Mit der Sleeping Dogs – Definitive Edition erschien Ende 2014 eine Remastered-Fassung einer meiner absoluten „Geheimtipps“. Der Titel erschien im August 2012 bzw. im November 2012 in einer gekürzten Fassung in Deutschland. Das war damals eine wahre Hiobsbotschaft, denn der Titel hatte ohnehin bereits eine wahre Odyssee hinter sich. Ursprünglich sollte United Front Games einen dritten Titel der True Crime – Reihe entwickeln, der gleichzeitig auch ein Reboot darstellen sollte. Nach mehreren Verschiebungen wurde das Projekt dann eingestellt. Kurz darauf hat sich Square Enix dem Projekt angenommen und so wurde in Zusammenarbeit mit Square Enix London dieses „Undercover Cop-Drama für Erwachsene“ fertiggestellt. Wegen fehlender Markenrechte musste dann der Titel True Crime 3 bzw. True Crime: Hong Kong geändert werden und so wurde es in „Sleeping Dogs“ umbenannt. Beim Team von United Front Games kam diese Idee sicher gut an, denn dort war das Spiel ursprünglich als eigene Marke außerhalb des True Crime-Universums geplant. Im Laufe der letzten Monate vor Release wurden dann immer mehr Details veröffentlicht und das Spiel bekam sehr schnell den „GTA-Klon“-Stempel aufgedrückt. Die Sleeping Dogs – Definitve Edition enthält neben dem Hauptspiel alle 30 (!!!) DLCs inklusive drei größerer Story-Erweiterungen. Da die ungeschnittene Originalversion hierzulande nach wie vor indiziert ist, kam die Definitve Edition hier nicht offiziell auf den Markt und ist nur als Import erhältlich.
Story
Wei Shen kehrt nach vielen Jahren in den Staaten nach Hongkong zurück. Hier ist er aufgewachsen und hier trifft er nun auf die Spuren einer Vergangenheit, die er versucht hat hinter sich zu lassen. Aufgewachsen in den Ghettos von Hongkong sind ihm die Gangster, deren Triaden-Organisation er nun infiltrieren soll keine Unbekannten. Auch er selbst ist dem einen oder anderen in Erinnerung geblieben.
Während sein Jugendfreund Jackie, der als Laufbursche für die Triaden tätig ist, Wei in die Organisation hineinbringt und sich der verdeckte Ermittler immer weiter nach oben vorarbeitet, wird schnell klar wie hin und her gerissen er ist. Nicht nur Weis Vergangenheit und die Tatsache das sein Vorgänger enttarnt und als Haifischfutter endete, machen ihm zu schaffen, auch droht Wei immer wieder sein eigentliches Ziel aus den Augen zu verlieren. Ist er noch ein Cop, oder gehört er schon zu den Triaden? Wer ist (noch) Freund und wer ist Feind? Jede Nacht von Alpträumen geplagt und doch jeden Morgen frisch motiviert die Triaden zu Fall zu bringen dringt Wei immer tiefer in eine Welt vor, die er vor Jahren versucht hat hinter sich zu lassen. Und sehr bald muss Wei Dinge tun die seine angeschlagene Seele noch weiter belasten…
Grafik
Die Metropole Hongkong bzw. die vier Stadtteile, durch die sich der Spieler bewegen kann sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet und mit reichlich Leben gefüllt. Einige Mankos der ursprünglichen Fassung, wie matschige und spät ladende Texturen konnten ausgemerzt werden, genug Performance ist ja nun da. Die Stadt sehr schön anzuschauen, die vielen Gassen und abgelegenen Orte laden zum Entdecken ein. Die Vielzahl an verschiedenen Figuren die einem Begegnen und die große Anzahl an Fahrzeugmodellen tragen sehr zur Atmosphäre bei und wurden noch mal spürbar erhöht. Das es irgendwo in Hongkong eine versteckte Klonfabrik geben muss und Tante Wu scheinbar Siebenundfünfziglinge geboren hat die allesamt, als Nudelverkäufer in Hong Kong Ihr Geld verdienen fällt zwar auf, tritt aber im Gesamtbild schnell in den Hintergrund. Das kennt man von anderen (namhafteren) Spielen auch und fällt nicht schwer genug ins Gewicht um es als wirklichen Kritikpunkt aufzuführen. Bei den ausgedehnten Streifzügen durch Hongkong darf man dann auch des Öfteren mit ansehen, wie langsam die Dunkelheit eintritt oder es plötzlich anfängt zu regen. Dann kann man beobachten wie Passanten schnell Ihre Regenschirme rausholen und aufspannen.
Sound
Der Soundtrack ist sehr stimmig und passt immer zum Geschehen. Die Sprecher leisten einen sehr guten Job und die Dialoge wirken sehr authentisch und realistisch. Hier wurde wirklich gute Arbeit geleistet. Allerdings gibt es die Sprachausgabe nur in Englisch, die (recht guten) Untertitel sind in Deutsch. Die Martial Arts-Kampfeinlagen und die Schießereien die man als Spieler überstehen muss wirken soundtechnisch auch sehr gelungen.
Steigt der Spieler in ein Auto, ist einer der vielen Radiosender zu hören. Allerdings gibt es keine Sprecher oder Werbeeinblendungen, man hört ausschließlich Musik aus diversen Genres.
Gameplay
Die Steuerung geht wirklich sehr gut von der Hand. Egal ob man einfach durch die Gegend läuft, sich in Bruce Lee-Manier durch Gegnergruppen prügelt oder sich mit Auto oder Motorrad an einem Straßenrennen beteiligt. Zur Orientierung steht dem Spieler eine umfangreiche Stadtkarte zur Verfügung, auf der unter anderem die Missionen, Rennen und Events, aber auch Parkhäuser, Boutiquen und Autohändler eingezeichnet sind. Während Wei damit beschäftigt ist sich innerhalb der Triaden immer weiter nach oben zu arbeiten und sich das Vertrauen der Führungsriege zu erarbeiten bekommt er von Zeit zu Zeit die Gelegenheit der örtlichen Polizei bei der Aufklärung einiger Fälle zu helfen. Diese sind größtenteils auch eng mit den Triaden verknüpft. Wenn mal auf der Karte keine Hauptmissionen mehr erscheinen, ist es hilfreich sich einfach mal schlafen zu legen. Am nächsten Morgen sieht die Welt dann gleich wieder viel arbeitsreicher aus. Außer der Möglichkeit, sich bei den diversen Rennen Ansehen und ein bisschen Geld zu verdienen, kann Wei zwischendurch für einen Schuldeneintreiber, sowie einen Autoschieber tätig werden. Für alle Aufgaben die Wei erledigt erhält er neben den Belohnungen auch Erfahrungspunkte. Diese gibt es in drei Kategorien: Cop. Triaden und Ansehen. Während man bei einem Stufenanstieg in den ersten beiden Kategorien neue Kampftechniken erlernen kann bringen Stufenanstiege in der Kategorie Ansehen nützliche Boni wie z. B. Rabatte bei diversen Händlern oder das verfügbare Sortiment der Autohändler wird erweitert.
Und als wenn das alles nicht genug wäre, kann Wei bei seinen Streifzügen durch die Stadt Tresore finden in denen sich ein bisschen Bargeld befindet, allerdings werden die meisten von einer Schlägerbande bewacht die man dann erst mal davon überzeugen muss das Sie einen nicht beim Öffnen stören. Gelegentlich findet man am Wegesrand oder einem Hinterhof eine rote, leuchtende Säule, einen Gebetsschrein. Diese sollte man auf keinen Fall ignorieren, denn jedes Mal wenn Wei eine bestimmte Anzahl dieser Schreine für ein Gebet genutzt hat, steigert sich seine maximale Gesundheit, sehr hilfreich für den weiteren Spielverlauf. An ganz bestimmten Orten findet Wie gelegentlich seltene Jade-Statuen, diese übergibt er dann seinem früheren Lehrmeister und dieser lehrt Wei zum Dank neue geheime Kampftechniken. Wer dann mal eine Pause von den Straßen der Stadt braucht, schnappt sich einfach ein Boot und erkundet die das Meer um Hong Kong herum, oder geht in eine Karaoke-Bar. Dort kann man dann sein können beim Karaoke unter Beweis stellen (keine Angst man muss nicht singen) oder man unterhält sich einfach mit einer der Animierdamen. Wenn man nett ist, bekommt man auch die eine oder andere Telefonnummer zugesteckt. Dies passiert Wei mehrfach im Spielverlauf, die Nummern sammelt er dann fleißig alle in seinem Handy. Egal ob süße Asiatin, kesse Amerikanerin, oder leidenschaftliche Osteuropäerin, jede dieser Frauen kann Wei nacheinander mal………anrufen!!!
Diese revanchieren sich dann auch alle nett mit einem Date, welches allerdings dann doch wieder in Arbeit (in Form einer Nebenaufgabe) ausartet. Dafür erhalt man aber sehr nützliche Boni die man sich auf jeden Fall verdienen sollte, wenn man wirklich jede Ecke von Hong Kong erkunden möchte.
Fazit
Natürlich ist die Ähnlichkeit nicht zu leugnen, aber einen GTA-Klon sehe ich hier nicht. Ist es nicht legitim ein bewährtes Spielprinzip und ein Grundgerüst zu verwenden, um seine eigene Geschichte zu erzählen? Mittlerweile ist Open World ja auch quasi absolut salonfähig geworden mit vielen sinnvollen Features. Sleeping Dogs ist daher einfach ein gut inszenierter und abwechslungsreicher Open-World-Actionthriller. Die Story haut keinen um und viele dramatische Wendungen werden einem nicht wirklich präsentiert. Deswegen ist Sleeping Dogs kein Top-Titel aber für mich definitiv ein Geheimtipp. Wer einfach nur der Story folgen möchte, darf dies beruhigt tun und bekommt trotzdem ausreichend Inhalt um sich einige Stunden gut unterhalten zu fühlen. Alle anderen erhalten eine Stadt, die entdeckt werden möchte. Verkäufer, die darauf warten das man Ihre Ware kauft, Polizisten die darauf achten das man sich an die Gesetze hält und Schläger die einem klarmachen wollen das man in die falsche Gasse abgebogen ist, all das bietet Sleeping Dogs. United Front hat einen Martial Arts-Film spielbar gemacht. Ein besonderes Stilmittel sind sicher die Umgebungskills, die man an bestimmten Stellen ausführen kann. Diese sind auch der Grund für die Indizierung der ungeschnittenen Version und das es eine zensierte USK-Fassung gab. Da werden Gegner in Stromkästen gekickt, auf Haken gespießt oder mit der Autotür ordentlich bearbeitet. Ob man das nun mag oder nicht, es kommt dem Flair des Spiels zugute. Immerhin geht es in diesem „Undercover Cop-Drama für Erwachsene“ um die chinesische Mafia, da wird halt nicht beim Mah-Jongg geklärt, wer im Recht ist. Definitiv kommen nicht nur GTA-Fans auf ihre Kosten bei diesem Spiel. Jeder der etwas für gut inszenierte Action, abwechslungsreiche Missionen und eine frei begehbare Spielwelt übrig hat, wird an diesem Spiel seine helle Freude haben.