Das französische Entwicklerstudio Quantic Dream wird in Kürze mit Detroit: Become Human sein neuestes Werk veröffentlichen. Zuvor konnte man bereits durch Fahrenheit, welches 2005 erschien, auf sich aufmerksam machen. Der Titel definierte den Begriff „interaktiver Film“ neu, wenn er ihn nicht sogar in dieser Form gänzlich neu einführte. Im Februar 2010 folgte dann mit Heavy Rain ein wahres Meisterwerk, das damals exklusiv für Sonys PlayStation 3 erschien. Der Titel überzeugte durch eine spannende Story, die filmreife Erzählweise, eine tolle Atmosphäre und einen phänomenalen Soundtrack. Danach folgte der nächste exklusive Titel – BEYOND: Two Souls von David Cage und Quantic Dream und in den Hauptrollen konnten diesmal viele bekannte Schauspieler, wie Willem Dafoe (u. a. Platoon, Der blutige Pfad Gottes, Spider-Man uvm.) und Ellen Page (u. a. Hard Candy, Juno, Inception) ihr Können zeigen. Für den Soundtrack verantwortlich war niemand geringerer als Hans Zimmer (u. a. Gladiator, Fluch der Karibik, König der Löwen) zusammen mit Lorne Balfe (u. a. Crysis 2, Assassins Creed III). Mit extrem aufwendiger Motion Capture-Technik und geschätzten Produktionskosten von 27 Million Dollar (was viel ist, wenn man nicht gerade GTA V entwickelt) haben die Entwickler wirklich alles gegeben um den Spielern etwas zu bieten. Heavy Rain und BEYOND: Two Souls wurden für die Playstation 4 remastered und neu veröffentlicht – Letzteres ist diesen Monat bei den PlayStation Plus Gratis-Games dabei. Das haben wir zum Anlass genommen den Titel noch mal unter die Lupe zu nehmen. Es folgt nun unser Testbericht zu BEYOND: Two Souls Remastered.
Story
An dieser Stelle würde man einfach gerne einen kurzen Einleitungstext verfassen. Davon erzählen, dass die kleine Jodie Holmes einfach nur ein normales Kind sein möchte, das spielt, lacht und sich am Leben erfreut oder das Jodie ein junges Mädchen sein möchte, das normal zur Schule geht, sich verabredet und die erste Liebe erlebt. Doch all das bleibt ihr leider verwehrt. Beschreiben wie Jodie als junge Frau, die endlich die Vergangenheit hinter sich lassen möchte, einfach gerne vergessen würde, was gewesen ist und die vor lauter Verzweiflung so manches mal darüber nachdenkt, ihrem Leben ein frühzeitiges Ende zu setzen. Doch wie soll man eine Geschichte vernünftig einleiten, die noch gar nicht komplett fertig geschrieben steht? Fest steht nur der Grund für Jodies Probleme und der hat einen Namen – Aiden! In Jodies früher Kindheit irrtümlich von vielen als imaginärer Freund abgetan ist Aiden doch vielmehr Jodies ständiger geisterhafter Begleiter. Aiden ist mit Jodie permanent verbunden und kann ihre direkte Umgebung beeinflussen. Der zwanghafte Drang, sie vor Menschen, die ihr Böses wollen oder den Monstern vor denen sich Jodie in der Dunkelheit fürchtet zu beschützen, stellt besonders häufig ein Problem dar. Dabei unterscheidet der Beschützer nämlich nicht zwischen Familie und Fremden, Erwachsenen und Kindern. Auch lässt sich er sich von Jodie oft nur schwer stoppen. Eine wahrlich große Last für ein kleines Kind. Wie schwer Jodies Kindheit war und welchen Lauf ihr weiteres Leben nimmt, erlebt und bestimmt man am besten selber, als Spieler und Regisseur von BEYOND: Two Souls.
Grafik
Von einem Exklusivtitel erwartet man natürlich viel, da muss einfach das letzte Quäntchen Leistung aus der Hardware gezogen werden. Das haben die Entwickler damals definitiv geschafft. BEYOND: Two Souls gehörte zu den wenigen Titeln, die scheinbar das Maximum aus der PlayStation 3 herausholten. Schauplätze die aus Unmengen knackscharfer Texturen erstellt wurden und tolle Lichteffekte mit dazu passenden, sehr realistisch wirkenden Schatten zaubern eine absolut filmreife Szenerie auf den Bildschirm. Durch die aufwendige Motion Capture – Technik wirken die Gesichter unglaublich echt und werten das gekonnte Acting der tollen Schauspieler zusätzlich auf. Neben den beiden Hauptdarstellern machen aber auch wirklich alle Nebendarsteller eine überzeugend gute Figur.
Kantenflimmern wohl die absolute Achillesferse der PlayStation 3 trat leider häufig auf. Das war eine der wenigen Schwächen in der sonst absolut überragenden Präsentation. In den wenigen weitläufigeren Arealen durch die man Jodie steuert bemerkte man die ein oder andere etwas verzögert geladene Textur, aber davon abgesehen, gab es wenig zu beanstanden. Mittlerweile haben wir natürlich auf der PlayStation 4 schon eine Menge an fantastisch aussehenden Titeln gesehen, doch BEYOND: Two Souls ist in der Remastered-Version absolut zeitgemäß. Einzig das Kantenflimmern hat man irgendwie nicht vollständig eliminieren können, tritt aber zum Glück nur leicht in Erscheinung. Aber die Auflösung von 1080p und neu hinzugefügte Grafikeffekte wie Motion Blur, Bloom, Tiefenunschärfe, sowie bessere Beleuchtung und Schatten heben die Optik auf ein wirklich hohes Niveau.
Sound
Ebenso überzeugend wie die Optik, kommt der akustische Beitrag daher. Für die beiden Hauptdarsteller konnten die originalen Synchronsprecher verpflichtet werden, sodass auch die deutsche Synchronisation erstklassig ist. Die Nebenrollen sind ebenfalls gut vertont und werden von den jeweiligen Sprechern gekonnt gesprochen. Trotzdem steht der Originalton wahlweise zur Verfügung. Ein weiteres Sahnestück ist die Musik. Wunderschöne Musikstücke untermalen die ruhigeren Passagen und transportieren die Emotionen ins Ohr der Spieler. Dramatische und düstere Klänge heben die Actionsequenzen und spannenderen Momente der Story hervor. Da hat das Duo Zimmer/Balfe wieder einmal hervorragende Arbeit geleistet.
Gameplay
Das Grundgerüst der Story BEYOND: Two Souls steht fest, es gibt in jedem Kapitel immer einen Startpunkt und einen Endpunkt. Alles was dazwischen liegt, kann der Spieler mehr oder weniger frei bestimmen. Natürlich gibt es Grenzen, was aber keineswegs als Kritik gewertet werden sollte. Man hat genug Möglichkeiten, die Geschichte nach eigenem Belieben zu beeinflussen. Der besondere Clou, durch den die Story noch interessanter und filmreifer wirkt, ist die Tatsache, dass sie nicht linear abläuft. Wer dachte Jodie von der Wiege bis zum Grab, von Kapitel 1 bis zum Ende durch die Geschichte zu begleiten, hat sich getäuscht. Nach jedem erlebten Kapitel folgt ein Zeitsprung, der den Spieler auf der Zeitachse vor oder zurückspringen lässt. So setzt sich nach und nach das Puzzle zusammen und gewährt einen Einblick in 15 Jahre aus Jodies Leben mit Aiden. An einigen Stellen im Spiel kann es sogar vorkommen, dass man je nach Verlauf bestimmte Geschehnisse nicht erlebt. Neben den 23 möglichen Enden der Geschichte bietet das für viele Spieler sicher eine Menge Wiederspielpotenzial. Etwas schade ist die Tatsache, dass viele Entscheidungen sich nicht (direkt) spürbar auswirken und das viele Areale doch sehr begrenzt sind. Oft entpuppt sich die scheinbare spielerische Freiheit als Illusion.
Für die PS4-Version haben die Entwickler die Option eingebaut, die Geschichte in chronologischer Reihenfolge spielen zu können. Dies bringt ein völlig anderes Spielerlebnis und dürfte auch für Spieler sehr interessant sein, die die Story damals schon durchgespielt haben. Aufgrund diverser Kritiken in den letzten Jahren dürfte es vielen Spielern auch, um einiges leichter Fallen der Story zu folgen. Zusätzlich werden nach Abschluss eines Kapitels die getroffenen Entscheidungen jetzt mit denen anderer Spieler verglichen. Ähnlich wie man es aus den Telltale-Spielen kennt.
Wer bereits Heavy Rain gespielt hat, ist mit dem Spielprinzip grundsätzlich vertraut, wird aber einige Anpassungen bei der Steuerung feststellen. Mit dem linken Analogstick steuert man Jodie in die entsprechende Richtung. Taucht ein weißer Punkt auf (damit wird auf eine mögliche Interaktion hingewiesen) kann diese durch den rechten Analogstick ausgeführt werden. In bestimmten Situationen werden, wie in Heavy Rain, dezent bestimmte Tasten eingeblendet um entsprechende Aktionen, wie umschauen, öffnen oder klettern auszuführen. In den Action- und Kampfsequenzen wird auf das Einblenden bestimmter Steuerelemente komplett verzichtet, was dem Filmfeeling zugutekommt. Durch drücken der Dreieck-Taste kann man, bis auf wenige Ausnahmesituationen, die spielerische Kontrolle von Aiden übernehmen. Die Ansicht wechselt in die Egoperspektive und man schwebt durch den Raum. In einem begrenzten Areal kann sich Aiden dann frei bewegen und an vielen Stellen (durch einen blauen Punkt markiert) kann er die Umgebung manipulieren oder Gegenstände bewegen. Ebenso kann Aiden die Kontrolle über bestimmte Personen übernehmen oder einige sogar angreifen. Da die komplette Steuerung des Spiels ausführlich erklärt und in den Spielverlauf integriert wurde, wird hier auf weitere Erklärungen verzichtet.
Für BEYOND: Two Souls Remastered wurde die Steuerung noch zusätzlich angepasst, so das Sie in den Actionsequenzen etwas leicht zu beherrschen ist, dafür ist der Schwierigkeitsgrad leicht angehoben worden.
Wer das Abenteuer gerne gemeinsam mit einem Freund erleben möchte, kann dies gerne tun, denn die Entwickler haben sich dazu etwas ausgedacht. Zu Beginn des Spiels darf man den optionalen Zwei-Spieler Modus auswählen, sodass ein Spieler Jodie steuert und der andere Aiden. Am Spielprinzip ändert sich jedoch nichts und Auswirkungen auf das Spiel hat diese Entscheidung auch nicht. So wird der Freund halt lediglich vor dem reinen Zuschauen bewahrt bzw. man muss sich nicht abwechseln, denn den Controller wird keiner gerne aus der Hand geben, der gerade von der Story mitgerissen wird.
Info: Man war sehr bemüht, in Europa eine einheitliche Freigabe ab 16 Jahren zu erreichen, damit möglichst vielen (jüngeren) Spielern den Zugang zu BEYOND: Two Souls ermöglicht werden kann. Dazu wurde der Titel an zwei Stellen minimal angepasst und so der sichtbare Gewaltgrad reduziert. Somit erhielt der Titel eine USK 16-Freigabe, als auch die PEGI 16. Da es sich um wenige Sekunden handelt und auch keine wichtigen Inhalte fehlen, ist dies sicher zu verschmerzen.
Fazit zu BEYOND: Two Souls Remastered
Wieder ist es Quantic Dream gelungen mit BEYOND: Two Souls eine packende Geschichte zu liefern und diese in ein tolles interaktives Filmgerüst zu integrieren. Die Präsentation zählt auch nach Jahren zur absoluten Oberklasse, dank der tollen Anpassungen von BEYOND: Two Souls Remastered auch auf der PlayStation 4. Dieses Spielerlebnis ist nicht nur für Fans von Heavy Rain eine klare Empfehlung wert. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.