Die Macht ist stark in diesem einen. Fünf Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils kehrt Cal Kestis in Star Wars Jedi: Survivor zurück und liefert nicht nur eines der besten Star Wars-Spiele aller Zeiten ab, sondern auch einen würdigen Nachfolger zu Jedi: Fallen Order. Respawn Entertainment hat die Zeit seit 2019 genutzt, um nahezu jeden Aspekt des ursprünglichen Konzepts zu verfeinern und zu erweitern. Das Ergebnis ist ein Action-Adventure, das sowohl Fans der ersten Stunde als auch Neueinsteiger in seinen Bann zieht.
Nach dem überwältigenden Erfolg von Jedi: Fallen Order standen die Erwartungen hoch. Die Entwickler mussten nicht nur die hohe Messlatte des Vorgängers erreichen, sondern diese noch übertreffen. Kann Cal Kestis‘ zweites Abenteuer diese Herausforderung meistern und sich als würdige Fortsetzung einer der besten Star Wars-Geschichten der letzten Jahre etablieren? Nach über 40 Stunden intensiver Spielzeit können wir sagen: Die Macht war definitiv mit den Entwicklern.
Story
Fünf Jahre sind seit den dramatischen Ereignissen von Jedi: Fallen Order vergangen. Das Galaktische Imperium hat seinen Griff um die Galaxis weiter verstärkt, und die überlebenden Jedi leben weiterhin im Verborgenen. Cal Kestis hat sich in diesen Jahren zu einem erfahrenen Kämpfer entwickelt, doch die Last seiner Vergangenheit und die Verantwortung als einer der letzten Jedi wiegen schwer auf seinen Schultern.
Die Geschichte setzt mit einem spektakulären Einstieg ein, der sofort verdeutlicht, dass wir es hier mit einer reiferen Version von Cal zu tun haben. Gemeinsam mit seiner treuen Crew – der Pilotin Greez Dritus, der ehemaligen Jedi Cere Junda und natürlich dem charmanten Droiden BD-1 – befindet er sich auf einer gefährlichen Mission, die schnell außer Kontrolle gerät. Ohne zu viel zu verraten: Die Ereignisse des Prologs setzen eine Kette von Geschehnissen in Gang, die Cal und seine Freunde in ein neues, episches Abenteuer führen.
Das Herzstück der Geschichte bildet die Reise zu dem geheimnisvollen Planeten Koboh, einer Welt voller Geheimnisse aus der Zeit der Hohen Republik. Hier trifft Cal auf neue Verbündete wie den charismatischen Prospector Greez und die enigmatische Merrin, eine Dathomirische Nachtschwester, die bereits im ersten Teil eine wichtige Rolle spielte. Die Charakterentwicklung steht diesmal noch mehr im Fokus als zuvor. Cal kämpft nicht nur gegen äußere Bedrohungen, sondern auch gegen innere Dämonen und die Frage, welchen Weg ein Jedi in einer Galaxis ohne Hoffnung einschlagen sollte.
Besonders beeindruckend ist, wie geschickt die Autoren Cal’s emotionale Reise mit der übergeordneten Star Wars-Mythologie verweben. Die Geschichte fühlt sich gleichzeitig persönlich und episch an, während sie neue Facetten der Jedi-Philosophie und der Macht erforscht. Ohne zu viel preiszugeben: Die Wendungen in der zweiten Spielhälfte werden selbst hartgesottene Star Wars-Fans überraschen und emotional berühren.
Grafik
Star Wars Jedi: Survivor ist visuell ein absoluter Augenschmaus und setzt neue Maßstäbe für Star Wars-Spiele. Respawn Entertainment hat die Unreal Engine 4 bis an ihre Grenzen ausgereizt und dabei Welten geschaffen, die sich authentisch in das Star Wars-Universum einfügen und gleichzeitig völlig eigenständig wirken.
Der Planet Koboh beispielsweise erstrahlt in einer atemberaubenden Mischung aus kargen Wüstenlandschaften, üppigen Oasen und mysteriösen Ruinen. Die Liebe zum Detail ist in jeder Ecke spürbar – von den verwitterten Felsformationen bis hin zu den komplexen Anlagen der Hohen Republik. Jede Umgebung erzählt ihre eigene Geschichte und lädt zum stundenlangen Erkunden ein.
Die Charaktermodelle haben einen enormen Qualitätssprung gemacht. Cal’s Gesichtsanimationen sind deutlich ausdrucksvoller geworden, und die Motion-Capture-Arbeit von Cameron Monaghan (bekannt aus Gotham und Shameless) kommt noch besser zur Geltung. Auch die Nebencharaktere überzeugen durch lebendige Mimik und glaubwürdige Bewegungen. Besonders beeindruckend ist die Darstellung der verschiedenen Alienspezies, die alle ihre eigenen, unverwechselbaren Charakterzüge besitzen.
Die Kampfanimationen verdienen eine besondere Erwähnung. Die Lichtschwert-Choreografien sind nicht nur spektakulär anzusehen, sondern fühlen sich auch authentisch und kraftvoll an. Jeder Schlag hat Gewicht, jede Bewegung wirkt durchdacht und zielgerichtet. Die verschiedenen Kampfstile, die Cal im Laufe des Spiels erlernt, bringen ihre eigenen visuellen Besonderheiten mit sich und sorgen für Abwechslung in den Action-Sequenzen.
Technisch läuft das Spiel auf der PlayStation 5 größtenteils flüssig mit stabilen 60 FPS im Performance-Modus. Der Quality-Modus bietet zwar eine noch beeindruckendere visuelle Darstellung, geht aber zulasten der Bildrate. Kleinere Performance-Einbrüche in besonders detailreichen Gebieten trüben das Gesamtbild leicht, dürften aber mit kommenden Updates behoben werden.
Sound
Audiovisuell setzt Star Wars Jedi: Survivor die hohen Standards des Vorgängers fort und übertrifft diese sogar noch. Der Soundtrack, komponiert von Stephen Barton und Gordy Haab, verbindet gekonnt die klassischen John Williams-Themen mit neuen, eigenständigen Melodien. Besonders die ruhigeren Momente des Spiels werden von wunderschönen, emotionalen Kompositionen untermalt, die perfekt zu Cal’s innerem Konflikt passen.
Die Kampfmusik hingegen ist dynamisch und mitreißend, steigert sich organisch mit der Intensität der Auseinandersetzungen und verleiht jedem Duell eine cinematische Qualität. Das charakteristische Summen und Knistern der Lichtschwerter, das metallische Aufeinandertreffen der Klingen und die kraftvollen Macht-Effekte – all diese Soundelemente fügen sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen.
Cameron Monaghan liefert als Cal Kestis erneut eine überzeugende schauspielerische Leistung ab. Seine Stimme transportiert sowohl die Unsicherheit des jungen Jedi als auch seine gewachsene Erfahrung und Entschlossenheit. Die Nebendarsteller, allen voran Debra Wilson als Cere Junda und Daniel Roebuck als Greez, bringen ihre Figuren mit warmherzigen und authentischen Darbietungen zum Leben.
Besonders erwähnenswert ist die hervorragende deutsche Synchronisation. Die Sprecher haben sich hörbar Mühe gegeben, nicht nur die Dialoge zu übersetzen, sondern auch die emotionalen Nuancen der Originalperformances zu erhalten. BD-1’s charakteristische Piep- und Klicklaute bleiben natürlich unverändert und sorgen weiterhin für die herzerwärmenden Momente zwischen Droide und Jedi.
Die Umgebungsgeräusche verdienen eine gesonderte Erwähnung. Vom Wind, der über die kargen Landschaften von Koboh pfeift, bis hin zu den mysteriösen Klängen in den Ruinen der Hohen Republik – jedes Geräusch trägt zur atmosphärischen Dichte bei. Selbst kleinste Details wie das Knacken von Ästen unter Cal’s Füßen oder das entfernte Brüllen unbekannter Kreaturen verstärken das Gefühl, Teil dieser lebendigen Spielwelt zu sein.
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Gameplay
Star Wars Jedi: Survivor baut auf den soliden Fundamenten seines Vorgängers auf und erweitert das Gameplay um zahlreiche neue Mechaniken und Verbesserungen. Das Kern-Gameplay bleibt dabei erfrischend vertraut: Eine gelungene Mischung aus Soulslike-Kämpfen, Metroidvania-Erkundung und klassischem Action-Adventure.
Das Kampfsystem hat eine deutliche Evolution durchgemacht. Cal beherrscht nun fünf verschiedene Lichtschwert-Stile, die alle ihre eigenen Stärken und Einsatzbereiche haben. Der klassische Einzelschwert-Stil ist perfekt für präzise Angriffe geeignet, während die Dual-Wield-Haltung schnelle Kombos ermöglicht. Neu hinzugekommen sind der Crossguard-Stil mit seinem schweren, zweihändigen Lichtschwert und der spektakuläre Blaster-Stil, der Fernkampf mit Nahkampf kombiniert. Jeder Stil fühlt sich einzigartig an und eröffnet verschiedene taktische Möglichkeiten.
Die Macht-Fähigkeiten wurden ebenfalls erheblich erweitert. Neben bekannten Kräften wie Push, Pull und Slow kann Cal nun auch Feinde verwirren, sich kurzzeitig unsichtbar machen oder mächtige Flächenangriffe ausführen. Die Integration dieser Fähigkeiten in sowohl Kämpfe als auch Rätsel funktioniert ausgezeichnet und sorgt für ein flüssiges, abwechslungsreiches Gameplay.
Die Erkundung ist eine der größten Stärken des Spiels. Die Spielwelten sind deutlich größer und komplexer als im Vorgänger, ohne dabei unübersichtlich zu werden. Koboh allein bietet dutzende von Stunden Erkundungsspaß mit versteckten Geheimnissen, optionalen Bossen und interessanten Nebenquests. Das erweiterte Traversal-System, das nun auch Reittiere und verschiedene Fortbewegungsmethoden umfasst, macht die Navigation durch diese großen Areale zu einem Vergnügen.
Die Rätsel sind cleverer und abwechslungsreicher geworden. Statt einfacher Schalter-Puzzles erwarten den Spieler nun komplexe Mehrschicht-Rätsel, die geschickt Cal’s verschiedene Fähigkeiten miteinander verbinden. Besonders die Ruinen der Hohen Republik bieten faszinierende Denksportaufgaben, die sowohl logisches Denken als auch Experimentierfreude belohnen.
Ein besonderes Lob verdient das überarbeitete Upgrade-System. Cal kann seine Fähigkeiten nun in verschiedenen Skill-Trees entwickeln, die den unterschiedlichen Kampfstilen entsprechen. Diese Spezialisierung erlaubt es den Spielern, ihren ganz persönlichen Jedi zu entwickeln und verschiedene Spielstile zu verfolgen. Gleichzeitig sorgt das System für enormen Wiederspielwert, da man unmöglich alle Fähigkeiten in einem Durchgang freischalten kann.
Die Bosskämpfe sind spektakulär inszeniert und bieten eine faire, aber herausfordernde Erfahrung. Jeder Boss hat einzigartige Angriffsmuster und Schwächen, die es zu entdecken und auszunutzen gilt. Besonders beeindruckend sind die Duelle mit anderen Machtnutzern, die sich wie choreografierte Tänze zwischen Leben und Tod anfühlen.
Technisch läuft das Spiel solide, auch wenn gelegentliche Framerate-Einbrüche und seltene Clipping-Fehler das ansonsten polierte Erlebnis leicht trüben. Die Ladezeiten sind auf der PlayStation 5 erfreulich kurz, was den Spielfluss erheblich verbessert.
Fazit
Star Wars Jedi: Survivor ist nicht nur eine würdige Fortsetzung zu Jedi: Fallen Order – es ist eine deutliche Verbesserung in nahezu allen Bereichen. Respawn Entertainment hat bewiesen, dass sie die Essenz dessen verstehen, was ein großartiges Star Wars-Spiel ausmacht: eine emotionale, persönliche Geschichte eingebettet in die größere Mythologie, spektakuläre Lichtschwert-Kämpfe und die Möglichkeit, sich wirklich wie ein Jedi zu fühlen.
Die Geschichte um Cal Kestis‘ weitere Entwicklung ist packend erzählt und bietet sowohl langjährigen Fans als auch Neueinsteigern einen lohnenden Einstieg. Die erweiterten Gameplay-Mechaniken sorgen für deutlich mehr Abwechslung, ohne die bewährte Formel zu verwässern. Die verschiedenen Lichtschwert-Stile und Macht-Fähigkeiten eröffnen unzählige taktische Möglichkeiten und machen jeden Kampf zu einem kleinen Kunstwerk.
Visuell und akustisch setzt das Spiel neue Maßstäbe für Star Wars-Games. Die liebevoll gestalteten Welten laden zum stundenlangen Erkunden ein, während der hervorragende Soundtrack und die erstklassigen Sprachausgaben für die nötige emotionale Tiefe sorgen.
Ja, es gibt kleinere technische Macken und gelegentlich fühlen sich die größeren Spielareale etwas überwältigend an. Diese Schwächen fallen aber angesichts der vielen Stärken kaum ins Gewicht. Star Wars Jedi: Survivor ist das Star Wars-Spiel, auf das Fans seit Jahren gewartet haben – eine perfekte Mischung aus Action, Erkundung und emotionaler Erzählkunst.
Für Fans des ersten Teils ist Survivor ein Pflichtkauf. Aber auch Spieler, die bisher keine Berührung mit der Serie hatten, finden hier einen ausgezeichneten Einstiegspunkt in eine der besten Star Wars-Geschichten der letzten Jahre. Cal Kestis hat sich endgültig als einer der denkwürdigsten Protagonisten des Star Wars-Universums etabliert, und sein Abenteuer verdient einen Platz in jeder Spielesammlung.
Die Macht ist stark in diesem Spiel – und das spürt man von der ersten bis zur letzten Minute.
Wertung: 8,8/10