Detroit: Become Human

[Review] Detroit: Become Human

Mit Detroit: Become Human (deutsch: Detroit: Werde menschlich) führt uns Quantic Dream in ein futuristisches Detroit im Jahre 2038. Auf den ersten Blick scheint es eine rosige Zukunft zu sein, es gibt viele technologische Entwicklungen, die den Menschen das Leben komfortabler gestalten. Doch eine Entwicklung hat die Menschheit ganz besonders geprägt und hat auch das Leben in Detroit extrem verändert – die Androiden. In den frühen 2020ern, von einer Firma namens CyberLife, entwickelt sind sie gute 15 Jahre später allgegenwärtig. Sie kochen, sie bringen den Müll raus, sie mähen den Rasen und sie erledigen sogar Botengänge und Einkäufe. Sie sind Spielgefährten für die Kinder, hören sich die Sorgen der Menschen an. Jeder gute Haushalt verfügt über einen eigenen Androiden. Das wäre im Grunde alles gar nicht problematisch, im Gegenteil (den Umstand das eine Firma ein Monopol auf ein dermaßen einflussreiches Produkt hat, lassen wir mal außen vor), es klingt nach einem wahren Segen für die Menschen. Doch was die Androiden zuhause leisten können, das können sie auch in Fabriken und für die Allgemeinheit leisten. Die meisten Modelle sind für wenige tausend Dollar zu bekommen und selbst mit eventuellen Wartungskosten liegen die Kosten für einen Androiden weit unter dem, was ein menschlicher Arbeitnehmer kostet. Dazu werden sie nicht müde, sind stärker und widerstandsfähiger. Sie arbeiten als Fabrikarbeiter, Handwerker, Prostituierte und werden sogar vom Militär als Soldaten eingesetzt. So ist es nicht verwunderlich, das die Arbeitslosenquote bei über 37 % liegt und es eine große Gruppe Menschen gibt die nicht besonders gut auf ihre künstlichen Mitbürger zu sprechen ist. Darüber hinaus erfährt man dann im Spielverlauf von Detroit: Become Human, sofern man die Details wahrnimmt, dass es natürlich auch im Jahre 2038 globale Krisen gibt und die Welt gerade nicht überall so hübsch ist, wie uns die oberflächliche Fassade glauben lassen will.

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Die Story von Detroit: Become Human

In eben diese angespannte Situation werfen uns David Cage und sein Team. Wir erleben die Ereignisse der Geschichte aus der Sicht von drei unterschiedlichen Androiden und erfahren durch sie wie es ist sich im Jahre 2038 unter Menschen zu bewegen. Wir übernehmen Kara, einen weiblichen Androiden (gespielt von Valerie Curry (The Twilight Saga: Breaking Dawn – Part 2, Blair Witch, The Following), der als Haushaltshilfe dienen soll. Markus, (gespielt von Jesse Williams, The Cabin in the Woods, Der Butler, Greys Anatomy) der dem wohlhabenden Maler Carl Manfred (Lance Henriksen), der im Rollstuhl sitzt, als persönlicher Assistent dient. Und als dritter wäre da Connor (gespielt von Bryan Dechart, The Remaining, As Good as You), ein Android der als Spezialermittler für die Polizei entwickelt wurde und diese unterstützt.

Detroit Become Human

Der interaktive Film

Detroit: Become Human ist ein interaktiver Film, ganz so wie man es von Quantic Dream gewohnt ist. Das man bestrebt ist, eine nahezu perfekte Kulisse zu bieten, sieht man auch an der Besetzung. Bereits in BEYOND: Two Souls wurde dafür auf etablierte Schauspieler zurückgegriffen und mit Ellen Page und Willem Defoe sogar zwei richtige schauspielerische Schwergewichte als Zugpferde engagiert. Es sind zwar keine aktuellen „Megastars“ am Werk, doch durch die Bank weg Schauspieler die ihr Handwerk verstehen. Neben den drei Androiden sehen wir noch Lance Henriksen (Terminator, Aliens – Die Rückkehr, Alien 3, Scream 3, Harte Ziele uvm.) der den Maler Carl Manfred spielt. Clancy Brown (Highlander, Die Verurteilten, Starship Troopers, Lost uvm.) der den mürrischen Polizisten Hank Anderson spielt. Wer viel in der Film- und Serienlandschaft unterwegs ist, wird sicher noch das eine oder andere bekannte Gesicht entdecken.

Per Motion-Capturing wurden die Figuren nahezu lebensecht ins Spiel gebracht und sowohl Bewegungen, als auch Mimiken wirken absolut Realitisch. Die Umgebungen sind wunderbar und authentisch gestaltet. Passanten laufen durch die Stadt, Autos und Busse beleben die Straßen. Alte Gebäude werden nach und nach durch hochmodernen Bauwerke ersetzt, was ein faszinierendes Stadtbild zaubert. Neon-Leuchtreklame ist omnipräsent, die Lichtstimmung ist überragend.

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Sound

Audiovisuell ist Detroit: Become Human ebenso eine Wucht. Die Umgebungsgeräusche tragen enorm viel zur Atmosphäre bei und bringen die Zukunft in unsere Ohren. Ampelgeräusche, Werbung, Fahrzeuge und Lautsprecherdurchsagen prägen die Geräuschkulisse. Dazu kommt die, bereits erwähnte, hervorragende deutsche Synchronisation. Der erstklassige Soundtrack untermalt ruhige Passagen ebenso wie die gelegentlichen Action-Szenen. In den entscheidenden Momenten werden die Emotionen gekonnt transportiert. Insgesamt waren drei unterschiedliche Komponisten (Philip Sheppard, John Paesano und Nima Fakhrara) für den Soundtrack verantwortlich, um sowohl den drei Hauptcharakteren, als auch den verschiedenen Szenen die passende akustische Note zu verpassen.

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Das Gameplay in Detroit: Become Human

Die Geschichte von Detroit: Become Human, für die ich in meinem ersten Durchlauf etwa 12 Stunden gebraucht habe (je nach Spielstil sind 10-15 Stunden realistisch), konzentriert sich, wie bereits erwähnt, auf drei dieser Androiden: Eine Hausangestellte namens Kara, die sich um ein junges Mädchen und ihren psychisch labilen Vater kümmert; ein weiterer Hausangestellter namens Markus, der sich um einen netten, älteren Maler kümmert; und den Prototyp eines Gesetzesvollzugsmodells namens Connor, der die Polizei dabei unterstützt Fälle von „Abweichlern“ zu untersuchen, die sich gewaltsam gegen ihre Herren wenden. Die Perspektive des Spielers wechselt unter diesen dreien, als Kara auf die Flucht geht, Markus beginnt, einen Androidenaufstand zu organisieren, und Connor versucht, den Grund dafür zu finden, warum so viele seiner Art rebellieren.

Jeder Erzählstrang wird in den ersten Stunden für sich allein betrachtet, während die Spieler Entscheidungen treffen, die die Geschichte lenken und alternative Ereignisse auslösen können. Jede Entscheidung hat dabei tatsächlich spürbare Konsequenzen. Man nicht nur damit beschäftigt einfach nur die Geschichte voranzutreiben, sondern es ist auch entscheidend wie man mit seiner Umwelt und den Mitmenschen agiert. Stellt man sich mit seinem Partner gut und kann später auf seine Hilfe zählen? Oder verärgert man seinen Hausherren, so das er einen zum Teufel jagt? Es ist sogar möglich, dass die Hauptfiguren an verschiedenen Stellen der Geschichte sterben, sogar ungewöhnlich früh. Bei meinem ersten Durchgang haben alle Drei bis zum Ende überlebt, was zum, ich sag mal „guten“ führte. Das Spiel setzt einen zwar in manchen Situationen ein wenig unter Druck, indem man gewisse Entscheidungen in einem begrenzten Zeitlimit fällen muss, insgesamt fand ich es aber doch relativ entspannt. Will man sich solchen Stress aber komplett ersparen kann man den Schwierigkeitsgrad von „Erfahren“ auf „Leicht“ setzten, wenn man mag. Im leichteren Schwierigkeitsgrad ist es dann auch nicht möglich das durch falsche Entscheidungen einer der Charaktere sein Leben lässt.

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Nach jedem Kapitel, es gibt insgesamt 32 davon, kann man in einem Diagramm seine getroffenen Entscheidungen sehen. Auf Knopfdruck lässt sich das Ganze dann mit anderen Spielern vergleichen, entweder innerhalb der Freundesliste oder global. Man kann dann auch analysieren, welche alternativen Optionen es gegeben hätte und welche versteckten Ereignisse auslösbar gewesen wären. Bei ersten Spieldurchgang würde ich persönlich absolut davon abraten. Sogar im zweiten Durchgang habe ich dies größtenteils ignoriert und in den meisten Fällen einfach genau das Gegenteil von dem getan, was ich üblicherweise tun würde. Danach werde ich anfangen gezielt mit den diversen Geschichtszweigen zu experimentieren, die ich noch nicht gesehen habe. Die meisten dieser alternativen Zweige fühlten sich genau so an: Alternativen zu einer primären Option. Mit Ausnahme einiger wichtiger Entscheidungen in letzter Minute, die gut sichtbare Auswirkungen hatten, scheint mein erster Spieldurchgang derjenige zu sein, den die meisten Spieler wahrscheinlich auch so erleben werden, es sei denn, sie gehen mit dem Ziel heran, das Spiel bewusst auszutesten und gezielt Entscheidungen außerhalb ihres üblichen Charakters zu treffen. Es macht auf jeden Fall Spaß zu sehen, wie sich unterschiedliche Antworten und Entscheidungen auswirken. Ich denke, wenn man zwei oder drei Durchläufe erlebt hat, dann kennt man im großen und Ganzen alles, aber die Variationen sind schon sehr gelungen.

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Abgesehen von einigen wenigen Konvergenzpunkten spielt sich jede Sequenz in Detroit: Becomes Human wie der Teil einer eigenständigen Erzählung. Man hat die Kontrolle über einen der Charaktere und versucht, eine schwierige Situation zu meistern, die jeweils etwa 20 Minuten dauert. Kara beispielsweise räumt das Haus auf und versucht dabei, ihren gewalttätigen Besitzer nicht zu verärgern und gleichzeitig würde dessen Tochter da zu sein. Markus hilft seinem rollstuhlgebundenen Meister, in sein Heimstudio zurückzukehren, bevor er einen Konflikt mit seinem menschlichen Sohn austrägt. Connor besucht seinen ersten Tatort und versucht in einer schwierigen Situation mit einem „Abweichler“ zu vermitteln, bevor er später seinen Androiden hassenden Partner auf der Polizeiwache trifft.

Wenn man das Spiel (noch) nicht kennt, merkt man natürlich schon ein wenig worauf es hinausläuft – die Probleme im Jahre 2038 sind gar nicht so viel anders als Sie es heute schon sind. Vielleicht etwas ausgeprägter, oder einfach Fortgeschrittener. Apropos Fortschritt, mal abgesehen von den extrem fortschrittlichen Androiden ist das Jahr 2038 in Detroit: Become Human jetzt nicht so unglaublich futuristisch. Wo wir in den späten Achtzigern noch Science-Fiction-Filme geschaut haben die uns teilweise glauben ließen das im Jahr 2000 Autos fliegen können, oder wir gerade dabei sind, den Mars von außerirdischen Besetzern zu befreien ist diese Vision von 2038 etwas zurückhaltender. Die Menschen nutzen immer noch Personal Computer und spielen MMOs. Zeitschriften liegen auf Touchscreen-Tabletts aus und Autos sind im Grunde nur Zukunftsversionen der selbstfahrenden Prototypen, die wir heute in den Technik-Magazinen sehen. Es ist halt einfach alles ein wenig moderner als heute, dafür aber durchaus glaubwürdig und in 20 Jahren als Standard denkbar. Das einzige extrem futuristische Element ist die Tatsache, dass es überall fortgeschrittene Androiden gibt, in unterschiedlichen „Funktionskategorien“ und mit diversen Modellbezeichnungen.

Detroit: Become Human

Durch diese Welt steuert man seine Androiden. Mit dem linken Stick bewegt man sich in die gewünschte Richtung, mit dem rechten bestimmt man die Blickrichtung. Mit R2 kann man die Umgebung scannen und wird dadurch auf interessante Gegenstände und Orte aufmerksam, die einen genaueren Blick wert sind. Die meisten findet man auch so, doch aufgrund der immer realistischer aussehenden Grafik springen einem solche Dinge nicht mehr unbedingt sofort ins Auge, also auch absolut hilfreich. Um Personen anzusprechen drücken wir X, um Gegenstände zu untersuchen oder bestimmte Aktionen auszuführen, folgen wir den Einblendungen auf dem Bildschirm. In der Regel gilt eine bestimmte Bewegung mit dem Stick oder dem Controller nachzumachen. Wer bereits die früheren Spiele von David Cage und Quantic Dream gespielt hat, der kennt das im Grunde schon. Bei Heavy Rain beispielsweise war das Steuerungskonzept recht ähnlich. Gelegentlich ist es, notwendig bestimmte Knöpfe gedrückt zu halten, und nach und nach kommen weitere hinzu. Ab und zu bekommt man zwar für einen kurzen Augenblick das Gefühl einen Knoten in die Finger zu bekommen, solche Passagen kommen aber recht selten vor. Da dies auch dann in der Regel ohne Zeitdruck abläuft, ist dies absolut erträglich.

Detroit Become Human

Vom erzählerischen Konzept ähnelt Detroit: Become Human auch eher einem Heavy Rain, als einem BEYOND: Two Souls. Während bei Letzterem der Fokus auf einem einzelnen Charakter lag, nämlich dem Mädchen Jodie, sind hier wieder verschiedene Handlungsstränge die mit verschiedenen Charakteren durchlebt werden. Auch das die Hauptfiguren durchaus sterben können ist eine Gemeinsamkeit der beiden. Die Geschichte an sich ist interessant vorgetragen, es gibt einige Wendungen und viele sehr emotionale Szenen kommen vor. Der Hass die Androiden scheint in erster Linie aus der, durch diese verursachte, extrem hohe Arbeitslosenquote herzurühren. Aber vielleicht ist es auch die Angst vor dem Unbekannten, oder dem teilweise nicht Kontrollierbaren. Wer mag den schon einer Maschine trauen? Vor allem wenn es davon viele Millionen gibt und sich diese, bis auf eine LED an der Schläfe und die typische Androiden-Kleidung, äußerlich nicht von einem echten Menschen unterscheiden lässt. Maschinen, Androiden oder Roboter, egal welche Art von künstlichen Menschen man wählt, diese haben die Menschheit schon immer fasziniert und zugleich auch verängstigt. Wir bauen Androiden nach unseren Vorstellungen und Wünschen und erlegen ihnen noch unserer eigenes Regelwerk auf, nachdem Sie zu funktionieren haben. Das bringt dann nach kurzer Zeit schon erste Probleme mit sich, weil sich dann schon die Frage stellt, wo die Grenze liegt. Für welche Zwecke ist es in Ordnung einen Androiden einzusetzen und wer bestimmt das? Und wie viele Androiden verträgt die Gesellschaft? Was dann wohl passiert wenn die Maschinen auch noch die Regeln infrage stellen, oder diese sogar missachten? Einige Werke Isaac Asimovs erzählen von ähnlichen Situationen, beispielsweise „Geliebter Roboter“ oder „Ich, der Robot“. Viele kennen vielleicht aber auch eher die Verfilmung „I, Robot“ mit Will Smith, die allerdings nur sehr lose auf den Kurzgeschichten der Buchfassung aufbaut. Ebenso zeigen Werke wie „Blade Runner“ (als Vorlage diente ein Werk von Philip K. Dick) oder „A.I. – Künstliche Intelligenz“, unterschiedliche Zukunftsvisionen in denen Androiden eine zentrale Rolle spielen.

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Fazit zu Detroit: Become Human

David Cage ist es wieder einmal gelungen eine spannende Geschichte zu präsentieren, die zugleich auch interessante Fragen aufwirft. Diese sind moralischer Natur, aber auch gesellschaftskritisch. Obwohl wir als Mensch vor dem Bildschirm sitzen wird es uns ab einem bestimmten Punkt möglicherweise schwerfallen uns explizit für eine der beiden Parteien zu entscheiden. Damit wir aber als Spieler auch was zu tun bekommen, dürfen wir wieder als Ermittler tätig werden. Es handelt sich zwar um einzelne Fälle, doch der „rote Faden“ führt uns in das Gesamtgebilde der Geschichte hinein und wenn sich die Story erst so richtig entfaltet, wird man richtig gepackt und man verschlingt förmlich ein Kapitel nach dem anderen. Die immer wieder auftretenden Neugier, die immer wiederkehrende Frage, was passiert wäre, wenn man sich in der einen oder anderen Situation anders verhalten hätte. Für alle die auch nur ein wenig gefallen an dieser Art Spiel finden, bietet Detroit: Become Human grandiose Unterhaltung, für Fans ist es wieder Mal ein Meisterwerk der Erzählkunst, das Quantic Dream hier abgeliefert hat. Man kann gespannt sein was David Cage und sein Team uns als Nächstes präsentieren. Vielleicht die erneute Jagd nach einem Serienkiller, diesmal mit mehr Freiheit, oder doch etwas völlig anderes? Egal was es auch sein wird, man kann sich jetzt schon darauf freuen.

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