Mit Lost Judgment hat der Entwickler Ryu Ga Gotoku Studio mit Publisher SEGA rund drei Jahre nach dem ersten Teil (Judgment) einen Nachfolger veröffentlicht, der zwar unabhängig vom ersten Teil gezockt werden kann, aber dann merklich weniger Tiefgang bietet. Interessenten empfehle ich daher, die Reihenfolge einzuhalten, um die Story und die Charakterentwicklung in vollem Umfang genießen zu können. Für mehr Infos zu Judgment solltet ihr mal bei unserem Review vorbeischauen.
Die Story…
…entwickelt Umfänge epischen Ausmaßes. Selbst das Tutorial spielt eine wichtige Rolle und so werden Spieler*innen auch im Sequel in die Welt hineingezogen, die sich mit Themen auseinandersetzt, die aktueller nicht sein könnten. Das erste große Event an der Schule ist mir z.B. ganz besonders im Kopf geblieben. In diesem wird das Thema „Mobbing“ behandelt. Nicht selten habe ich vor dem Bildschirm mitgefiebert und überlegt, was man denn machen könnte. Das Storytelling ist einfach wieder fantastisch und so wird es dem Menschen vor der Konsole leicht gemacht, komplett einzutauchen.
Viel mehr von der Story möchte ich an dieser Stelle aber gar nicht preisgeben. Diese sollte jeder für sich erleben, wenn er sich für diese Spielereihe interessiert. Seid versichert, dass sowohl die Hauptgeschichte als auch der Nebenplot fantastisch sind.
Action ohne Ende
Gesunde Abwechslung zu teils langen Erzählungen bietet das Kampfsystem. Jenes hat mir beim ersten Teil schon sehr gut gefallen und wurde im Detail verbessert. Neben einer komplett neuen dritten Kampftechnik, die sich sogar gut in die Geschichte der Charaktere einfügt, gehen die Kombos meiner Meinung nach besser von der Hand. Die Kameraführung kann an manchen Stellen stören, aber in der Regel kommt der Protagonist gut mit Gegnermassen klar, die von allen Seiten angreifen. Mit etwas Übung lassen sich Angriffe abwehren und kontern. Letzteres passiert hauptsächlich in der neu hinzugefügten Kampftechnik, sodass ich die anderen Möglichkeiten selten verwendet habe. Sie ist in meinen Augen etwas zu gut geraten. Dennoch sollte man immer mal wieder wechseln und auch seine verdienten Punkte in neue Skills und Kombos investieren.
Brutale Moves, kaum Blut
Nicht nur normale Kombos, sondern auch Griffe und Quicktime-Events sind teilweise unfassbar brutal und schmerzen schon beim Zusehen, aber der Entwickler hat sich bei der Nutzung von Blut etc. sehr zurückgehalten.
Wir verteilen also Unmengen an Schlägen und Tritten und wechseln dabei gegebenenfalls die Technik und laden damit unseren Spezialmove-Balken auf. Trefft ihr mit einem Spezialmove, genießt ihr nicht nur eine kurze Sequenz, sondern habt meistens auch den Gegner besiegt, wobei Bosse natürlich deutlich mehr aushalten. Wer neben einer langatmigen Story viel Action braucht, ist bei Lost Judgment in jedem Fall richtig.
Neue Stats & Skills
Durch Questen, Kämpfen und Abschließen diverser Nebenaufgaben verdienen wir „SP“, die im Menü eingetauscht werden können. Dort stehen allgemeine Verbesserungen oder auch welche für die jeweilige Kampftechnik zur Verfügung. Ich selbst habe diesmal alle Punkte in den „ausgeteilten Schaden“ gepackt, um besonders bei den Bossen keine Probleme zu haben. Es hat sich herausgestellt, dass diese Taktik aufgeht, denn ich habe letztendlich so viel DMG ausgeteilt, dass ich buchstäblich durch die Feinde geglitten bin.
Erst nach maximalem Level des Schadens bin ich auch in andere Zweige der Skills „gewandert“ und habe meine Kombos verbessert oder komplett neue Finisher hinzugefügt.
Minigames und Ladies
Für die Gamer*innen, die sich mal eine Auszeit vom stressigen Alltag eines Detektives mit Anwaltslizenz nehmen wollen, stehen sehr viele „Spiele“ zur Verfügung. Wie bereits im ersten Teil könnt ihr z.B. in den Spielhallen extrem viel Zeit verbringen. Von klassischen asiatischen Spielen bis hin zum Fliegen mit Drohnen sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein.
Natürlich dürft ihr auch im Sequel wieder um die Damenwelt garnen. Mit und mit werden die Ladies „freigeschaltet“ und ihr könnt in Kontakt treten. Irgendwann hat man dann eine Freundin… oder auch nicht…
In Summe bietet Lost Judgment, wie auch der Vorgänger, Unmengen an Aktivitäten, um euch zu beschäftigen und bei Laune zu halten. Persönlich habe ich viel Zeit beim Baseball und Golf verbracht, obschon mich die Sportarten selbst gar nicht so interessieren. Die Minispiele sind einfach gut gestaltet.
Grafik & Sound
Gezockt wurde für diesen Test auf einer Xbox Series X. Die visuelle Gestaltung ist absolut gelungen und wird durch vertonte Dialoge und immer passende Hintergrundmusik abgerundet. Die Sprachausgabe ist auf englisch und japanisch begrenzt, wie das in diesem Genre üblich ist. Eine deutsche Lokalisierung lohnte sich vermutlich nicht.
Lost Judgment punktet auf ganzer Linie. Nur selten konnte ich ein paar Fehler finden, bei denen mein Charakter etwa mit einem anderen Gegenstand „verschmolzen“ ist. Das kommt aber extrem selten vor. Ich habe jetzt rund 90 Stunden im Spiel und zwei solcher Fehlerchen festgestellt.
Fazit
Bereits Teil 1 habe ich geliebt und der Nachfolger zu Judgment macht viel richtig und bietet wenig Angriffsfläche für negative Kritik. Grafisch ist das Videospiel sehr ansprechend und führt neue Mechaniken wie etwa das Klettern ein, um in Gebäude einzudringen oder sich zu verstecken bzw. zu entkommen.
Das Kampfsystem wurde überarbeitet und wirkt flüssiger, was sicherlich auch der neuen Schlangen-Technik geschuldet ist, die darauf ausgelegt ist, möglichst „smooth“ zu kontern und nahtlos in einen Angriff überzugehen. Die Kameraführung kann schonmal nerven. Besonders in kleinen Räumen (Stichwort: Klassenzimmer) ist man als Spieler*in stetig damit beschäftigt, die Sicht anzupassen.
Grafik, Sound und Musik sind stimmig und besonders letztere sorgt für ein Ambiente, als schaute man einen Krimi.
Wer Yakuza mochte, wird sich in (Lost) Judgment in jedem Fall wohlfühlen und auf seine Kosten kommen. Wollt ihr euch wirklich mit dem Spiel beschäftigen, dann zockt erst Judgment und erst dann das Sequel. Ihr benötigt zwar kein Wissen aus dem ersten Teil, aber ihr könnt euch in manchen Dialogen viel besser mit den Personen identifizieren und seht auch, wie sie sich jeweils entwickelt haben. Um es nochmal klar auf den Punkt zu bringen: Ihr müsst Judgment nicht gespielt haben, um Lost Judgment folgen zu können!
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