Wing Commander: Prophecy

[Review] Wing Commander: Prophecy

Mit Wing Commander: Prophecy wagt Origin Systems einen gewagten Neustart der legendären Space-Combat-Serie. Nach dem fulminanten Abschluss der Kilrathi-Saga mit Wing Commander III und IV stehen wir nun vor völlig neuen Herausforderungen. Statt des altbekannten Colonel Christopher Blair übernehmen wir diesmal die Kontrolle über Lance Casey, einen frischgebackenen Piloten an Bord der TCS Midway. Ob dieser Generationswechsel gelungen ist und wie sich die neuen Nephilim-Gegner schlagen, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Test.

Story und Setting

Wing Commander: Prophecy spielt etwa 25 Jahre nach den Ereignissen von Wing Commander IV. Der Kilrathi-Krieg ist längst Geschichte, und die Konföderation hat sich in einer Zeit des relativen Friedens eingerichtet. Doch diese Ruhe wird jäh unterbrochen, als mysteriöse Wurmlöcher auftauchen und eine völlig unbekannte Alien-Rasse – die Nephilim – in unser Territorium einfällt. Diese insektoiden Kreaturen verfügen über Bio-Technologie, die alles bisher Gekannte in den Schatten stellt.

Als Lance Casey, Sohn des legendären Wing Commander-Veteranen Thomas Casey, beginnt ihr eure Laufbahn auf der nagelneuen TCS Midway – einem gewaltigen Träger der Megalodon-Klasse. Die Story entwickelt sich dabei spürbar anders als in den Vorgängern. Während die Blair-Spiele stark auf persönliche Beziehungen und komplexe politische Verstrickungen setzten, konzentriert sich Prophecy mehr auf die unmittelbare Bedrohung durch die Nephilim. Das ist nicht per se schlecht, fühlt sich aber anfangs etwas unpersönlicher an als die emotionalen Höhepunkte der Vorgänger.

Die Charaktere sind durchweg solide entwickelt, auch wenn sie nicht ganz an die Strahlkraft eines Mark Hamill oder Malcolm McDowell heranreichen. Besonders Colonel Finley und der erfahrene Pilot Maestro bringen aber durchaus Charme in die Erzählung. Die Dialoge sind größtenteils gelungen, wenngleich manchmal etwas zu sehr auf Militär-Jargon fokussiert.

Das coole Intro – auf Deutsch sogar etwas epischer als auf Englisch, meiner Meinung nach:

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Grafik und Präsentation

Optisch macht Wing Commander: Prophecy einen gewaltigen Sprung nach vorn. Die neue Prophecy-Engine zeigt eindrucksvoll, was mit moderner 3D-Beschleunigung möglich ist. Die Raumschiffe sind detailliert modelliert und wirken authentisch, die Explosionseffekte sind spektakulär ohne übertrieben zu sein. Besonders beeindruckend sind die Nephilim-Schiffe mit ihrem organischen, fast lebendigen Design – hier haben die Künstler wirklich ganze Arbeit geleistet.

Die Videosequenzen nutzen echte Schauspieler und Sets, ganz im Stil der Wing Commander-Tradition. Das Produktionsdesign der TCS Midway ist überzeugend und vermittelt glaubhaft das Gefühl eines funktionierenden Militärträgers. Die Kostüme und das Set-Design sind stimmig, auch wenn das Budget sichtbar nicht ganz an die Vorgänger heranreicht.

Was besonders auffällt: Die Integration von 3D-beschleunigten Effekten in die Kampfsequenzen. Partikeleffekte, Lichtreflexionen und die flüssigen Animationen der Schiffe sorgen für echtes Kinofeeling. Allerdings benötigt man auch entsprechende Hardware – mit einer Voodoo-Karte läuft das Spiel deutlich besser als nur mit Software-Rendering.

Sound und Musik

Akustisch bewegt sich Prophecy auf gewohnt hohem Wing Commander-Niveau. Die Musikkomposition stammt zwar nicht mehr von George Oldziey, ist aber dennoch atmosphärisch und unterstreicht die Spannung der Missionen effektiv. Besonders die orchestralen Arrangements während der großen Schlachten wissen zu überzeugen.

Die Sprachausgabe ist durchweg professionell, wenngleich sie nicht ganz die emotionale Tiefe der Hamill-Jahre erreicht. Die Synchronsprecher leisten solide Arbeit, und die deutschen Untertitel sind akkurat übersetzt. Die Soundeffekte der Waffen und Explosionen haben ordentlich Wumms und vermitteln das Gefühl, wirklich in einem Raumkampf zu stehen.

Besonders gelungen ist die Vertonung der Nephilim – ihre alien-artigen Kommunikationslaute und die organischen Geräusche ihrer Bio-Schiffe erzeugen eine wirklich unheimliche Atmosphäre, die perfekt zum fremdartigsten Feind der Serie passt.

Gameplay und Steuerung

Das Herzstück jedes Wing Commander-Spiels ist natürlich der Raumkampf, und hier liefert Prophecy ab. Die Steuerung fühlt sich vertraut an für Serien-Veteranen, wurde aber spürbar verfeinert. Die Schiffe reagieren präziser, und die Trägheitsphysik fühlt sich authentischer an als in den Vorgängern. Mit Joystick spielt sich das Ganze am besten, aber auch die Tastatur-Steuerung ist durchaus brauchbar.

Die Missionsziele sind abwechslungsreich gestaltet. Neben klassischen Eskort- und Angriffsmissionen gibt es auch Aufklärungs- und Rettungseinsätze. Die Nephilim kämpfen dabei völlig anders als die bekannten Kilrathi – ihre Bio-Schiffe regenerieren sich selbst, schwärmen in großen Gruppen an und nutzen völlig unbekannte Taktiken. Das erfordert durchaus Umdenken bei langjährigen Spielern.

Die Schiffsauswahl ist solide, wenn auch nicht ganz so umfangreich wie in Wing Commander IV. Von der wendigen Piranha bis zur schwer bewaffneten Devastator gibt es für jeden Spielstil das passende Gefährt. Besonders die neue Midway-Klasse mit ihren Plasmakanonen macht ordentlich Eindruck.

Ein kleiner Kritikpunkt: Die KI der Wingmen könnte etwas cleverer sein. Zu oft fliegen sie direkt in feindliches Feuer oder ignorieren wichtige Befehle. Hier hätte man sich mehr von der fortgeschrittenen Technik gewünscht.

Technische Umsetzung

Origin Systems hat mit der Prophecy-Engine gute Arbeit geleistet. Das Spiel läuft auch auf mittlerer Hardware flüssig, zeigt aber mit 3D-Beschleunigung sein wahres Potenzial. Die Ladezeiten sind akzeptabel, und Crashes oder ernsthafte Bugs sind uns im Test nicht untergekommen.

Die Systemanforderungen sind fair – ein Pentium 166 mit 32 MB RAM reicht für solides Gameplay, auch wenn man für die volle Pracht eine Voodoo-Karte und mehr Power braucht. Die Installation verläuft problemlos, und das beiliegende Handbuch erklärt sowohl Steuerung als auch Hintergrundgeschichte verständlich.

Wiederspielwert und Umfang

Mit etwa 15-20 Stunden Kampagnen-Länge bietet Prophecy ordentlich Spielzeit. Die Missionen haben verschiedene Schwierigkeitsgrade, und manche Entscheidungen beeinflussen den Verlauf der Story – wenn auch nicht so drastisch wie in den Vorgängern.

Für Perfektionisten gibt es genug zu tun: Alle Kills-Statistiken zu maximieren, jede Medaille zu erringen und sämtliche optionalen Missionsziele zu schaffen. Die verschiedenen Schwierigkeitsgrade sorgen auch bei Wiederholung für Herausforderung.

Leider fehlt ein Mehrspielermodus, der gerade in Zeiten aufkommender Internet-Spiele schmerzhaft vermisst wird. Hier hätte Origin durchaus mutiger sein können.

Fazit zu Wing Commander: Prophecy

Wing Commander: Prophecy ist ein solider, wenn auch nicht revolutionärer Neuanfang für die Serie. Origin Systems zeigt, dass auch ohne Mark Hamill packende Weltraum-Action möglich ist. Die Nephilim sind interessante neue Gegner, die Technik ist zeitgemäß, und die Missionen bieten genug Abwechslung für die gebotene Spielzeit.

Wer die emotionale Tiefe und die komplexen Charakterbeziehungen der Blair-Ära erwartet, könnte enttäuscht werden. Prophecy setzt mehr auf Action und spektakuläre Raumschlachten als auf zwischenmenschliche Dramen. Das ist nicht schlecht, aber eben anders.

Als Space-Combat-Simulator erfüllt das Spiel alle Erwartungen und bietet solide Unterhaltung. Die neuen Spieler werden einen packenden Einstieg in das Wing Commander-Universum finden, während Veteranen sich an der verbesserten Technik und den neuen Herausforderungen erfreuen können.

Prophecy zeigt: Die Wing Commander-Serie lebt, auch wenn sie sich gewandelt hat. Für alle Fans von Weltraum-Action ist das Spiel definitiv einen Blick wert. Origin Systems beweist einmal mehr, dass sie verstehen, was Space-Combat-Spiele ausmacht – auch wenn dieses Mal nicht ganz die Magie der Glanzzeiten erreicht wird.

Bewertung: 8/10 – Ein würdiger Serienfortsetzer mit kleineren Schwächen

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