Mit The Inner Friend will uns das kanadische Entwicklerstudio Playmind unsere Albträume und Ängste spiel- und erlebbar machen. Nachdem das Spiel bereits im September 2018 für den PC erschienen ist, kann es seit 28. April 2020 auch für Playstation 4 und Xbox One erworben werden. Ob Playminds Versprechen eingehalten werden kann, ist in unserem Test der PS4-Version nachzulesen.
Zu Beginn des Spiels sieht man einen alten, nackten Mann in einem kargen, herunter gekommenen Raum auf einer vergilbten Matratze liegen. Er wälzt sich hin und her und schon bald erkennt man, dass der gequälte Mann kein Gesicht hat. Stattdessen befindet sich an der Stelle ein in grellem weiß erstrahlendes Loch. Die Kamera fährt in dieses abgründige Loch hinein und ein unvollkommener weißer Schatten erscheint, welcher einen nicht enden wollenden Abgrund hinab stürzt. Schließlich landet man in einem spärlich ausgestatteten Kinderzimmer und übernimmt fortan die Kontrolle über den weißen Schatten, der die Gestalt eines Jungen angenommen hat.
In dem Zimmer befindet sich nur ein Bett und ein paar leere Regale, nichts was einem nützlich werden könnte. Nicht einmal eine Tür hat der Raum. Einzig ein Riss in der Wand lässt den kleinen Mann aus dem Raum entkommen – nur, um direkt wieder in einen schier endlosen Abgrund zu stürzen.
Nachdem man heraus gefunden hat, wie man diesen Absturz stoppt, betritt man auch schon die erste von insgesamt neun kleinen Welten. Jede dieser Abschnitte stellt dabei einen anderen Albtraum bzw. eine andere Angst dar. Vor allem kindliche Ängste, wie etwa die Angst vor Krankenhäusern, vor der Trennung der Eltern oder gar einem Friseurbesuch.
Aber auch Monster kommen in The Inner Friend natürlich vor, ist diese Angst doch eine der größten aller Kinder.
Die Monster werden hier allerdings nicht etwa bekämpft, nein.
Wie es sich für ordentliche Albträume gehört, kann man nur vor den Unwesen davon laufen und entweder entkommen oder sterben. Im Verlauf des Spiels muss man außerdem noch das Vertrauen eines durchsichtigen Schattens gewinnen, indem man ihn sicher durch die Albtraum-Welten führt.
Aus spoilertechnischen Gründen soll an dieser nicht weiter auf die Story-Elemente eingegangen werden, da sonst zuviel von den mitreißenden und grausigen Geschichten vorweg genommen werden würde.
Womit wir auch schon beim Gameplay angekommen wären.
Außer der Bewegungssteuerung kommen bei The Inner Friend nur 2 Aktionstasten zum Einsatz – eine zum Springen und eine zum Interagieren. Fast jede Welt spielt sich hier ein wenig anders. Muss man zum Beispiel in der Schule noch kleinere “Schieberätsel” lösen, muss man dagegen beim Friseur durch schnelles Wegrennen das Levelende erreichen. Angelehnt sind die kleinen Rätsel und Spielchen eher an Vorbildern aus den 80er- und 90er-Jahren, welche manchem Spieler wohl auch aus seiner eigenen Kindheit bekannt sein dürften und den Effekt des Mitfühlens im Unterbewusstsein verstärken.
Anspruchsvoll ist das Gameplay keineswegs, Hardcore-Gamer werden hier enttäuscht sein. Dafür ist die Story harter Stoff. Wie gesagt, geht es bei The Inner Friend um Ängste, von denen sicher jeder die eine oder andere selbst als Kind durchlebt hat. Durch einfach gehaltene, nicht überladene Level wird hier trotzdem eine sehr bedrückende, teils bedrohliche, Atmosphäre erschaffen – nicht zuletzt auch durch das starke Sounddesign. Und die tiefgründige Erzählweise ließ uns am Ende äußerst nachdenklich zurück.
Je nachdem, ob man alle 27 Erinnerungsstücke, die in den neun Welten verteilt sind, sucht, läuft nach zwei bis drei Stunden bereits der Abspann über den Bildschirm. Hat man alle Collectibles gefunden, wird man mit einem zusätzlichen Filmchen belohnt.
FAZIT
The Inner Friend ist (auf der PS4) keine Grafikbombe.
Es ist auch nicht die neue Gameplay-Offenbarung.
Dafür ist es ein Story-Monster.
Weniger ein Horror-, dafür umso mehr ein Psycho-Trip.
Mindfuck at its best!
The Inner Friend ist ein großartiges Spiel für Jump-Scare-Enthusiasten und Plattform- / Puzzle-Fans. Obwohl die kurze allgemeine Erzählung nicht sehr tief ist, ist ihre Botschaft über die psychische Gesundheit eine, die mehr als in der Lage ist, bei den Spielern Resonanz zu finden.