton perfekt! Diese permanente Anspannung, das Misstrauen und die Frage „Kann ich dir trauen?“ durchziehen jede Partie. Die Bluttests fühlen sich genauso spannend an wie im Film, und wenn jemand plötzlich sabotiert, bricht sofort die Paranoia aus.

Die Charakterkarten sind voller Referenzen zum Film, und die verschiedenen Endspiel-Szenarien sorgen für echte Kinomomente. MacReady mit dem Flammenwerfer oder Palmer, der plötzlich seine wahre Natur zeigt – das sind Momente, die jeder Thing-Fan sofort wiedererkennt.

Wo noch Luft nach oben ist: Bei größeren Gruppen (7-8 Spieler) kann das Spiel etwas träge werden. Die Downtime zwischen den Zügen wird länger, und manchmal geht die Spannung verloren, während andere ihre Aktionen abhandeln. Das ist schade, weil gerade bei vielen Spielern die Paranoia am stärksten sein sollte.

Gameplay-Erfahrung: Von Vertrauen und Verrat

Für 4-6 Spieler: The Thing glänzt in mittleren Gruppen. Hier stimmt die Balance zwischen notwendiger Kooperation und gesundem Misstrauen perfekt. Jeder Bluttest wird zum Event, jede Sabotage zum Wendepunkt. Die Diskussionen, wer verdächtig ist und wer nicht, entwickeln sich ganz natürlich.

Für 7-8 Spieler:
Hier wird es chaotisch – im guten und schlechten Sinne. Mehr Spieler bedeuten mehr Paranoia, aber auch längere Wartezeiten. Die Erfahrung ist intensiver, aber auch anstrengender.

Solo-Spiel: Das Spiel bietet einen Solo-Modus, der mechanisch funktioniert, aber natürlich die soziale Komponente komplett verliert. Für Fans des Themas nett, aber das wahre Thing-Erlebnis entsteht nur in der Gruppe.

Vergleich mit anderen Hidden-Role-Spielen

Im direkten Vergleich zu Klassikern wie Werwölfe oder The Resistance of Avalon positioniert sich The Thing als thematisch deutlich stärkeres Spiel. Während andere Hidden-Role-Spiele oft abstrakt bleiben, zieht euch The Thing komplett in seine Welt hinein.

Gegenüber Betrayal at House on the Hill oder Dead of Winter punktet The Thing mit seiner fokussierteren Thematik. Hier wisst ihr von Anfang an, worauf ihr euch einlasst – Carpenter’sche Paranoia pur.

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Zielgruppe: Für wen lohnt sich der Antarktis-Trip?

Perfekt geeignet für:

  • Thing-Fans, die das Filmgefühl am Spieltisch erleben wollen
  • Gruppen, die Hidden-Role-Spiele mit starker Thematik lieben
  • Spieler, die psychologische Spannung schätzen
  • Horror-Enthusiasten mit Faible für 80er-Sci-Fi

Weniger geeignet für:

  • Spieler, die keine Lust auf Misstrauen und Verrat haben
  • Gruppen, die nur gelegentlich zusammenkommen (braucht Einspielzeit)
  • Fans von rein strategischen Spielen ohne soziale Komponente
  • Kinder (das Thema ist definitiv nichts für Jüngere)

Preis-Leistungs-Verhältnis

Mit 60-80 Euro bewegt sich The Thing im mittleren Preissegment für Brettspiele. Die Komponentenqualität rechtfertigt den Preis, und der Wiederspielwert ist durch die verschiedenen Alien-Strategien und Fluchtmöglichkeiten definitiv da.

Für Thing-Fans ist es praktisch ein Pflichtprogramm – wo sonst bekommt ihr die Filmvorlage so authentisch auf den Tisch?

Erweiterungen und Langzeitmotivation

Das Grundspiel bietet bereits genug Varianz für viele Spielabende. Die verschiedenen Charaktere spielen sich unterschiedlich, und als Alien habt ihr komplett andere Strategieoptionen. Aktuell sind noch keine Erweiterungen angekündigt, aber das modulare System würde weitere Inhalte problemlos verkraften.

Die Langzeitmotivation steht und fällt mit eurer Gruppe. Mit den richtigen Mitspielern entwickelt The Thing eine eigene Dynamik aus Vertrauen und Verrat, die süchtig macht.

Fazit: Eiskalte Empfehlung mit kleinen Schwächen

The Thing: The Boardgame hat mich positiv überrascht. Pendragon Game Studio ist es gelungen, die Atmosphäre des Kultfilms authentisch ins Brettspiel zu übersetzen. Die Balance zwischen Kooperation und Verrat funktioniert, die Thematik sitzt perfekt, und die verschiedenen Fluchtmöglichkeiten sorgen für Wiederspielwert.

Pro: ✓ Authentische Thing-Atmosphäre mit perfekter Paranoia
✓ Cleveres asymmetrisches Spieldesign ✓ Verschiedene Strategien für Mensch und Alien möglich
✓ Hochwertige Komponenten mit Filmreferenzen ✓ Echte Spannung durch psychologische Kriegsführung ✓ Funktioniert in verschiedenen Gruppengrößen

Contra: ✗ Anleitung hätte klarer sein können ✗ Bei großen Gruppen längere Downtime
✗ Braucht die richtige Gruppe für das optimale Erlebnis ✗ Thematik ist nicht jedermanns Sache ✗ Setup etwas fummelig

Meine Empfehlung: Ein Must-Have für alle Thing-Fans und ein starkes Hidden-Role-Spiel für Gruppen, die thematische Tiefe schätzen. Wer Carpenters Paranoia-Meisterwerk liebt und diese Atmosphäre mit Freunden am Spieltisch erleben möchte, macht hier nichts falsch.

Ich werde definitiv noch öfter nach Outpost 31 zurückkehren. Allein schon, um herauszufinden, wer beim nächsten Mal das Alien ist. Und das ist genau das Gefühl, das ein gutes Thing-Spiel vermitteln sollte.

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