Der E-Sport-Bund Deutschland (ESBD) begrüßt die Integration von E-Sport-Disziplinen im olympischen Kontext: „Wir freuen uns, dass das IOC eine eigene Liga aufbaut und sich dem E-Sport öffnet“, erklärt ESBD-Präsident Daniel Luther. „Die zahlreichen Disziplinen des E-Sports bieten für viele Menschen spannende Anknüpfungspunkte – ob Sportspiel, Strategie oder Shooter. Der ESBD hofft, dass zukünftig auch weitere etablierte E-Sport-Titel dazukommen.“
Vom 13. Mai bis zum 23. Juni sollen sich ambitionierte Computer- und Konsolen-Spieler in fünf Disziplinen messen. Das IOC kooperiert zu diesem Zweck mit überwiegend japanischen Spiele-Herstellern sowie internationalen Verbänden:
- Baseball: World Baseball Softball Confederation (WBSC) – eBaseball Powerful Pro Baseball 2020 von Konami Digital Entertainment
- Radrennsport: Union Cycliste Internationale (UCI) – Zwift
Rudern - Segeln: Virtual Regatta
- Motorsport: FIA / Gran Turismo von Polyphony Digital / Sony Interactive
Die FIFA, der internationale Basketball-Dachverband FIBA, der Tennis-Verband ITF und World Taekwondo haben bereits signalisiert, sich möglicherweise an künftigen Ausgaben der Olympic Virtual Series zu beteiligen.
Die Verbände sollen individuell ausgearbeitete Online-Formate anbieten, an denen sich dann Fans rund um den Globus beteiligen können – in welcher Form genau, das ist ebenso noch offen wie das Reglement und mögliche Titel und Preise. Konzeption, Marketing und Produktion liegen in den Händen von DreamHack Sports Games beauftragt: Die Sparte der schwedischen Modern Times Group (MTG) organisiert bereits Online-Turniere und -Ligen.
„Die Olympic Virtual Series ist ein neues, einzigartiges, digitales olympisches Angebot, das darauf abzielt, mit neuen Zielgruppen im Bereich des virtuellen Sports zu interagieren“, erklärt Bach. „Das Konzept folgt den Richtlinien der Olympischen Agenda 2020+5 und der IOC-Digital-Strategie. Wir rufen insbesondere junge Leute dazu auf, sich sportlich zu betätigen und die olympischen Werte zu vertreten.“
Der IOC-Plan dürfte auch die Unterstützung des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) finden: Der deutsche Spitzenverband grenzt sich nach wie vor scharf vom „E-Sport“ ab und toleriert bei seinen Mitgliedsvereinen maximal virtuelle Sportsimulationen wie FIFA 2021 oder NBA 2K21.
MYI Entertainment: Ist das überhaupt noch eSports?
Ob eSports auch Sport ist oder nicht, war schon immer eine beliebte Frage. Das IOC hat seine Meinung nun angepasst und öffnet sich gegenüber Titeln, die “olympische Werte nicht verletzen” würden.
Für die Olympic Virtual Series wurden Games gewählt, die extrem nischig sind. Die Auswahl der Spiele ist grundsätzlich sehr eingeschränkt, wenn dabei ausschliesslich Sportsimulationen berücksichtigt werden. Titel wie League of Legends, Counter-Strike oder Fortnite, welche die berüchtigten Multimillionen an Preisgeldern ausschütten und ganze Stadien füllen, werden mit so einem Kriterium kategorisch ausgeschlossen.
Aber auch innerhalb der IOC-Auswahl von Sportsimulationsspielen sind eher populäre Titel wie FIFA oder NBA2K leider nicht vertreten. Gran Turismo ist wohl das bekannteste Spiel, das im Line-up zu finden ist. Aber auch dieses ist für Simracing nicht die erste Wahl. Inwiefern diese Auswahl so gewollt war, ist schwierig zu beurteilen. Es kann nämlich gut sein, dass das IOC an anderen Titel Interesse gehabt hätte, aber keine Lizenz vom Publisher erhalten hat.
Die Frage, ob eSports auch Sport ist oder nicht, müsste also noch erweitert werden: Ist es überhaupt noch eSports, wenn man keine klassischen eSports-Titel spielt? Und spielt das überhaupt eine Rolle?
Viele Stimmen im eSports sagen ganz klar, dass sie Olympia gar nicht brauchen. eSports wird so oder so seinen Weg finden und von den Publishern ist wohl keiner bereit, Macht an Verbände abzugeben. Trotzdem ist die Aufmerksamkeit, die eSports durch einen Event wie die Olympiade erhalten würde, begrüssenswert. Es bleibt zu hoffen, dass diese Aufmerksamkeit langfristig auch auf “klassische” eSports-Titel gerichtet wird.